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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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Matthäus un vor keinen von ihn’n, der nich! Er würd sich am liebsten mit frechen Gesicht vor sie hinstelln! Na, un der feine Bursch, der Heathcliff, weisste, das is mir der Rechte! Der lacht, wie de andern auch, über ’nen Teufelsspaß. Erzählt er nix von sein feines Leben bei uns, wenn’r zu euch kommt? So geht’s da zu: aufstehn tun se, wenn de Sonne untergeht, dann gibt’s Würfelspiel un Branntwein bei geschlossne Fensterläden un Kerzenlicht, bis anderntags zu Mittag. Dann geht der Narr in sein Zimmer, flucht un schwätzt Unsinn, so dass anständige Leute sich de Finger in de Ohren stoppen aus Scham, un der Spitzbube kann sein Geld zähln un essen un schlafen, un dann geht’s fort zu sein Nachbar, um mit seine Frau zu schwätzen. Natürlich erzählt er der Dame Catherine, wie’s Gold von ihrm Vater in seine Tasche fließt un wie der Sohn von ihrm Vater die breite Straße der Sünde runterrennt un er voranläuft, um die Pforten zu öffnen!‹ Nun, Miss Linton, Joseph ist ein alter Spitzbube, aber kein Lügner, und wenn sein Bericht über Heathcliffs Verhalten der Wahrheit entspräche, dann könnten Sie doch nie daran denken, sich einen solchen Gatten zu wünschen, nicht wahr?«
    »Du bist mit den übrigen im Bunde, Ellen!« entgegnete sie. »Ich will nicht auf deine Verleumdungen hören. Wieviel Bosheit muss in dir stecken, dass du mich durchaus davon überzeugen willst, dass es kein Glück auf Erden gibt!«
    Ob sie, sich selbst überlassen, über diese Liebe hinweggekommen wäre oder dadurch, dass sie sie ständig nährte, daran festgehalten hätte, kann ich nicht sagen; sie hatte wenig Zeit zum Nachdenken.
    Am folgenden Tag fand im nächsten Ort eine Zusammenkunft der Friedensrichter statt, der mein Herr beiwohnen musste, und Mr. Heathcliff, der von seiner Abwesenheit wusste, kam viel früher als sonst zu uns. Catherine und Isabella saßen in der Bibliothek, in feindlicher Stimmung, aber schweigsam: Isabella beunruhigt wegen ihrer gestrigen Unbesonnenheit und der Preisgabe ihrer geheimsten Gefühle in einem vorübergehenden Anfall von Leidenschaft, Catherine nach reiflicher Überlegung wirklich gekränkt über ihre Schwägerin und, obwohl sie über ihr schnippisches Wesen lachen musste, dazu entschlossen, zu handeln, dass der andern das Lachen vergehen sollte. Sie lachte, als sie Heathcliff am Fenster vorübergehen sah. Ich reinigte den Kamin und bemerkte ein mutwilliges Lächeln auf ihren Lippen. Isabella, in ihre Grübeleien oder in ein Buch vertieft, blieb ahnungslos sitzen, bis sich die Tür öffnete; und da war es zu spät zu dem Fluchtversuch, den sie gern gemacht hätte, wenn er ihr möglich gewesen wäre.
    »So ist’s recht, komm herein!« rief die gnädige Frau fröhlich und zog einen Stuhl ans Feuer. »Hier sind zwei Menschen, die dringend einen dritten brauchen, um das Eis zwischen ihnen aufzutauen, und du bist gerade der, den wir uns beide wünschen würden. Heathcliff, ich bin stolz darauf, dir endlich jemand zeigen zu können, der mehr für dich schwärmt als ich. Ich erwarte, dass du dich geschmeichelt fühlst. Nein, es ist nicht Nelly, du brauchst sie nicht anzusehen! Meiner armen kleinen Schwägerin bricht das Herz, wenn sie dich nur sieht in der Schönheit deines Leibes und deiner Seele. Es liegt in deiner eigenen Macht, Edgars Schwager zu werden! Nein, nein, Isabella, du sollst nicht weglaufen«, fuhr sie fort und hielt das verwirrte Mädchen, das zornig aufgesprungen war, in gespieltem Mutwillen fest. »Wir haben uns wie Hund und Katze über dich gezankt, Heathcliff, und ich musste mich vor den Beteuerungen der Zuneigung und Bewunderung geschlagen geben. Überdies wurde mir bedeutet: wenn ich nur den Anstand besäße, beiseite zu stehen, würde meine Rivalin — dafür hält sie sich nämlich — dir einen Pfeil ins Herz schiessen, der dich für immer fesseln und mein Bild in die ewige Vergessenheit tauchen würde!«
    »Catherine«, sagte Isabella, die sich auf ihre Würde besann und es verschmähte, sich gegen den festen Griff zu wehren, der sie hielt, »ich wäre dir dankbar, wenn du bei der Wahrheit bleiben und mich nicht, auch nicht im Spaß, verleumden wolltest! Mr. Heathcliff, seien Sie so liebenswürdig und bitten Sie Ihre Freundin, mich loszulassen; sie vergisst, dass Sie und ich uns nicht so gut kennen und dass für mich unaussprechlich qualvoll ist, was ihr Spaß macht.«
    Da der Gast nicht antwortete, sondern sich setzte und völlig gleichgültig schien gegen die

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