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Emily, allein

Emily, allein

Titel: Emily, allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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und betrachtete durch den Plastikschlitz den grauen Pappboden, verärgert über die zusätzliche Aufgabe. Mühsam zerriss sie die Schachtel, damit sie im Papierkorb nicht so viel Platz wegnahm. Letzte Woche hatte sie eine Dreierpackung gekauft und mit ihrem Gutschein wie immer einen Dollar gespart. Als sie die Packung aus dem Wäscheschrank holte und den Daumennagel an der Naht zwischen den Schachteln entlanggleiten ließ, bis die Plastikfolie aufplatzte, fiel ihr auf, dass sie keine 60-Watt-Birnen mehr hatte. Sie musste sie auf die Liste setzen.
    Sie nahm die neue Schachtel mit nach unten und tauschte sie gegen die halbvolle neben Henrys Sessel aus, ging dann durchs Haus und wog alle offenen Schachteln in der Hand, bis sie - auf der Küchentheke - die leichteste fand und auch diese beiden austauschte. Die leichte Schachtel stellte sie in Henrys Arbeitszimmer, neben seinen Computer, nahm die fast volle, die dort gestanden hatte, mit nach oben und platzierte sie auf dem Spülkasten.
    Dabei hätte sie es bewenden lassen können, doch von ihrem eigenen Schwung getragen, überprüfte sie oben auch die übrigen Schachteln. Die vollste brachte sie zu ihrem Nachttisch, die zweitvollste ins Bad der Kinder und die vollere der beiden letzten in Margarets ehemaliges Zimmer, in dem Margaret schlafen würde. Erst jetzt, wo die Ordnung wiederhergestellt war, konnte sie sich weiter ihrem Tagesablauf widmen.
    Als sie ein paar Tage später abends im Bett las, ging plötzlich ihre Lampe aus, und voller Beschämung fiel ihr ein, dass sie die Glühbirnen ganz vergessen hatte. Ihr Gedächtnis glich wirklich einem Sich. Statt bis zum nächsten Morgen zu warten, stand sie auf, ging in Morgenrock und Hausschuhen nach unten und setzte die Birnen auf die Liste, mit einer 2 dahinter, was zwei Doppelpackungen bedeutete. Das nächste Mal würde sie gewappnet sein.
     
    Verschwendung
     
    Vielleicht hatte Margaret doch recht, denn der Wagen war ein Geschenk des Himmels. Statt Arlenes Zeitplan folgen zu müssen, konnte Emily jetzt losfahren, wann immer sie wollte. Zwischen dem Olds und dem Subaru lagen in jeder Hinsicht Welten, der neue Wagen mit wohlriechendem schwarzem Leder und sonstigen Annehmlichkeiten ausgestattet, die sie anfangs für sinnlos hielt, aber dann doch tagtäglich benutzte, wie zum Beispiel die Sitzheizung. Der Subaru fuhr erstaunlich leise, und die Hi-Fi-Anlage mit einem Dutzend Lautsprechern und sechsfachem CD-Wechsler - alles Standardausrüstung - war besser als ihre Stereoanlage im Haus. Auf der Rückfahrt vom Giant Eagle glitt sie durch East Liberty, und Byrds Gloria verlieh den tristen Häuserzeilen eine melancholische Würde. Im Laderaum verhinderte ein wohl durchdachtes Netz, dass ihre Lebensmittel umherrutschten.
    Der Wagen war klein, aber spritzig, und ließ sich leicht fahren. Schnee war kein Problem, nicht mal die Grafton Street hinab. Durch Traktionsregelung und Antiblockiersystem konnte sie das Auto, selbst wenn sie gewollt hätte, nicht ins Schleudern bringen. Doch am allerbesten war, dass es in die Garage passte und noch genug Platz blieb.
    Der größte Unterschied lag im Benzinverbrauch. Sie hatte den Verdacht, dass die Angaben auf dem Aufkleber übertrieben waren, und überprüfte sie beim ersten Volltanken. Auch wenn sie bisher noch nicht auf dem Highway gefahren war, für hundert Kilometer brauchte der Wagen etwa sieben Liter. Der Olds hatte dreimal so viel verbraucht.
    Arlene machte viel Getue um die Kartenleuchte und den Schminkspiegel in der Sonnenblende und witzelte, dass sie neidisch sei. Emily glaubte ihr. Abgesehen von der Tatsache, dass Arlene das Geld für einen neuen Wagen fehlte, hatte der Subaru das Machtgleichgewicht zwischen ihnen verschoben. Wenn sie jetzt zusammen irgendwohin fuhren, nahmen sie Emilys Wagen, und Emily rief ihr die Worte ihres Arztes ins Gedächtnis und untersagte ihr, im Subaru zu rauchen.
    Und sie ließ sich von Rufus nicht ihre neuen Ledersitze verhunzen, sondern verbannte ihn in den Laderaum, wo der Bodenbelag von einer Gummimatte geschützt wurde. Diese Maßnahme war schwerer durchzusetzen. Er war unglücklich über seine Verbannung, und obwohl sie eine seiner Lieblingsdecken für ihn ausgebreitet hatte, sprang er regelmäßig über den Rücksitz, zwängte sich nach vorn und nahm seinen gewohnten Platz als Beifahrer ein, wobei sich seine Nägel in den Sitz gruben und dort Schrammen und Kratzer hinterließen. Emily hatte es bald satt, ihn auszuschimpfen, und ließ ein

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