Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Emil

Emil

Titel: Emil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dror Burstein
Vom Netzwerk:
Matratze passte wunderbar dazu, sie trug den ganzen müden Körper, der nach der Tagesmühe schlafen wollte, süß ist der Schlaf des arbeitenden Menschen, haha, es war neun Uhr morgens. Mit einem Schlag versank Joel in Schlummer. Dachte gerade noch, du hättest dich nicht rasieren sollen, du bist doch in Trauer, und jetzt meinen alle, bei dir sei alles in Ordnung. Statt auf den Friedhof zu gehen, gehst du schlafen. Und bevor er einschlief, war ihm, als trete seine Mutter ins Geschäft und sehe ihn so daliegen. Ein Traum stieg aus dem Bett und dem Kissen und den Fußsohlen auf, erfüllte ihn, und im Traum lag er mit Lea im alten Bett, Emil zwischen ihnen beiden, obgleich der Psychologe der Adoptionsbehörde sie davor gewarnt hatte, das Kind zwischen sich im Bett schlafen zu lassen. Aber sie hatten nicht darauf gehört und Emil fast jede Nacht zwischen ihnen schlafen lassen, bis er eines Nachts, als er vier oder fünf Jahre alt war, sich im Schlaf erhob, durch die dunkle Wohnung zu seinem Bett schwebte und dort weiterschlief und nie wieder in ihr Bett kam. Erst nach einigen Tagen war ihnen aufgefallen, dass er nicht da war.
    In seinem Möbelgeschäft-Traum stand Joel nachts hinter Emil auf, folgte ihm still und heimlich, sah zu, wie der kleine Emil vor der braunen Kommode innehielt, einen Kamm hervorholte und sich im Schlaf kämmte, mit geschlossenen Augen in den kleinen Spiegel blickend sein Haar kämmte, und wie er, Joel, von Schrecken erfasst dastand, nicht wissend, was tun. Sollte er ihm den Kamm aus der Hand nehmen und ihn damit aufschrecken? Andererseits, dachte er im Traum, droht ihm vielleicht Gefahr, er könnte sich mit dem Kamm in die Augen fahren und gar erblinden, und kehrte ins Schlafzimmer zurück, um Lea zu fragen, was zu tun sei, wie er sie immer, auch in unwichtigeren Dingen, fragte (Was soll ich ihm zum Abendessen machen?, Soll ich ihm eine Gurke oder eine Tomate aufschneiden?, Sag mir, mag er Butter?, und einmal hatte er ihn mit einem Gerät selbst die Haare geschnitten, mit grauenvollem Resultat, bereits am nächsten Morgen hatten sie beide mit einer Kappe auf dem Kopf vor Levis Friseurladen gestanden), und von der Schwelle des Schlafzimmers her wollte er sie flüsternd aufwecken und fragen. Da wurde er durch die nächtliche Dunkelheit gewahr, dass sich dort, wo das Doppelbett gestanden hatte, eine riesige Baugrube aufgetan hatte. Tief unten waren die Arbeiter dabei, die Fundamente zu legen, in der Mitte machte Joel einen eisernen Pfeiler aus, nach dem er die Hand ausstreckte, und obgleich der Pfeiler weit weg von ihm war, konnten seine Finger ihn berühren. Als er aufwachte, stand das Ladenpersonal um ihn herum, der Verkäufer, die chinesische Reflexologin und einige Lehrlinge, alle Gesichter strahlten vor Freude und Zufriedenheit. Wie glücklich wir sind, mein Herr, sagte der Verkäufer und rieb sich die Handflächen, die weich und wohlig wie ein Kopfkissen waren, Sie sind eingeschlafen, was? Tief haben Sie geschlafen! Nach unseren Geschäftsbedingungen steht ihnen damit ein zusätzlicher Rabatt von zehn Prozent zu über die zwanzig Prozent der Verkaufsaktion hinaus, und außerdem: das Kissen, mein Herr, das Kissen, es ist Ihres, als Geschenk. So was von tief! Neun Uhr früh, und schon eingeschlafen, neun Uhr früh, und schon müde, der gute Mann. Das gesamte Personal klatschte in die Hände. Doch Joel erhob sich verlegen, wehrte ab: Aber nein, ich habe nur etwas gedöst, und der Verkäufer sagte glückstrahlend, Wenn
das
dösen heißt! Wenn
das
dösen heißt! Und plötzlich sagte Joel zu sich selbst: Ich habe geträumt, doch der Verkäufer hörte ihn nicht, Also wie steht’s, haben Sie kein Interesse an dem Rabatt?, und Joel sagte, Ich weiß nicht, ich bin nur eingenickt, und der Verkäufer fragte, Haben Sie geträumt? Das allein zählt. Haben Sie geträumt oder nicht?, und die Chinesin sagte etwas auf Chinesisch. Der Verkäufer nickte mit Nachdruck. Und Joel, in dem plötzlich alles wieder aufstieg, sagte tief erschrocken, mit aufgerissenen Augen, zu dem Verkäufer: Ich hatte einen Albtraum, und setzte sich aufs Bett. Der Verkäufer sagte: Das ist nichts Neues. Vor lauter Wohligkeit …, und nickte mitfühlend. Einmal hatten wir einen hohen Armeeoffizier hier, der einschlief und träumte, ein Krieg sei ausgebrochen. Er wachte auf, schluchzend wie ein Kind. Wir wussten nicht ein noch aus. Wenn ich Ihnen seinen Namen nennen würde, würden Sie vor Erstaunen umfallen. Von irgendwo brachte man

Weitere Kostenlose Bücher