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Emil

Emil

Titel: Emil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dror Burstein
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beängstigend leicht war, erinnerte sich Joel, und Lea dachte: Das fehlt mir noch, wie seine Mutter. Seine Hände waren auf ein schwereres Gewicht gefasst gewesen, doch sie war leicht, und Joel sagte: ok, gehen wir also?, und Lea sagte, Ja, ich wollte immer eine rothaarige Tochter, und Joel sagte, Aber sag, wird sie sich im Sommer keinen Sonnenbrand holen? Ihre Haut ist so empfindlich … Meine Mutter war ganz voller Sommersprossen, und berührte den Arm seiner Mutter. Und Lea sagte mit verhaltener Nervosität: Was willst du? Wir haben uns schon entschieden, sollen wir sie jetzt zurückgeben?, und sagte zur Schwester, die die ganze Zeit abseits stand und mit einem schwarzen Gummiband spielte, das sie zwischen den Fingern in merkwürdige, komplizierte Formen, Vierecke und Dreiecke, zog: In Ordnung, wir haben uns für dieses Mädchen entschieden, und die Schwester fing zu lachen an. Die Schwester, die ebenfalls rothaarig war, fing zu lachen und zu husten an, und nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, sagte sie, das sei ihre, der Schwester, eigene Tochter, Ich nehme sie hierher mit, um den Babysitter zu sparen. Was für eine Idee, haben Sie nicht gemerkt, dass das Kind eine Mutter hat? Und Joel sagte: Tut mir leid, das konnten wir nicht wissen, und die Schwester sagte, Nicht so schlimm, ich will es als Kompliment auffassen, und Lea sagte, Dann nehmen wir die neben ihr, und wies auf das Bett rechts von jenem, auf das sie das rothaarige Mädchen sofort zurückgelegt hatte, und die Schwester sagte, Kein Problem, es gehört Ihnen, kommen Sie morgen wieder, um die Formulare auszufüllen, und Joel war enttäuscht, Wie denn, können wir es nicht auf der Stelle mitnehmen? Und als er das schwarzhaarige Baby in die Höhe hob, entpuppte es sich als Junge.

Joel
    Manchmal, kurz bevor ihm die Augen zufielen, dachte er, er habe vergessen, die Pflanzen zu gießen. Die Erde in den Töpfen war heiß und trocken. Mit verklebten Augen stand er dann auf, schnappte sich irgendein Glas, das er mit Wasser füllte, und begoss sie bereits im Schlaf. Trinkt nur, trinkt. Ging durch alle Zimmer. Streckte die Hand aus, um das Licht auszuschalten. Berührte die Wand. Ein wenig Mondlicht strömte von der Straße herein. Auf dem Regal glitzerten die Kerzenleuchter und die Goldlettern auf dem Rücken des Lexikons und die Galaxie auf dem Einband des Astronomiebuches für Kinder, das Joel gekauft hatte. Manchmal wachte er nach ein, zwei Stunden auf. Absolute Stille. Der Junge in Decken gehüllt, die Brille auf dem Tisch. Ihre Schüsseln in der dunklen Küche. Der Mond, inzwischen schon hoch aufgestiegen, hatte seinen Platz eingenommen. Oder im Schrank. Ein Uhr nachts. Weiterschlafen oder schon den morgigen Tag beginnen. Und: Lea? Lea? Er trank. Schlief im Sitzen ein. Wachte auf und fragte sich verwirrt, was er um diese Zeit dort machte.
    Emil wusste nicht, dass er noch wach war und ihn ansah. Einmal vernahm Joel, als er lange dem schlafenden Kind gegenüber saß, mit Schrecken die Worte: Ich habe keinen Papa, und Joel konnte es nicht ertragen, warf sich auf sein Bett, vergrub das Gesicht ins Kissen.
    Am nächsten Morgen lag Emil quer über dem großen Ehebett, und Joel fand sich beim Aufwachen im Kinderbett wieder, zusammengekrümmt, nur bis zu den Hüften zugedeckt, vor Kälte zitternd. Keiner wusste, was sie in jener Nacht in diese Lage gebracht hatte.

Joel – Emil
    Am Morgen nach dem Begräbnis erzählte er Emil von den Engeln, die über sie wachen würden. Dort … dort … über den Wolken, sagte er. Da gibt es keine Hitze und keine Kälte, sagte er. Emil setzte sich hin, um einen zu zeichnen, den mit der Kippa. Ist das Gott? – Nein, das ist ein Engel. – Engel? – Der Todesengel. – Was? Einen Monat später ließ Joel das Ehebett von einer Spedition abtransportieren. Der Engel mit den dünnen Beinen sah von der Wand aus zu, wie die Matratze aus dem Zimmer gezerrt wurde. Statt ihrer kaufte Joel eine Einzelmatratze, die er selbst in die Wohnung hinauftrug. Die Matratze kämpfte mit den engen Treppenabsätzen, stieß an, blieb stecken, krümmte sich ächzend und stöhnend, als wolle sie lieber nach Hause zurückkehren, in die ›Schlafmöbelwelt‹ in der Rosch-Pinna-Straße. Er öffnete den Wäscheschrank, doch alle Bettüberzüge waren fürs Ehebett. Anfangs versuchte er, sie doppelt zu falten, doch das Ergebnis war erbärmlich, und das weiße Laken ergoss sich über den Boden. Als er sich mühte, es unter die Matratze zu stopfen, wurde die

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