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Emil

Emil

Titel: Emil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dror Burstein
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Joel eine Tasse Tee und erlesene Petitbeurre-Kekse. Über seinen Kopf hinweg sahen die Verkäufer, das Kinn leicht geneigt, schweigend zu. Joel nahm einen Schluck von dem Tee, stand auf und sagte: Ich kaufe so eins, aber für eine Person, doch der Verkäufer sagte, Es tut mir leid, das gibt es nicht als Einzelbett. Nur als Ehebett, ich kann die Matratze ja nicht entzwei sägen, und Joel blickte hin und her wie jemand, der sich in einem dichten Betten- und Matratzenwald verlaufen hat, zeigte auf gut Glück auf eine an der Wand lehnende Einzelmatratze und sagte: Dann diese dort, und fügte hinzu: Und auch das Kissen, zwei Kissen bitte. Dann erst bemerkte er, dass man ihm im Schlaf die Socken abgestreift und ihm stattdessen saubere weiße Socken übergezogen hatte. Coole Socken, sagte er zum Verkäufer, der entgegnete: Selbstverständlich. Die Matratze nahm ihren Platz auf dem Boden des Schlafzimmers ein, das mit einem Schlag groß und leer geworden war. Einige Stunden später räumte Joel die gesamte Wäsche aus, die zum Ehebett gehört hatte, und legte sie auf eine Bank auf der Straße. Eine Nachbarin, geschieden, die ihn dabei beobachtete, dachte: Will die Bettwäsche loswerden, na so was, das ist doch keine Art. In jener Nacht konnte er nicht einschlafen. Die neue, nackte Matratze fühlte sich so störend an, als schlafe er auf einer unebenen Straße. Von der Wand lächelte der Engel die gegenüberliegende Wand an. Wie auf einem Nagelbrett ist das, dachte er, wie auf Sand, wie auf kaltem Asphalt. Mitten in der Nacht stand er auf und nahm entnervt und schlaftrunken aus dem oberen Schrankteil die Star Wars-Bettwäsche heraus, die Emil von Joels Eltern zum Geburtstag bekommen hatte, mit Darth Vader, Luke Skywalker und Han Solo und ihren Laserpistolen. Das Laken warf er über die Matratze, das neue Kissen steckte er, noch immer im Halbschlaf, in den passenden Überzug mit den beiden gekreuzten Laserschwertern. So schlief er ein. Als er am Morgen aufwachte, lag Emil, auf Kometen und Sonnen schlummernd, an ihn geschmiegt auf der schmalen Matratze.
    Am Morgen wachten sie spät auf. Schon um Viertel vor sechs waren Joels Eltern erschienen, hatten geläutet und an die Tür geklopft, doch die Schlafenden hatten sie nicht gehört und nicht geöffnet. Das Türschloss war bereits vor einiger Zeit ausgetauscht worden, vergeblich hatten sie mit ihrem Schlüssel am Schloss hantiert und aufzuschließen versucht. Nun saß Emil auf der neuen Matratze und stellte Joel, noch bevor sie aufstanden, alle möglichen Fragen, eine nach der anderen. Ohne Ankündigung. Ganz unvermittelt. Woher seine Eltern seien, wie sie hießen. Und wo sie wohnten. Und warum sie ihn verlassen hätten. Ob er wirklich, wie man ihm unter Gelächter in der Klasse gesagt hatte, acht Großväter und acht Großmütter habe. Und warum sie jetzt nicht kämen, um da zu sein. Und warum Mama in den kaputten Aufzug eingestiegen sei. Und ob ein Mensch, der gestorben sei, seine Kinder besuchen komme. Und ob das nicht alles ein Traum sei und sie bald erwachen und darüber lachen würden. Und warum Gott nicht die beiden Engel ausgesandt habe wie in der Bibel, um den Sturz aufzuhalten. Und was sei das überhaupt für ein Name, Emil, und ob seine leiblichen Eltern ihm diesen Namen gegeben hätten, um ihn zu kränken, oder um ihn später leicht erkennen zu können, wenn sie ihn suchen kämen. Und wie viel habt ihr für mich gezahlt? Joel hörte zu, unfähig, ihn anzusehen. Also heftete er seinen Blick auf die Tür des Backofens.
    Am selben Abend, als er beim Hinausgehen das Licht im Kinderzimmer ausschaltete, ergriff Emil seine Hand und sagte ihm aus der Dunkelheit: Ich hab dich mehr lieb als Mama. Joel lehnte sich einen Augenblick mit der Hand an den Türrahmen, seine Stirn wurde heiß, und als er wieder Luft bekam, sagte er, Warum denn, es sollte nicht mehr sein, sondern weniger, und Emil sagte ihm, Weil du es bist, der mich aufzieht.

[ ]
    An der Wand der Synagoge im Busbahnhof klebte ein Anschlagzettel mit der Aufschrift
Betet für die Genesung des Qualen leidenden Mädchens Hana Bilha Fichman, sie benötigt eure Hilfe
. Tag für Tag war er an dem Zettel vorbeigegangen, ohne ihn zu bemerken. Bis er ihm eines Tages auffiel. Er kannte den Namen. Wusste aber nicht, woher. Er wollte beten, wusste aber die Worte nicht. So wiederholte er nur Mal für Mal ihren Namen. Wieder sagte ihm eine innere Stimme, dass er sie kannte. Ihren Namen schon gehört hatte. Über sie in der Zeitung

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