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Emerald: Hörspiel

Titel: Emerald: Hörspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens , Alexandra Ernst
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sie lügen sollte, aber was hätte das für einen Sinn? Sie brauchte die Hilfe der Gräfin.
    »Meine … Mutter. Sie kommt ins Zimmer.«
    Die Gräfin seufzte hörbar auf, als ob Kate ihr gerade etwas Wunderschönes gezeigt hätte. »Und was empfindest du für deine Mutter?«
    »Ich liebe sie.«
    »Natürlich. Aber ist das alles? Immerhin hat sie dich und deine Geschwister im Stich gelassen.«
    »Das musste sie tun. Sie wollte uns beschützen.«
    »Tatsächlich? Woher weißt du das?«
    Kate schwieg.
    »Ich verstehe.« Die Gräfin strich Kate übers Haar. »Und wer musste sich um deine Geschwister kümmern, als sie weg war?«
    »Sie hat mich gebeten, dass ich mich um sie kümmere.«
    »Aber du warst doch bloß ein Kind!«
    Kate wusste, dass die Empörung nur gespielt war, aber sie konnte nicht verhindern, dass ein Teil von ihr darauf reagierte – derselbe Teil, der es satthatte, ständig auf Michael und Emma aufzupassen, der Teil, der sich so sehr danach sehnte, dass jemand kommen und sagen würde: »Jetzt ist es gut. Du kannst jetzt loslassen. Ich bin da. Ich werde mich um euch alle kümmern.«
    »Vielleicht geht es ohne das besser.«
    Kate sah die Hand der Gräfin vorschnellen, ein goldenes Aufblitzen und als sie aufblickte, musste sie einen Schrei unterdrücken. Die Gräfin hielt das Medaillon ihrer Mutter in der Hand.
    »Sie hat es dir geschenkt, vermute ich mal.«

    »Das ist meins – «
    »Shhh. Es geht bei der Erinnerung um deine Mutter. Darum hat der Zauberer sie ausgewählt. Deine Gefühle sind der Schlüssel. Du empfindest Liebe, ja, und Trauer. Aber das ist nicht alles. « Sie schloss ihre Hand um den Anhänger. »Magie wie diese erfordert absolute Offenheit. Deine Eltern haben dich verlassen. Sag mir nicht, dass du nicht wütend bist, verzweifelt, maßlos zornig. Wenn du die Kinder retten möchtest, darfst du das nicht leugnen.«
    »Das tue ich nicht!«
    »Belüg dich weiter und die Kinder werden sterben.«
    Kate hielt den Blick der Frau nicht länger aus. Sie merkte, dass sie zitterte.
    »Ich weiß, dass du Angst hast, aber es ist der einzige Weg.«
    Kate konnte das herabbaumelnde Ende der Kette sehen, sie könnte einfach danach greifen.
    »Katherine.«
    Eine lange Pause verstrich. Kate lauschte der Melodie der Musikbox und beobachtete die flackernden Lichter der Gaslaternen an den Wänden. Dann nickte sie.
    »Sehr gut, schließ jetzt deine Augen.«
    Wieder versetzte Kate sich in das Arbeitszimmer, stellte sich die Schneeflocken vor dem Fenster vor, den Geruch von Dr. Pyms Pfeifentabak, das Feuer im Kamin. Sie stellte sich vor, wie ihre Mutter das Zimmer betrat. Und dann, weil immer noch nichts passierte, ließ sie los, und all die Wut und Verzweiflung, die sie so lange zurückgehalten hatte, überfluteten ihr Herz. Warum hatten ihre Eltern sie verlassen? Was für einen Grund konnte es geben, drei kleine Kinder sich selbst zu überlassen? Zehn Jahre lang hatte Kate ihre Familie zusammengehalten und
wäre an der Aufgabe beinahe zerbrochen. Sie fragte sich, ob ihre Eltern jemals den Versuch unternommen hatten, sie zu finden. Oder waren sie einfach verschwunden? Hatten ein neues Leben angefangen, vielleicht mit …
    Etwas zog an ihren Eingeweiden, und Kate wusste, dass es passiert war.
    Sie öffnete die Augen und da war sie, ihre Mutter, genau wie sie sie zurückgelassen hatte, die Hand auf dem Türknauf und den Mund überrascht geöffnet. Kate sah zu Dr. Pym. Er saß an seinem Schreibtisch und lächelte.
    »Du lieber Himmel!« Ihre Mutter trat einen Schritt zurück. »Eben warst du noch da und dann … Oh mein …«
     
     
    Emma und Gabriel kauerten hinter einem umgestürzten Baumstamm am Rande des Waldes, etwa vierzig Meter vom Damm entfernt. Drei Morum Cadi mit Fackeln in den Händen standen dort Wache. Gabriel hatte seinen Bogen von der Schulter genommen und einen Pfeil angelegt. Zwei weitere Pfeile steckten schussbereit in der Erde vor ihm. Er wartete darauf, dass eine Wolke den Mond verdecken würde.
    Emma schaute die Schlucht entlang bis zu dem großen, dunklen See. Sie versuchte, sich vorzustellen, was passieren würde, wenn der Damm brach. Die schwarzen Wassermassen würden sich über die Klippe in die Tiefe ergießen und dabei alles mit sich reißen – die Kinder, ihre Schwester, einfach alles. Das durfte nicht sein.
    »Gabriel …«
    »Pst!«
    Er drehte sich um und starrte in die Bäume hinter ihr.

    »Was ist?«
    »Ich weiß nicht. Irgendwas …«
    Ein Schatten glitt über sie hinweg. Emma

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