Emerald: Hörspiel
ein riesiges, bärtiges Warzenschwein.
»Ich hoffe, ihr hattet es recht gemütlich da unten im Kerker. Wir möchten doch, dass unsere Gäste sich wohlfühlen. Dass mir ja keine Klagen kommen!« Er lachte gemein und trank schlürfend einen mächtigen Schluck Bier, von dem das meiste über seinen Bart lief. Kate musste beim Anblick dieses Bartes, der sich wie ein Fächer über seine Brust ausbreitete, unwillkürlich an eine Küchenschürze aus blondem Fell denken. Sie erkannte, dass sich in den verfilzten Barthaaren Etliches verfangen hatte: Käse- und Pastetenkrümel, ein Stück Brotkruste, ein Hühnerknochen, eine Gabel. Der König war das genaue Gegenteil von Hauptmann Robbie McLaur, der in Habachtstellung neben den Kindern stand, mit sorgfältig geflochtenem Bart und einer makellosen Uniform.
Während Hamish sein Bier austrank, entfernte ein Diener still und leise einen leeren Teller und wollte davoneilen.
»He !«, brüllte Hamish und schleuderte seinen Becher, der den Diener am Kopf traf. »Ich war noch nicht fertig!«
Katzbuckelnd und Entschuldigungen murmelnd, stellte der
Zwerg den Teller wieder ab, und Hamish schob die letzten Krümel, die sich darauf befanden, zusammen und stopfte sie in seinen Mund.
»So! «, brummte er und warf den Teller über seine Schulter nach hinten, wo er scheppernd zu Boden fiel. »Jetzt kannst du ihn abräumen.« Dann wischte er sich die Finger an seinem Bart ab – wobei er ein halbes Dutzend kleiner Würstchen ablöste, die in dem Bartgeflecht hingen – und rülpste. Das Geräusch hallte im ganzen Saal wider, wurde von den Wänden hin und her geworfen und belebte die Zwerge am Tisch, die allesamt auffuhren und sich befleißigt fühlten, ebenfalls zu rülpsen, als ob sie die schlechten Manieren ihres Königs zu vertuschen suchten. Innerhalb weniger Sekunden erzitterte der Thronsaal in einer Symphonie aus Zwergenrülpsern.
Brrrraaaappfft …
Errrapphh …
Grrapppffhaaaa …
Blllluuupppgggg …
Ugggrrraapphhhh … »Das reicht !«, brüllte Hamish und ließ donnernd seine Faust auf die Tischplatte fallen. Sofort senkte sich Stille über die anwesenden Zwerge und eine Sekunde später war das letzte Eerrrppptt verstummt.
»Also wirklich!«, sagte Dr. Pym. »Er ist ein katastrophales Vorbild.«
»Dr. Pym.« Kate zupfte den alten Mann am Ärmel. »Was sollen wir tun?«
Aber der Zauberer bedeutete ihr bloß zu schweigen und sah weiter den König an.
Plötzlich klatschte Hamish in die Hände. Erst einmal geschah
nichts. Dann hörten die Kinder in der Ferne ein rhythmisches Donnern, das lauter und lauter wurde. Und dann öffneten sich die mächtigen Türen und zwei Reihen Zwergensoldaten in Rüstungen marschierten in den Saal. Die beiden Reihen lösten sich voneinander, und die eisenbewehrten Füße der Zwergenkrieger hämmerten auf den Boden, während sie rasch näher kamen. Innerhalb kürzester Zeit waren Hunderte von Zwergen einmarschiert. Ihre Helme schimmerten und die rasiermesserscharfen Klingen ihrer Streitäxte funkelten im Fackellicht.
»So, Zauberer.« Hamish spickte seine Worte mit so viel Verachtung, wie er nur konnte. »Jetzt kann ich dich angemessen empfangen. Aber ehe wir mit dem ganzen Tamtam anfangen, will ich von dir wissen, Zauberer, wie diese Gören heißen, die glauben, dass sie einfach nach Belieben in meinem Land herumspazieren können. Na? Sag’s mir.«
»Es geschah nicht mit Absicht«, setzte Kate an. »Wir …«
»Ha!« Hamish donnerte mit der Faust auf den Tisch. »Habe ich dir befohlen zu sprechen? Hä?! Habe ich gesagt: ›Ich will, dass mir eins von diesen Bälgern sagt, wie sie heißen?‹ Habe ich verlangt, dass eins von diesen Bälgern den Mund aufmacht?!« Seine Höflinge schüttelten heftig die Köpfe. »Nein! Ich sagte ›Zauberer‹. Und damit ist er gemeint.« Er deutete mit einem Hähnchenschenkel auf Dr. Pym. »Also, Fräulein, halte deine Zunge im Zaum. Was für Manieren!«
»Darf ich vorstellen?«, sagte Dr. Pym ruhig. »Katherine und Michael. Der Nachname lautet P.«
Kate versuchte es mit einer Art Knicks, aber Michael starrte nur mit glasigen Augen auf Hamish. Er schien in eine Art Schockstarre verfallen zu sein.
»Und wie Katherine Euch gerade erklären wollte, Majestät,
geschah es rein zufällig, dass die beiden ins Zwergenreich gerieten. Sie mussten vor der Gräfin fliehen …« Bei der Erwähnung der Gräfin erhob sich allerorten ein missmutiges Räuspern. »Und auf der Flucht gerieten sie in Euer Land.«
»Eine
Weitere Kostenlose Bücher