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Emerald: Hörspiel

Titel: Emerald: Hörspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens , Alexandra Ernst
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Ihnen die Gräfin geben, was Sie wollen. Reichtum. Macht. Sie kann sehr großzügig sein.«
    Der Sekretär war so wagemutig gewesen, einen zweiten Schritt nach vorne zu treten. Mit einem einzigen Schlag hätte Gabriel ihm den Kopf von den Schultern trennen können. Aber er wusste, dass sich nach diesem Schlag die Kreischer auf ihn stürzen würden. Und was würde dann mit den Kindern passieren?
    »Sagen Sie der Hexe …«
    »Ja?« Begierig beugte sich Cavendish vor.
    »… dass ich sie holen komme.«
    Er wirbelte herum und trennte mit einem einzigen Hieb seiner Machete die Seile der Hängebrücke, die daraufhin in den Abgrund fiel. Gabriel sprang und ließ die wütenden Schreie des Sekretärs hinter sich.
    Er streckte die freie Hand aus und machte sich so lang es ging. Aber da war nichts. Nur kalte schwarze Luft. Und dann fiel er. Er hatte versagt. Er hatte alle im Stich gelassen. Die Kinder waren allein. Sein Volk …
    Seine Hand prallte gegen ein Holzbrett. Es rutschte ihm durch die Finger, aber Gabriel packte das nächste, gerade als die Brücke sich zum Zerreißen nach unten spannte. Dann schwang er vorwärts. Mit einer markerschütternden Wucht prallte er gegen die Felswand der Schlucht, hing einen Moment da und versuchte, Luft in seine Lungen zu saugen. Hoch oben auf der anderen Seite des Abgrunds sah er ein zitterndes Fackellicht. Die schrille Stimme des Sekretärs verfluchte ihn gellend.

    Unvermittelt und aus einem Instinkt heraus zog er die Knie an, gerade in dem Moment, in dem ein Schwert in die Holzplanken fuhr, vor denen eben noch seine Füße gebaumelt hatten. In der Dunkelheit unter sich sah Gabriel die gelben Augen eines Kreischers glühen. Er war ihm offensichtlich nachgesprungen und hatte eins der Seile zu fassen bekommen, mit denen die Brücke gesichert gewesen war.
    Gabriel steckte seine Waffe in die Scheide und fing an, nach oben zu klettern. An einer Brücke hängend, konnte er nicht kämpfen. Er musste erst mal nach oben kommen.
    »Gabriel!«
    Er schaute auf. Etwa dreißig Meter über ihm, beleuchtet vom Schein einer Laterne, hing das Gesicht des jüngeren Mädchens, Emma, über dem Abgrund.
    Sein Bedauern, die Kinder allein weitergeschickt zu haben, wurde von Ärger abgelöst. Er machte den Mund auf, um sie zu tadeln, aber gerade in dem Augenblick hieb der Kreischer wieder mit dem Schwert zu und traf mit der Spitze Gabriels Schuhsohle. Er kletterte schneller. Dass Emmas Gesicht wieder verschwunden war, bemerkte er nicht.
    Seine Füße waren zu groß, als dass sie in die schmalen Lücken zwischen den Planken gepasst hätten, und so musste er sich mit beiden Händen nach oben ziehen. Jede Planke, die er hinter sich ließ, riss er aus der Verankerung, um das Vorwärtskommen für den Kreischer zu erschweren. Aber anhand der Geräusche unter ihm musste er annehmen, dass sich die Kreatur davon nicht beirren ließ.
    »Gabriel!«
    Er schaute nicht hoch.
    »Gabriel!«

    Die Stimme klang angestrengt und drängend.
    »Gabriel!«
    Er riskierte einen Blick und wollte ihr schon sagen, dass weitere Gespräche bis später würden warten müssen. Da sah er sie am Rand des Abgrunds stehen, unter dem Gewicht eines Felsbrockens wanken, der etwa doppelt so groß war wie ihr Kopf. Als sie sah, dass er zu ihr hochschaute, ließ Emma ihre Last los. Gabriel schwang sich nach links. Der Felsen sauste an ihm vorbei und verfehlte ihn nur um wenige Zentimeter. Dafür traf er den Kreischer mit einem vernehmlichen Knirschen mitten ins Gesicht und warf die Kreatur von der Brücke.
    Gabriel schaute dem Körper nach, der in der Tiefe verschwand. Dann wandte er sich wieder zu Emma.
    Das Mädchen winkte ihm zu und strahlte. »Alles klar! Ich hab ihn erwischt!«
    Kinder, dachte er.
    Rasch kletterte er das letzte Stück nach oben und zog sich über die Kante auf festen Boden. Das Mädchen hielt die Laterne. Ihre Augen waren hell vor Erregung. Gabriel schaute sich um, immer noch schwer atmend.
    »Wo sind deine Geschwister?«
    »Irgendwo dahinten.«
    »Ich habe euch doch gesagt, ihr sollt weitergehen. Du hättest nicht zurückkommen dürfen.«
    Das Lächeln wich einem verletzten Ausdruck.
    »Stehen bleiben!« Die dünne Stimme des Sekretärs wehte über den Abgrund. »Im Namen der Gräfin!«
    »Komm«, sagte Gabriel, »wir müssen hier weg.« Er machte ein paar Schritte, aber das Mädchen drehte ihm den Rücken zu und verschränkte die Arme vor der Brust.

    »Ich habe Ihnen das Leben gerettet. Sie könnten sich wenigstens

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