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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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sagte ich, »das ist die Sprache eines Wahnsinnigen, und Ihre Frau ist wahrscheinlich überzeugt davon, dass Sie wahnsinnig sind, und hat aus diesem Grunde bisher Nachsicht mit Ihnen gehabt. Aber nachdem Sie ihr gesagt haben, sie könne gehen, wird sie ohne Zweifel von der Erlaubnis Gebrauch machen. Nicht wahr, gnädige Frau, Sie werden doch nicht so behext sein, dass Sie aus freien Stücken bei ihm bleiben?«
    »Nimm dich in acht, Ellen!« antwortete Isabella, und ihre Augen funkelten zornig. Ihr Ausdruck ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Bemühungen ihres Mannes, sich verhasst zu machen, vollen Erfolg gehabt hatten. »Glaube ihm nicht ein einziges Wort. Er ist ein lügnerischer Unhold, ein Scheusal, kein menschliches Wesen. Er hat mir schon einmal gesagt, ich könnte ihn verlassen, und ich habe den Versuch gemacht; aber ich wage keine Wiederholung. Ellen, versprich mir, dass du keine Silbe von diesem niederträchtigen Gespräch vor meinem Bruder oder Catherine erwähnen wirst. Was er dir auch erzählt — er hat die Absicht, Edgar herauszufordern; er sagt, er habe mich geheiratet, um Gewalt über ihn zu bekommen, und das soll er nicht erreichen, eher will ich sterben. Ja, ich hoffe und bete, dass er seine teuflische Vorsicht ausser acht lässt und mich tötet. Die einzige Freude, die ich mir vorstellen kann, ist sterben oder ihn tot zu sehen.«
    »So, das genügt vorläufig«, sagte Heathcliff. »Wenn du vor Gericht geladen wirst, Nelly, dann erinnere dich ihrer Worte. Und präge dir ihr Gesicht gut ein; jetzt ist sie fast bei dem Punkt angelangt, wo ich sie haben will. Nein, du bist nicht reif dazu, Isabella, jetzt dein eigener Hüter zu sein, und da ich dein gesetzlicher Beschützer bin, muss ich dich in Gewahrsam behalten, wie sehr mir diese Verpflichtung auch zuwider sein mag. Geh hinauf, ich habe mit Ellen Dean etwas unter vier Augen zu besprechen. Nicht dorthin, hinauf habe ich gesagt. Hier, mein Kind, führt der Weg hinauf.«
    Er packte sie und warf sie zum Zimmer hinaus. Als er zurückkehrte, sagte er mit unterdrückter Stimme: »Ich habe kein Mitleid, ich habe kein Mitleid. Je mehr die Würmer sich krümmen, desto mehr verlangt es mich danach, sie zu zertreten. Es ist wie ein moralisches Zahnen: je schlimmer die Schmerzen werden, um so kräftiger beisse ich die Zähne zusammen.«
    »Wissen Sie, was das Wort Mitleid bedeutet?« fragte ich und beeilte mich, meine Haube aufzusetzen. »Haben Sie in Ihrem Leben jemals einen Hauch davon verspürt?«
    »Leg das Ding hin!« unterbrach er mich, als er meine Absicht, wegzugehen, bemerkte. »Du wirst noch nicht gehen. Komm jetzt her, Nelly! Ich muss dich überreden oder zwingen, mir bei der Ausführung meines Entschlusses, Catherine zu sehen, behilflich zu sein, und zwar ohne Aufschub. Ich schwöre dir, dass ich nichts Böses im Schilde führe. Ich möchte keine Störung verursachen, will auch Mr. Linton nicht erzürnen oder beleidigen, ich möchte nur von ihr selbst hören, wie es ihr geht und wie das mit ihrer Erkrankung gewesen ist, und sie fragen, ob ich irgend etwas tun könnte, was von Nutzen für sie wäre. Vorige Nacht bin ich sechs Stunden lang im Garten von Thrushcross Grange gewesen, heute nacht werde ich wieder hinkommen, und jede Nacht und jeden Tag werde ich dort sein, bis ich eine Gelegenheit finde, das Haus zu betreten. Wenn Edgar Linton mir begegnet, werde ich ihn ohne Skrupel niederschlagen und ihn so zurichten, dass er, solange ich bleibe, Ruhe hält. Wenn seine Dienerschaft sich mir entgegenstellt, werde ich sie mit diesen Pistolen verscheuchen. Aber wäre es nicht möglich, eine Begegnung mit ihnen oder ihrem Herrn zu verhindern? Dir wäre das ein leichtes. Ich werde dir ein Zeichen geben, wenn ich da bin, dann lässt du mich unbemerkt ein, sobald sie allein ist, und kannst mit ruhigem Gewissen Wache halten, bis ich fortgehe. Du wirst auf solche Weise Unheil verhüten.«
    Ich weigerte mich, im Hause meines Brotherrn diese treulose Rolle zu spielen, und überdies wies ich auf die Grausamkeit und Selbstsucht hin, die darin läge, wenn er Mrs. Lintons Ruhe um seiner Rechtfertigung willen störte. »Der alltäglichste Vorfall erschreckt sie schmerzhaft«, sagte ich. »Sie ist ein Nervenbündel, und ich bin sicher, sie überstünde die Überraschung nicht. Bestehen Sie nicht darauf, Mr. Heathcliff, sonst müsste ich meinen Herrn von Ihrem Vorhaben unterrichten, damit er Maßnahmen ergreift, um sein Haus und dessen Insassen vor solchen

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