Emilia - Herzbeben
das, dass sie verbrennen würde, wenn sie sich vollständig verwandelte? War ihr Wesen zu groß und zu böse für diesen Körper? So, wie es bei ihrem Vater war?
»Ich habe deine Mutter beschützen wollen. So, wie ich es Emilia versprochen hatte. Doch, als ich eintraf, hatte er die Stadt schon ins Chaos gestürzt und Aina ermordet. So hat er es mir damals voller Stolz mitgeteilt. Er hat tatsächlich geglaubt, dass er mir damit einen Gefallen getan hat. Doch stattdessen hat er mich so wütend gemacht, dass ich ihn vernichtet habe.« Angor senkte den Blick, stellte sein Glas auf den Tisch und seufzte schwer. »Wie es aussieht, hat er mich belogen. Wie immer«, sagte er enttäuscht. »Denn, wenn sie tot gewesen wäre, wärst du jetzt nicht hier, nicht wahr?«
Als er zu Mia aufsah, hatte er Tränen in den Augen, die Mia völlig verstörten.
»Er war mein Bruder«, sagte er, stand auf und legte sich eine Hand auf das Gesicht, um seine Augen zu verdeckten. Dann lief er langsam durch den Raum und ließ den Kopf dabei hängen. »Du kannst dir vorstellen, wie sehr es mich aufgewühlt hat, als ich erfahren habe, dass er eine Tochter hat. Ich habe mich sofort gefragt, ob sie weiß, wer ihr Vater ist. Ob er ihr jemals erzählt hat, welches Wesen in ihr steckt und wie mächtig sie sein muss. Oder«, er sah sie wieder an, »ob er es ihr verheimlicht hat.«
Mia zitterte. Sie zitterte am ganzen Leib. Nicht nur, weil ihr mit jedem Wort, das er sprach mehr und mehr das Herz in Stücke gerissen wurde, sondern weil ihr Körper erneut begann zu brennen und zu beben, obgleich er immer schwächer wurde. Und dabei strömten ihr unaufhörlich Tränen über die Wangen. Sie wollte nicht, dass seine Worte sie so sehr trafen, aber sie taten es. Sie zerrissen ihre Welt.
Auf einmal kam er auf sie zu und kniete sich vor sie auf den Boden. »Was für ein Leben musst du gelebt haben?«, fragte er sie mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Als solch ein mächtiges Wesen musst du doch einsam gewesen sein.«
Ein Schluchzen kam aus ihrer Kehle und vor ihren Augen verschwamm das Bild seiner Schönheit und begann wie ihr ganzerKörper zu beben. Erneut sah sie winzige Blitze durch den Raum schießen.
»Er muss deine Mutter all die Jahre manipuliert haben, dass sie bei ihm geblieben ist. Anders kann ich es mir nicht vorstellen. Deine Mutter war immer eine starke Frau. Genauso, wie Emilia. Was hat er dir angetan, Mia? Wie konnte er dir verheimlichen, wer du bist und was«, er nahm jetzt ihre brennende Hand und hielt sie hoch, »mit dir passiert?«
Jetzt riss sie erschrocken die Augen auf, wobei sie furchtbar schmerzten. Er hatte es gemerkt.
»Du verwandelst dich, Mia. Du wirst zu einem Wesen, das in der Geschichte der Menschheit einzigartig ist. Nicht einmal ich weiß genau, was aus dir werden wird, denn es ist noch niemals vorgekommen, dass der Teufel ein Kind gezeugt hat. Und das hätte auch niemals vorkommen dürfen, denn es ist verboten für uns mächtige Wesen ein Kind mit einer Menschenfrau zu zeugen. Und kannst du dir auch vorstellen, warum?«
Mia sah ihn zitternd an. Sie konnte nicht sprechen, denn sie biss sich vor Schmerzen so sehr auf die Zähne, dass sie das Gefühl hatte, sie sich in den Kiefer hinein zu drücken. Stattdessen bewegte sie langsam den Kopf hin und her und versuchte ruhig zu atmen.
»Weil du es nicht überleben kannst«, sagte er eindringlich zu ihr. »Es wird dich umbringen.«
Ihre Panik verwandelte sich in Todesangst. Ihr Herz schlug wie ein Vorschlaghammer gegen ihren Brustkorb und die Luft hier drin wurde so knapp, dass sie schnaubend aufstand und hilfesuchend durch den Raum torkelte. Schweißperlen rollten ihr von der Stirn und jeder Schritt schmerzte, als würden ihr dabei die Knochen brechen. Immer wieder.
»Mia, ich kann dir helfen«, sagte Angor liebevoll und lief ihr nach. »Du musst nicht sterben. Ich werde dich verwandeln und dir damit ewiges Leben schenken. So, wie deiner Großmutter.«
Mia drehte sich langsam zu ihm um und sah ihn an. Sie hatte Schwierigkeiten dabei gerade zu stehen, doch sie versuchte ihm fest in die Augen zu blicken. »Wo … ist sie?«, fragte sie. »Wo ist Emilia?« Sie glaubte in seinem Gesicht einen Hauch von Wut zu sehen, die er scheinbar nicht verbergen konnte.
»Es wird ihr gut gehen«, sagte er beherrscht. »Sie ist unsterblich. Aber sie hat ihr Leben allein leben wollen und so habe ich sie gehen lassen. Ich werde auch dich gehen lassen, Mia. Du kannst zu ihr gehen. Denn, wenn du
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