Emma - endlich vom Glück umarmt
ferne an ihr Ohr. Es war, als wäre sie mit ihm allein im Raum.
Er hatte sie mit dem rechten Arm fest umfangen, hielt aber den korrekten Abstand von einem Fuß ein; jedes winzige Stückchen näher würde als skandalös gelten.
Ihr Verstand nahm den Abstand wahr, doch ihre Sinne behaupteten, Charles presse sie an seine Brust, sodass sie glaubte, seinen Herzschlag körperlich zu spüren. Dann legte er ihr leicht die Hand um die Taille und machte die ersten Tanzschritte. Es schien ihr, als verschmölze sie mit ihm, und sie ergab sich seiner Führung, als wäre dies nicht ihr erster gemeinsamer Walzer. Das Blut pochte ihr in den Ohren.
„Ist Ihnen nicht wohl?“
Seine tiefe Stimme war wie ein Band, das sie an ihn fesselte. Kaum dass er sie berührte, schien ihre Abneigung gegen ihn sich in Luft aufzulösen. Kein Wunder, dass Amy wegen dieses Mannes einen Skandal riskierte. Dabei konnte Emma sie nicht einmal tadeln, da sie selbst, die die Ältere war, sich nun mit ihm in einem Tanz wiegte, der nachahmte, was zwischen Liebenden im Dunkeln vor sich ging.
Emma schüttelte den Kopf. „Nun, mir ist so wohl, wie einem sein kann, wenn einem ein Tanz aufgezwungen wird.“
„Und Sie wollten wirklich nicht?“ Er sah sie an, als könne er tief in ihr hämmerndes Herz blicken.
„Sie ließen mir keine Wahl.“
Er schwang sie so ungestüm herum, dass ihr der Atem wegblieb. Hätte er nicht ihre Taille so fest umfasst, wäre sie ins Straucheln gekommen.
„Sie lügen.“
„Nein. Immerhin drohten Sie, andernfalls Amy aufzufordern.“
„Aber Sie hatten die Wahl.“
„Was denn für eine!“
„Aber jedenfalls konnten Sie wählen“, sagte er in einem abschließenden Ton, der Widerspruch ausschloss.
Trotz wallte in ihr auf. „Zwischen zwei Übeln zu wählen ist keine Wahl. Das lehrte mich die Erfahrung.“
Er presste die Lippen zusammen und schien antworten zu wollen, doch in dem Moment ertönte der Schlussakkord. Sie trat von ihm zurück und versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen, doch er ließ nicht los.
„Bitte!“, sagte sie. Vergebens.
Grimmig lächelnd hob er ihre Finger an den Mund. Selbst durch den Handschuh hindurch spürte sie den zugleich festen und zarten Druck. Ein Feuerstrahl schien ihr bis in den Arm zu fahren und machte ihre Entschlossenheit zunichte.
Endlich ließ er sie los und verneigte sich. „Ms. Stockton, ich danke für diesen sehr lehrreichen Tanz.“
„Lehrreich?“ Verwirrt sah sie ihn an. Ihr Körper glühte immer noch.
Als habe er sie nicht gehört, wandte er sich ab. Ihr erster Impuls war, ihn aufzuhalten, um ihm klarzumachen, dass er mit ihr nicht wie mit einem Spielzeug verfahren könne. Stattdessen drehte sie sich auf dem Absatz um, entfernte sich in die andere Richtung und hastete, ein wenig aufgelöst, zu ihrem vorherigen Platz. Kaum hatte sie sich auf das kleine Sofa zurückgezogen, stürzte Amy auf sie zu und fauchte wie eine Wildkatze: „Was fällt dir ein! Wie kannst du mit ihm Walzer tanzen, wenn er angeblich ein so schlecht beleumundeter Frauenheld ist?“
Emmas Finger, die noch von seiner Berührung prickelten, begannen zu beben. Gereizt entgegnete sie: „Das ist er auch, aber er ließ mir keine Wahl. Und“, fügte sie mit fester Stimme hinzu, „ich bin alt genug, um zu tun, was mir passt.“
„Ha! Du magst ihn also.“ Amys blaue Augen verdüsterten sich vor Ärger. „Deshalb soll ich ihm fernbleiben. Du willst ihn selbst!“
Emma verlor die Nerven. „Sei nicht dumm, Amy! Dass du kokett bist, ist schon schlimm genug.“
Amys rosiger Mund verzog sich zu einem empörten „Oh“, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Emma, wie kannst du nur! Erst tanzt du mit dem Mann, den ich so anziehend finde, und dann bist du so gemein zu mir!“
Das artet aus, dachte Emma. Entschlossen stand sie auf. „Ich denke, wir sollten nun gehen.“
„Nein!“ Amy trat einen Schritt zurück, als fürchtete sie, von ihrer Schwester festgehalten zu werden. „Ich habe Mr. Kennilworth diesen Tanz versprochen, dazu muss ich stehen.“
Zwar lag Emma auf der Zunge, dass Amy sonst nicht so zimperlich auf die Einhaltung ihrer Versprechen bedacht war, hielt ihren Kommentar aber um des lieben Friedens willen zurück. „Nun, dann gehen wir eben danach.“
Beleidigt schritt Amy davon. Während Emma ihr nachsah, fragte sie sich, ob ihre kleine Schwester wohl schon den nächsten Unfug ausheckte. Nicht unwahrscheinlich, dass es ihr gelang, doch noch einen Walzer mit Mr. Hawthorne zu
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