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Emerald: Hörspiel

Titel: Emerald: Hörspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens , Alexandra Ernst
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hörten sie den ersten Schrei. Weitere fielen mit ein und das unmenschliche Kreischen gellte durch die engen Tunnel. Kate spürte, wie die Schwäche durch ihren Körper strömte, und sie wäre beinahe gestolpert. Sie schaute zu Michael und Emma und sah, dass auch sie sich der Wirkung der Schreie nicht entziehen konnten. Sie versuchte, sich einzureden, dass der Schmerz nur in ihrem Geist existierte, dass die Schreie ihr nichts anhaben konnten, aber es nutzte nichts. Sie fühlte sich trotzdem, als ob sie mit einem Felsbrocken auf dem Rücken bergauf laufen würde.
    Und das Kreischen kam immer näher.
    Unvermittelt traten sie aus dem Tunnel, durch den sie gegangen waren, und standen am Rand einer riesigen Schlucht. Sie konnten weder die Höhlendecke sehen noch den Boden, ja nicht einmal die andere Seite. Eine Hängebrücke führte in die Dunkelheit und verschwand scheinbar im Nichts. Das Kreischen in den Tunneln hinter ihnen war ohrenbetäubend. Die Meute würde sie in wenigen Momenten erreicht haben.
    »Geht«, befahl Gabriel. »Ich werde sie so lange wie möglich aufhalten. Folgt dem Tunnel am anderen Ende der Brücke. Dann gelangt ihr zu einer Kammer. Nehmt den zweiten Gang
links. Geht immer weiter. Und wählt immer den zweiten Gang links. Wenn ihr den Berg verlasst, seht ihr einen Pfad, der zu meinem Dorf führt. Kommt ihr vom Weg ab, seid ihr für immer verloren. Jetzt geht. Ich folge euch, sobald ich kann.«
    »Aber …«
    »Macht schon! Wir haben keine Zeit mehr!«
    »Komm!« Kate nahm Emma bei der Hand und zog sie zu der Brücke. Michael rannte bereits voraus. Die Brücke schwankte unter ihren Füßen, während sie über die hölzernen Planken liefen. Auf halbem Weg fühlte Kate einen eisigen Wind aus der Tiefe aufsteigen. Die Luft war kalt und feucht und fühlte sich uralt an. Ein Schauer überzog ihren Rücken.
    »Seht doch!«, schrie Emma.
    Kate drehte sich um. Zwei Kreischer waren aus dem Tunnel hinter ihnen aufgetaucht. Sie griffen an und Gabriel stürzte ihnen entgegen. Klingen blitzten und klirrten. Gabriel duckte sich unter einem Hieb, packte eine der Kreaturen und schleuderte sie in die Tiefe. Ihr Schrei wurde von der Schwärze verschluckt.
    »Komm weiter!«, rief Kate und zerrte an Emmas Hand. Sie rannten die letzten zwanzig Meter über den Abgrund zur anderen Seite, wo Michael bereits auf sie wartete. Es war jetzt zu dunkel, um Gabriel zu sehen, aber der Kakofonie aus Schreien nach zu urteilen, waren noch mehr Kreischer aus den Tunneln gekommen. Metall schlug auf Metall, und die Kinder wussten, dass dort in der Dunkelheit eine wilde und tödliche Schlacht tobte.
    »Wir können ihn nicht im Stich lassen!«, schrie Emma. In ihrem Blick lag Verzweiflung. »Wir müssen etwas unternehmen.«
    »Es gibt nichts, was wir tun könnten«, sagte Kate. »Und er hat uns befohlen, weiterzugehen.«

    »Hier ist der Eingang!«, rief Michael.
    Emma hinter sich herziehend, führte Kate sie durch die Tür in einen Gang. Kurz darauf wurden die Kampfgeräusche schwächer, und nach etwa einer Minute erreichten sie die Kammer, von der Gabriel gesprochen hatte. Es war ein kreisrunder Raum mit einer hohen Decke und sechs völlig gleich aussehenden Bogenöffnungen.
    »Wir hätten ihn nicht zurücklassen dürfen!« Emma hatte sich von Kate losgerissen. In ihren Augen standen Tränen der Trauer und der Scham. »Er hat uns geholfen, und wir sind weggerannt wie ein Haufen Feiglinge.«
    »Wir hatten keine andere Wahl!« »Wir müssen hier entlang«, sagte Michael und deutete auf den zweiten Torbogen von links.
    »Können wir nicht warten?«, flehte Emma. »Nur für ein paar Sekunden, um zu sehen, ob er kommt. Bitte, Kate. Nur für ein paar Sekunden.«
    Kate schaute auf das tränenüberströmte Gesicht ihrer Schwester. Sie wusste, dass sie die Bitte ablehnen sollte. Sie mussten so schnell wie möglich so weit wie möglich von den Kreischern fort. Sie seufzte. »Nur für ein paar Sekunden.«
    Während sie Emma betrachtete, die sich umdrehte und in den dunklen Gang starrte, fühlte Kate Neid in sich aufsteigen. Emma ließ sich ganz und gar von ihren Gefühlen leiten. Wenn sie liebte, dann liebte sie bedingungslos, und wenn sie hasste, war ihr Hass unbarmherzig. Sie dachte nie an die möglichen Konsequenzen ihrer Handlungsweise. Kate wusste, dass sie ohne zu überlegen umgekehrt wäre, um Gabriel zu helfen, selbst wenn das für sie den sicheren Tod bedeutet hätte.
    Michael trat zu ihr und hüstelte.

    »Du müsstest lernen, auch mal

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