Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Emilia - Herzbeben

Emilia - Herzbeben

Titel: Emilia - Herzbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Nell
Vom Netzwerk:
sagte Nadja: »Hör mal, wegen der Sache gestern«, sie holte tief Luft, »dass du glaubst, wir wären nur wegen Walt nett zu dir.«
    Mia sah beiläufig zu ihr auf. »Ist schon gut«, sagte sie, holte ihr Handy aus der Jackentasche und öffnete schon einmal die Kartei ihres Vaters. »Du musst mir das nicht erklären.«
    »Will ich aber«, entgegnete Nadja stur. »Denn du liegst total falsch. Walt hat uns gebeten, uns um dich zu kümmern, ja, aber er hat nicht gesagt: Seid nett! Das muss er uns gar nicht sagen. Wir haben überhaupt keinen Grund nicht nett zu dir zu sein.«
    Mia lachte leise durch die Nase, als sie das hörte und steckte ihr Handy wieder weg.
    »Was ist so lustig?«, fragte Nadja empört.
    Sie gaben sich wirklich Mühe. Das musste Mia ihnen lassen. Und sie fand es wirklich nett, dass sie sie noch nicht abgestempelt hatten. Aber sie handelten gegen ihren eigenen Willen. Sie konnten sie nicht wirklich mögen. Niemand in ihrem Leben hatte sie je gemocht. Bis auf ihre Familie natürlich. Mia brauchte sie nur ein wenig wütend anzusehen, um ihr dies bewusst zu machen und ihr zu zeigen, was sie zum Lachen gebracht hatte. Und dazu musste sie sich momentan nicht einmal anstrengen. Sie hob den Kopf und sah sie so an, wie sie sich gerade fühlte. Daraufhin wich Nadja vor ihr zurück und sah sie erschrocken an. Mia senkte wieder den Kopf. »Das meine ich«, sagte sie bedrückt und seufzte. »In der Grundschule hat deswegen mal ein Junge einen Asthmaanfall gekriegt. Ich musste dann die Schule wechseln, weil niemand mehr mit mir in einer Klasse sitzen wollte. Die Menschen haben Angst vor mir. Das war schon immer so. Und was Menschen Angst macht, bekämpfen oder meiden sie. Das war auch schon immer so«, seufzte sie. »Ihr müsst euch nicht so anstrengen. Ich möchte nicht, dass jemand nett zu mir ist, obwohl er es gar nicht will.« Wieder sah sie Nadja an. Dieses Mal aber freundlicher. Sie wollte sie nicht schon wieder erschrecken. Sie wusste, was ihr Blick bei Menschen anrichten konnte. Selbst ihre Mutter erschreckte sich, wenn sie sie wütend ansah.
    »Ich habe keine Angst vor dir!«, entgegnete Nadja jetzt empört. »Warum sollte ich Angst haben? Weil du zwei verschiedene Augenfarben hast? Das soll wohl 'n Scherz sein!«
    Mia sah aus dem Augenwinkel wie Nadja die Hände verkrampft zu Fäusten ballte. Sie konnte wirklich gut Dinge aus den Augenwinkeln erkennen. Das war der Vorteil, wenn man immer auf den Boden starrte. So trainierte man eine zwar etwas ungewöhnliche, aber unbemerkte Art die Welt zu betrachten. Und so sah sie jetzt auch, dass sich Nadja ihre schweißnassen Hände an der Hose abwischte und sich ihre Brust unregelmäßig auf und ab bewegte.
    »Und außerdem will ich nett sein«, fuhr sie fort. »Ich bin ein netter Mensch. Das liegt in meiner Natur. Du kannst also nichts dagegen tun. Und genauso ist es auch bei den anderen.«
    Mia gab es auf. Sie würden sich irgendwann von selbst von ihr entfernen. Wenn sie es leid waren ihre echten Gefühle zu unterdrücken. Doch sie würde versuchen es hinauszuzögern und ihnen so selten wie möglich in die Augen sehen, damit sie ihnen keine Angst einjagte. Es gefiel ihr Freunde zu haben. Selbst, wenn sie nicht echt waren. »Kann ich dich was fragen?«, sagte Mia jetzt, um das Thema zu wechseln.
    »Klar!«
    »Ist eure Schule so etwas wie eine Sekte?«
    Nadja sah sie erschrocken an und brach einen Moment später in schallendes Gelächter aus, wobei sie den Kopf zurückwarf und ihr goldenes Haar sanft ihren Rücken streichelte. »Wie bitte?«, lachte sie. »Wo hast du das denn her?«
    »Aus dem Internet«, sagte Mia verlegen.
    »Oh. Du warst im Schulnetzwerk«, schloss Nadja, lachte aber immer noch leise.
    Mia nickte. »Aber es stand auch auf anderen Seiten.«
    Nadja seufzte. »Du sagtest doch, dass Menschen immer das bekämpfen, wovor sie Angst haben«, begann sie und sah Mia dabei an. »So ist es auch bei uns. Sie haben Angst vor dem oberen Bereich der Schule, weil dort schon öfter mal ein Missgeschick passiert ist, das sie sich nicht erklären können.« Sie lachte wieder, als würde sie sich an eines dieser Missgeschicke erinnern. »Aber es ist nichts Weltbewegendes. Du brauchst also keine Angst haben. Keine Sekte oder so.«
    Sie stiegen in den Bus ein und trafen dort auf Lara, die sich sofort zwischen den Schülern hindurch quetschte, um zu Mia zu gelangen. »Wenn man vom Teufel spricht«, lachte Nadja leise. In dem Moment sprang Lara Mia in die Arme. Es war

Weitere Kostenlose Bücher