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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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einen anderen Winkel, um auf sein Kommen zu warten. Ich holte mir dieses Buch und ein Tintenfass vom Wandbrett, stiess die Haustür auf, um besser sehen zu können, und habe mir zwanzig Minuten lang die Zeit mit Schreiben vertrieben. Aber mein Leidensgenosse ist ungeduldig und macht den Vorschlag, wir sollten den Umhang der Melkfrau nehmen und unter seinem Schutz uns ins Moor davonmachen. Ein guter Gedanke, zumal der mürrische Alte, wenn er hereinkommt, glauben wird, seine Prophezeiung habe sich erfüllt—feuchter und kälter kann es draussen im Regen auch nicht sein!«
    Ich denke, Catherine hat ihre Absicht ausgeführt, denn der nächste Satz handelte von etwas anderem: sie wurde weinerlich.
    »Ich hätte es mir nie träumen lassen, dass Hindley mich jemals so zum Weinen bringen werde!« schrieb sie. »Mein Kopf schmerzt so, dass ich ihn auf dem Kissen nicht still halten kann; und doch kann ich nicht nachgeben. Armer Heathcliff! Hindley nennt ihn einen Landstreicher und will ihn nicht mehr bei uns sitzen oder mit uns essen lassen. Und er sagt, wir dürften nicht mehr miteinander spielen, und er droht, ihn aus dem Hause zu werfen, wenn wir seinen Befehlen zuwiderhandeln. Er hat unserem Vater vorgeworfen (wie durfte er?), dass er H. zu freigebig behandelt hat, und schwört, dass er ihn auf den Platz zurückweisen werde, der ihm gebühre…«
    Ich begann über der verblichenen Seite einzunicken, und meine Augen wanderten vom Geschriebenen zum Gedruckten. Ich sah einen rot verzierten Titel: »Siebzigmal sieben und das erste vom einundsiebzigsten Mal. Eine erbauliche Predigt, gehalten von Hochwürden Jabes Branderham, in der Kapelle von Gimmerden Sough.« Und während ich mir, nur halb bewusst, den Kopf darüber zerbrach, was Jabes Branderham wohl aus seinem Thema machen würde, sank ich ins Bett zurück und schlief ein. Wehe über die Wirkungen des Tees und der Aufregung! Denn was sonst konnte schuld daran sein, dass ich solch eine fürchterliche Nacht verbrachte? Ich entsinne mich keiner anderen, die nur im geringsten mit dieser zu vergleichen wäre, seit ich fähig war zu leiden.
    Ich fing an zu träumen, fast bevor ich aufhörte zu wissen, wo ich war. Ich glaubte, es sei Morgen und ich hätte mich, mit Joseph als Führer, auf den Weg nach Hause gemacht. Der Schnee lag ellenhoch auf unserer Straße, und während wir dahinstapften, quälte mich mein Begleiter mit ständigen Vorwürfen, weil ich keinen Pilgerstab mitgenommen hätte, ohne den ich nie in das Haus gelangen werde; dabei schwang er prahlerisch einen plumpen Knüttel, den er, soviel ich verstand, als Pilgerstab bezeichnete. Einen Augenblick lang erschien es mir widersinnig, dass ich einer solchen Waffe bedürfen sollte, um in meine eigene Wohnung zu gelangen. Dann blitzte eine neue Vorstellung in mir auf: Ich ging gar nicht nach Hause; wir gingen über Land, um den berühmten Jabes Branderham über den Text ›Siebzigmal sieben‹ predigen zu hören. Entweder Joseph oder der Prediger oder ich hatte das ›erste vom einundsiebzigsten Mal‹ verbrochen und sollte an den Pranger gestellt und exkommuniziert werden.
    Wir kamen zur Kapelle. In Wirklichkeit bin ich auf meinen Spaziergängen zwei- oder dreimal daran vorübergegangen; sie liegt in einer Senke zwischen zwei Bergen, einer hochgelegenen Senke bei einem Sumpf, dessen torfig feuchte Beschaffenheit die Eigentümlichkeit haben soll, die wenigen Leichname, die dort liegen, zu erhalten. Noch ist das Dach heil geblieben, aber da die Besoldung des Geistlichen nur zwanzig Pfund im Jahr beträgt und freie Wohnung in einem Haus mit zwei Zimmern, die Gefahr laufen, in Kürze zu einem einzigen zusammenzufallen, will kein Geistlicher die Obliegenheiten des Pastors übernehmen, um so weniger, als allgemein berichtet wird, dass seine Gemeinde ihn eher verhungern ließe, als seinen Lebensunterhalt auch nur durch einen Pfennig aus ihrer Tasche zu verbessern. In meinem Traum jedoch hatte Jabes eine vollzählige und andächtige Gemeinde. Und er predigte.
    Großer Gott, diese Predigt! Sie bestand aus vierhundertneunzig Abschnitten, deren jeder völlig einer der üblichen Ansprachen von der Kanzel entsprach und eine besondere Sünde behandelte. Woher er sie alle nahm, weiss ich nicht. Er hatte seine eigene Art der Auslegung, und es schien wesentlich zu sein, dass sein Nächster bei jeder Gelegenheit mehrere Sünden beging. Sie waren von der seltsamsten Art: merkwürdige Vergehen, von denen ich vorher keine Ahnung gehabt

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