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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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nicht zu sprechen, Cathy«, beharrte er; »wirf mich nicht hinaus wegen deiner erbärmlichen, albernen Freunde! Ich bin manchmal drauf und dran, mich zu beklagen, dass sie…, aber ich will nicht!«
    »Dass sie was?« rief Catherine mit ängstlichem Gesicht. »Oh, Nelly«, fügte sie verdriesslich hinzu und entwand ihren Kopf meinen Händen, »du hast mir alle Locken ausgekämmt. Es ist genug, lass mich in Ruh! Worüber bist du drauf und dran, dich zu beklagen, Heathcliff?«
    »Nichts — nur, sieh dir mal den Kalender an der Wand an«; er deutete auf einen eingerahmten Bogen, der in der Nähe des Fensters hing, und führ fort: »Die Kreuze bezeichnen die Abende, die du mit den Lintons verbracht hast, und die Punkte die, an denen du mit mir zusammen warst. Kannst du sehen? Ich habe jeden Tag eingezeichnet.«
    »Ja, sehr albern; als ob ich darauf achtete!« erwiderte Catherine verdrossen. »Und was soll das alles?«
    »Dir zeigen, dass ich darauf achte«, sagte Heathcliff.
    »Soll ich denn immer bei dir sitzen?« fragte sie, ärgerlich werdend. »Was hätte ich davon? Worüber sprichst du? Du könntest geradesogut stumm oder ein kleines Kind sein, nach dem, womit du mich unterhältst oder was du sonst tust.«
    »Du hast mir bisher noch nie gesagt, dass ich zuwenig spreche oder dass du meine Gesellschaft nicht magst, Cathy«, stiess Heathcliff in großer Erregung hervor.
    »Das ist überhaupt keine Gesellschaft, wenn einer nichts weiss und nichts sagt«, murmelte sie.
    Heathcliff stand auf, doch hatte er keine Zeit, seinen Gefühlen weiter Ausdruck zu geben; der Hufschlag eines Pferdes war auf dem Pflaster zu hören, es wurde leise angeklopft, und dann trat der junge Linton ein, strahlend vor Freude über die unerwartete Aufforderung, die er erhalten hatte. Ohne Zweifel bemerkte Catherine den Unterschied zwischen ihren Freunden, als der eine eintrat und der andere hinausging. Es war ein Gegensatz, wie wenn man ein ödes, hügeliges Kohlenrevier mit einem wundervoll fruchtbaren Tal vertauscht. Und das galt für Edgars Stimme und Begrüssung in gleicher Weise wie für seine Erscheinung. Er hatte eine angenehme leise Art zu reden und sprach die Worte so aus, wie Sie es tun, das heisst, weniger hart, als man hier spricht, und leiser.
    »Ich bin hoffentlich nicht zu früh gekommen«, sagte er mit einem Blick auf mich. Ich hatte angefangen, das Geschirr abzuwischen und ein paar Schubfächer am anderen Ende der Anrichte aufzuräumen.
    »Nein«, antwortete Catherine. »Was tust du da, Nelly?«
    »Meine Arbeit, Miss«, erwiderte ich. (Mr. Hindley hatte mir befohlen, immer zugegen zu sein, wenn Linton seine heimlichen Besuche abstattete.)
    Sie trat hinter mich und flüsterte verstimmt: »Scher dich weg mit deinen Staubtüchern; wenn Besuch im Haus ist, haben Dienstboten nicht im Zimmer, in dem er sich aufhält, zu wischen und reinzumachen!«
    »Es ist eine gute Gelegenheit, jetzt, solange der Herr fort ist«, antwortete ich laut. »Er kann es nicht leiden, wenn ich in seiner Gegenwart mit diesen Dingen herumhantiere. Ich bin sicher, Mr. Edgar wird es entschuldigen.«
    »Ich kann es nicht leiden, wenn du in meiner Gegenwart herumhantierst«, rief die junge Dame gebieterisch und ließ ihrem Gast nicht Zeit, zu sprechen. Sie hatte seit dem kleinen Streit mit Heathcliff ihren Gleichmut noch nicht wiedergewonnen. »Das tut mir leid, Miss Catherine«, war meine Erwiderung, während ich unverdrossen in meiner Beschäftigung fortfuhr. Sie dachte, Edgar könne sie nicht sehen, riss mir das Tuch aus der Hand und kniff mich voller Bosheit mit einer Drehung der Hand in den Arm. Ich sagte schon, dass ich sie nicht mochte und dass ich manchmal Gefallen daran fand, sie in ihrer Eitelkeit ein wenig zu demütigen; überdies hatte sie mir weh getan, darum erhob ich mich von den Knien und kreischte laut auf: »Oh, Miss, das ist ein böser Streich! Sie haben kein Recht, mich zu kneifen; das lasse ich mir nicht gefallen!«
    »Ich hab dich gar nicht angefasst, du, du verlogenes Geschöpf!« schrie sie, und ihre Finger zuckten, um den Griff zu wiederholen, und ihre Ohren waren rot vor Zorn. Sie war nie imstande, ihre Leidenschaft zu verbergen, die ihr immer das Blut ins Gesicht trieb.
    »Und was ist dieses dann?« erwiderte ich scharf und zeigte, um sie zu widerlegen, auf einen unverkennbaren roten Fleck. Sie stampfte mit dem Fuß auf, schwankte einen Augenblick, und dann, unwiderstehlich getrieben von dem bösen Geist in ihr, versetzte sie mir einen

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