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Emerald: Hörspiel

Titel: Emerald: Hörspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens , Alexandra Ernst
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Tränen. »Wir wollten dich nicht zurücklassen. Ich dachte, du würdest dich an mir festhalten. Ich würde niemals …«
    »Hört mal«, sagte Michael und rückte seine Brille gerade, »dafür haben wir jetzt keine Zeit. Ich meine, klar, ich vergebe euch, kein Problem. Aber wir müssen hier weg. Vielleicht suchen sie schon nach mir. Gib mir das Buch.«
    Kate zögerte nur eine Sekunde; warum, wusste sie selbst nicht. Dann tat sie, was er verlangte.
    »Entschuldigung.«
    Kate drehte sich um. Hinter ihnen stand Abraham und fummelte nervös an seiner Kamera herum. Sie hatte ihn gar nicht bemerkt. »Also, ich habe ja nichts dagegen, wenn ihr einfach so aus dem Nichts auftaucht und überhaupt. Scheint ja eure Gewohnheit zu sein. Aber wenn es euch recht ist, dann gehe ich jetzt mal. Einverstanden? Ich werde einfach …« Und noch ehe jemand etwas sagen konnte, verschwand er humpelnd im Wald.
    Kate drehte sich wieder um und sah, dass Michael nicht einmal aufgeschaut hatte. Gebannt blätterte er durch das Buch. Eine Frage schob sich in ihr Bewusstsein.
    »Wie bist du den Kreischern entkommen? Haben sie dich nicht zu den anderen Kindern gesperrt?«
    »Und wie hast du Abraham wiedergefunden?«, fragte Emma. »Hast du ihn zufällig getroffen?«
    Michael klappte das Buch zu.
    »Ihr müsst mir vertrauen. Was immer geschieht, es wird alles gut werden.«

    »Wovon redest du?«, fragte Kate. »Wir müssen hier weg.« Und sie wollte Emma gerade bitten, das Foto aus ihrer Tasche zu holen, das sie vor ein paar Minuten in ihrem Zimmer gemacht hatte, als plötzlich jemand kicherte.
    Kate war, als würde ihr Eiswasser über den Rücken laufen. Der Sekretär der Gräfin trat hinter einem Baum hervor. Er trug denselben Nadelstreifenanzug wie damals am Damm, aber jetzt – aus der Nähe – konnte Kate die Risse und die Fettflecken darauf erkennen. Er lächelte und entblößte schmale graue Zähne. Auf seiner Schulter hockte ein kleiner gelber Vogel.
    »Oh ja, gut-gut-gut.« Seine Stimme war hoch, fast hysterisch schrill. Freudig rieb er sich die Hände. »Die Gräfin wird sehr glücklich sein, sehr glücklich.«
    »Ich sagte doch, dass sie mich holen kommen würden«, sagte Michael.
    Kate glaubte, sie hätte Halluzinationen. Das war doch nicht möglich. Michael würde sie niemals betrügen. Und sie redete sich das immer noch ein, als zwei schwarz gekleidete Kreischer aus dem Schatten traten.
     
     
    Als sie das Haus erreichten, befahl der Sekretär dem Kreischer, der Wache stand, die Tür zu öffnen. Seine schrille Stimme durchschnitt die Luft. Aber die dunkle Gestalt beachtete ihn gar nicht und der Mann musste die Tür selbst aufmachen. Er grummelte etwas von mangelndem Respekt und dass die Gräfin davon erfahren würde.
    Er führte sie durch eine Anzahl verschlungener Gänge. Ein paarmal setzte Michael zum Sprechen an, aber Emma funkelte ihn so böse an, dass er sich wieder abwandte.
Michaels Brillengestell war verbogen und er hatte eine feuerrote Schramme auf der Wange. In dem Moment, in dem die Kreischer aufgetaucht waren, hatte sich Emma auf ihren Bruder gestürzt und ihn zu Boden geschlagen. Sie hatte ihn mit beiden Fäusten bearbeitet, ihn als Verräter und Ratte beschimpft und gebrüllt, dass er nicht mehr länger ihr Bruder sei. Ihr Angriff sorgte dafür, dass er das Buch fallen ließ, und Kate und der Sekretär griffen gleichzeitig danach. Ein Tauziehen begann, das erst endete, als einer der Kreischer Kate einen brutalen Hieb mit der flachen Hand versetzte. Mit klingelnden Ohren lag sie auf dem Boden und musste zuschauen, wie der andere Kreischer die schreiende und um sich tretende Emma von Michael wegzerrte.
    In Kates Kopf hämmerte es immer noch. Aber dennoch bemerkte sie, wie anders das Haus aussah. Fenster und Spiegel blitzten. Kerzenlicht wurde von gebohnerten Böden reflektiert. Kein einziges Möbelstück war verschrammt oder zerbrochen oder diente irgendwelchen Tieren als Heimstatt. Die Gräfin mochte eine böse Hexe sein, aber sie konnte Miss Sallow in Sachen Haushaltsführung noch einiges beibringen.
    Kate nahm ihre Schwester an der Hand. Emmas Gesicht war eine erstarrte, tränenbefleckte Maske.
    »Das ist nicht Michael«, flüsterte sie. »Das ist diese böse Gräfin. Sie hat ihn irgendwie verhext. Das ist nicht Michael. Vergiss das nicht: Das ist nicht er.«
    Emma nickte, aber trotzdem rollten ihr weiter die Tränen übers Gesicht.
    Der Sekretär blieb in einem spärlich erleuchteten Korridor vor einer

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