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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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etwas stolpern, das für beide Teile von gleicher Bedeutung wäre, und dann wären die, die Sie für schwach halten, sehr wohl imstande, ebenso hartnäckig zu sein wie Sie.«
    »Und dann werden wir uns bis auf den Tod bekämpfen, nicht wahr, Nelly?« erwiderte sie lachend. »Nein! Ich sage dir, ich glaube so fest an Lintons Liebe, dass ich ihn töten könnte, ohne dass er wünschte, Gleiches mit Gleichem zu vergelten.« — Ich gab ihr den Rat, ihn um dieser Liebe willen um so mehr zu schätzen.
    »Das tue ich«, antwortete sie, »aber er brauchte nicht wegen jeder Kleinigkeit seine Zuflucht zum Jammern zu nehmen. Das ist kindisch, und statt in Tränen auszubrechen, weil ich sagte, Heathcliff sei jetzt der Achtung eines jeden wert, und der vornehmste Mann des Landes könne es sich zur Ehre anrechnen, sein Freund zu sein, hätte er es selber sagen und aus Liebe für mich sich freuen müssen. Er muss sich an ihn gewöhnen, und es wäre besser, wenn er ihn gern hätte; wenn ich bedenke, wieviel Grund zur Abneigung Heathcliff hat, dann finde ich, er hat sich tadellos benommen.«
    »Was halten Sie davon, dass er nach Wuthering Heights geht?« fragte ich. »Er hat sich anscheinend in jeder Beziehung gewandelt: der wahre Christ — reicht jedem seiner Feinde ringsumher die Freundeshand!«
    »Er hat es mir erklärt«, erwiderte sie. »Ich war genauso erstaunt wie du. Er sagte, er habe dort vorgesprochen, um bei dir Erkundigungen über mich einzuziehen; denn er glaubte, du lebtest noch dort. Joseph meldete es Hindley, der kam heraus, fing an, ihn auszufragen, was er die ganze Zeit über gemacht habe und wie es ihm ergangen sei, und bat ihn schließlich hereinzukommen. Es waren mehrere Leute beim Kartenspiel; Heathcliff setzte sich zu ihnen, mein Bruder verlor eine kleine Summe an ihn, und als er sah, dass er reichlich mit Geld versehen war, lud er ihn ein, am Abend wiederzukommen, was er annahm. Hindley ist zu leichtsinnig, als dass er seine Bekanntschaften vorsichtig auswählte; er denkt gar nicht darüber nach, dass er vielleicht Ursache hätte, jemandem zu misstrauen, den er auf gemeine Art beleidigt hat. Aber Heathcliff behauptet, die Hauptgründe, warum er die Beziehung zu seinem früheren Peiniger wiederaufnimmt, seien der Wunsch, sich so niederzulassen, dass er unser Gehöft zu Fuß erreichen kann, und eine Anhänglichkeit an das Haus, in dem wir zusammen gelebt haben. Gleichzeitig hofft er, dass ich mehr Gelegenheit hätte, ihn dort zu sehen, als wenn er in Gimmerton wohnte. Er beabsichtigt, reichliche Bezahlung anzubieten, wenn man ihm erlaubt, auf dem Gut zu wohnen, und ohne Zweifel wird der Geiz meines Bruders ihn veranlassen, das Angebot anzunehmen; er war von jeher habgierig; und doch: was er mit der einen Hand erhascht, das wirft er mit der anderen hinaus.«
    »Der rechte Ort für einen jungen Mann, sich häuslich niederzulassen!« sagte ich. »Haben Sie keine Angst vor den Folgen, Mrs. Linton?«
    »Nicht für meinen Freund«, erwiderte sie; »denn sein starker Verstand wird ihn vor Gefahr schützen; höchstens ein wenig für Hindley. Aber er kann moralisch nicht weiter herunterkommen, als er es bereits ist, und dass er körperlich Schaden leidet, werde ich zu verhindern wissen. Der heutige Abend hat mich mit Gott und den Menschen ausgesöhnt. Ich hatte mich zornig gegen die Vorsehung aufgelehnt. Oh, ich habe sehr, sehr schwer gelitten, Nelly! Wenn Linton wüsste, wie schwer, dann würde er sich schämen, mir jetzt, wo alles vorbei ist, die Freude durch seine Launen zu trüben. Aus Rücksicht auf ihn habe ich alles allein getragen; hätte ich die Qual, die ich oft empfand, hinausgeschrien, dann hätte er gelernt, sich ebensosehr nach ihrer Linderung zu sehnen wie ich. Nun ist es überstanden, und ich will keine Vergeltung üben. Nach dem, was vorgefallen ist, bin ich imstande, alles zu erdulden! Wenn mich das niedrigste Wesen jetzt auf die Wange schlüge, ich würde ihm nicht nur die andere hinhalten, sondern würde es um Verzeihung dafür bitten, dass ich es herausgefordert habe, und zum Beweis dafür werde ich sofort mit Edgar Frieden schließen. Gute Nacht! Ich bin ein Engel!«
    Mit dieser selbstgefälligen Betrachtung verließ sie mich, und der Morgen offenbarte ihren in die Tat umgesetzten Entschluss. Mr. Linton hatte nicht nur seine Verdriesslichkeit aufgegeben (obwohl seine Stimmung immer noch durch Catherines Gefühlsüberschwang gedämpft war), er hatte sogar nichts dagegen einzuwenden, dass sie

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