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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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Vierteljahrhundert zurücklag. Ich klappte es zu und nahm ein anderes und noch ein anderes zur Hand, bis ich sie alle durchgesehen hatte. Catherines Bibliothek war erlesen, und der Zustand der Abnutzung, in dem sie sich befand, bewies, dass sie viel gebraucht worden war, allerdings nicht immer ihrer eigentlichen Bestimmung gemäß. Kaum ein Kapitel war frei von Randbemerkungen in Tintenschrift, die jeden Platz, den der Drucker frei gelassen hatte, ausfüllten. Manche von ihnen bestanden aus losen Sätzen, andere wieder stellten eine Art von regelrechtem Tagebuch dar, das in unausgeschriebener Kinderhand hingekritzelt war. Auf einer freien Seite (die einst wahrscheinlich wie ein Schatz entdeckt worden war) erblickte ich oben zu meinem großen Vergnügen eine ausgezeichnete Karikatur meines Freundes Joseph, roh, aber wirkungsvoll skizziert. Ein plötzliches Interesse für die unbekannte Catherine loderte in mir auf, und ich begann sogleich, ihre verblassten Schriftzüge zu entziffern. »Ein furchtbarer Sonntag!« begann der Absatz unter der Zeichnung. »Ich wünschte, mein Vater wäre wieder da. Hindley ist ein unausstehlicher Ersatz für ihn. Sein Benehmen Heathcliff gegenüber ist abscheulich. H. und ich werden aufmucken. Wir haben heute abend den ersten Schritt dazu getan. Den ganzen Tag hatte es in Strömen geregnet, und wir konnten nicht in die Kirche gehen, darum musste Joseph unbedingt eine Gemeinde in der Dachstube zusammentrommeln. Während Hindley sich mit seiner Frau vor einem behaglichen Feuer wärmte — ich bürge dafür, dass sie nichts anderes taten als in ihren Bibeln lesen —, wurde Heathcliff, mir und dem unglücklichen Ackerknecht befohlen, unsere Gebetbücher zu nehmen und hinaufzugehen. Wir wurden in einer Reihe auf einen Kornsack gesetzt, ächzend und vor Kälte klappernd, und hofften, Joseph würde auch frieren und uns in seinem eigenen Interesse eine kurze Predigt halten. Vergebliche Hoffnung! Der Gottesdienst dauerte genau drei Stunden. Und dann hatte mein Bruder die Stirn, als er uns herunterkommen sah, zu rufen: ›Was, schon fertig?‹ An Sonntagabenden wurde uns gewöhnlich erlaubt, zu spielen, wenn wir nicht viel Lärm machten; jetzt genügt schon ein Kichern, in die Ecke gestellt zu werden!
    ›Ihr vergesst, dass ihr hier euren Herrn habt‹, sagte der Tyrann. ›Den ersten, der mich reizt, schlage ich nieder! Ich bitte mir völligen Ernst und Ruhe aus. Junge, warst du das? Frances, Liebling, zieh ihn an den Haaren, wenn du vorbeigehst, er hat mit den Fingern geschnippt.‹ Frances zog ihn herzhaft an den Haaren, dann ging sie und setzte sich auf den Schoß ihres Mannes, und so blieben sie, wie zwei kleine Kinder, küssten sich und redeten stundenlang Unsinn — närrisches Geschwätz, dessen wir uns geschämt hätten. Wir drängten uns, so dicht es ging, in die Nische unter der Anrichte. Ich hatte gerade unsere Kinderschürzen zusammengebunden und sie als Vorhang angebracht, als Joseph mit einer Bestellung aus dem Stall hereinkam. Er reisst mein Machwerk herunter, zieht mich an den Ohren und krächzt: ›Der Herr is grad erscht begraben und der Sonntag noch nich zu Ende, un de Worte vons Evangelium noch in eure Ohren, un ihr wagt zu spielen! Pfui über euch! Setzt euch hin, schlechte Kinder! ’s gibt genug gute Bücher, wenn ihr lesen wollt. Setzt euch hin und denkt an eure Seelen!‹
    So schalt er und zwang uns, uns so zu setzen, dass uns von dem entfernten Feuer ein schwacher Schein treffen konnte und uns den Text der Schwarten zeigte, die er uns aufdrängte. Ich konnte diese Beschäftigung nicht leiden. Ich ergriff den schmutzigen Band am Rücken, schleuderte ihn in die Hundehütte und schrie, ich hasste gute Bücher. Heathcliff versetzte dem seinen einen Fußtritt, so dass es in die gleiche Richtung flog. Und dann gab es einen Aufruhr.
    ›Mr. Hindley‹, schrie unser Geistlicher, ›komm Se her! Miss Cathy hat ’n Rücken von Die Krone des Heils‹ abgerissen, un Heathcliff hat seine Wut am ersten Teil von ›Die breite Straße zur Verdammnis‹ ausgelassen! ’s is schändlich von Sie, dass Sie ihnen so den Willen lassen. Oh, der alte Herr hätt se tüchtig durchgeprügelt — aber der lebt ja nich mehr!‹
    Hindley eilte aus seinem Paradies am Kamin herbei, packte einen von uns beim Kragen, den anderen beim Arm und steckte uns beide in die hintere Küche, während Joseph uns versicherte, der Gottseibeiuns werde uns bestimmt noch holen. Mit diesem Trost kroch jedes von uns in

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