Emilia - Herzbeben
diese Schule gegründet hatte. Das hatte sie nicht gewusst. Und das war auch nicht weiter schlimm. Es machten sie mehr die Erfahrungsberichte und Geschichten von Schülern stutzig, die nicht auf der offiziellen Webseite der Schule zu finden waren. Darin ging es um seltsame Vorkommnisse, besonders im Bereich des obersten Stockwerks. Dort, wo sie auch eingeteilt war. Der Bereich P, den viele den Psycho-Bereich nannten. Manche erzählten, dass die Schüler dort seltsame Dinge taten, andere sprachen von einer Sekte und warnten vor dieser Schule. Dann versuchte sie etwas über die Schüler herauszufinden, kannte abernicht ihre vollständigen Namen. Aber es gab ein Schülernetzwerk der Schule, in dem sie ein wenig las. Dort wurde der obere Bereich der Schule und dessen Schüler teilweise angefeindet und teilweise gefürchtet. Interessant war, dass scheinbar nicht ein einziger Schüler aus diesem Bereich in diesem Netzwerk zu finden war, was nur noch mehr Spekulationen aufflammen ließ. Sie las Worte wie Freaks, Aliens, Missgeburten. Worte, die sie nur zu gut kannte. Aber niemand wusste, was da oben wirklich vor sich ging. Sie las oft den Namen Mike und auch Jona wurde oft erwähnt. Immer in Verbindung mit Anfeindungen und Beleidigungen, aber manchmal auch mit Bewunderung. Es gab einen richtigen Fanbereich im Netzwerk, wo die Schüler des P-Bereichs regelrecht angehimmelt und als übersinnlich und überirdisch bezeichnet wurden. Jeder Schritt, jedes Wort und jede Bewegung von ihnen wurde beobachtet und analysiert, um irgendetwas darin zu entdecken. Hinweise. Sie suchten ununterbrochen nach Hinweisen. Mia versuchte herauszufinden, was für Hinweise das waren, aber sie sprachen nicht darüber. Es war scheinbar ein Geheimnis, das niemand je aussprach. Bevor Mia aber noch Weiteres in Erfahrung bringen konnte, hörte sie jemanden über den Flur gehen und an ihrer Tür stehenbleiben. Sie klickte sofort alle Seiten zu, schaltete den Computer aus und schlich leise ins Bett, um so zu tun, als würde sie schlafen. Doch die Person blieb vor ihrer Tür stehen. Sie sah die Schatten der Füße unter der Tür. War das ihre Mutter? Lauschte sie, ob sie schlief? Sie wartete. Lange. Aber sie ging nicht weg. Was tat sie da? Mia sah auf den kleinen Wecker auf ihrem Nachtschrank. Es war halb eins. Warum war sie so spät noch auf? Ihr wurde es mulmig zumute. Was, wenn das gar nicht ihre Mutter war? Und auch nicht ihr Großvater? Die Schatten unter der Tür waren ziemlich groß. Das konnten nicht die Füße ihrer Mutter sein. Bevor sie es aber allzu sehr mit der Angst zu tun bekam, entfernten sich die Füße wieder von der Tür und gingen so leise über den Flur, dass sie sie nicht mehr hörte. Doch anstatt liegen zu bleiben und endlich zu schlafen, so, wie sie es hätte tun sollen, stand sie auf und schlich zur Tür. Es war nichts mehr zu hören und auch nichts zu sehen. Der Mond schien ungehindert in den Korridor und unter der Tür hindurch.Schließlich öffnete sie sie leise und blickte den Flur entlang. Er war leer. Und es war still im Haus. Viel zu still dafür, dass gerade noch jemand hier entlang gelaufen war. Dann trat sie auf Zehenspitzen hinaus und schlich über den Flur bis zum Schlafzimmer ihrer Mutter. Mia lugte durch den Türspalt und sah sie fest schlafen. Ihr Atem ging ruhig und tief. Hatte also ihr Großvater vor ihrer Tür gestanden? Es musste ja so sein, wenn es ihre Mutter nicht gewesen war, dachte sie sich. Aber was, wenn nicht? Sie hatte ein seltsames Gefühl im Bauch. Nach einer kurzen Überlegung, ob sie jetzt wieder ins Bett gehen sollte oder nicht, ging sie schließlich zur Treppe und trat langsam die Stufen hinunter. Manche davon knarrten, weshalb sie immer wieder stehen blieb und lauschte, ob sie ihre Mutter geweckt hatte. Aber es war immer noch still im Haus. Als sie die Stufen endlich hinter sich gebracht hatte, ging sie ins Wohnzimmer. Walt lag auf der ausgezogenen Couch und schnarchte leise. Und in dem Moment bekam sie Panik. Wer hatte vor ihrem Zimmer gestanden, wenn alle schliefen? Hatte sie sich das nur eingebildet? So, wie sie sich auch eingebildet hatte, dass sie den Regen und den Nebel mit ihren Fingern magnetisch angezogen hatte? Oder war ein Einbrecher im Haus?
Anstatt jemanden zu wecken, schlich sie schnell zurück zur Treppe und ging einmal herum, um die Kellertür zu öffnen. Walt hatte einmal erzählt, dass er eine Waffe hinter seiner Kellertür versteckt hielt. Für alle Fälle. Diese würde sie holen
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