Emma - endlich vom Glück umarmt
ließ sie umso hübscher aussehen. „Sie wissen immer genau, was Sie tun müssen.“
Emma musste sehr an sich halten, um nicht zwischen die beiden zu treten und sie zu trennen.
Nachdem Amy im Haus verschwunden war, wandte Emma sich kampflustig an den Mann, der sie, eine Braue ironisch gehoben, herausfordernd ansah.
„Wie können Sie derart mit ihr flirten? Ihr die Hand zu küssen! Ein Mädchen in Amys Alter kann nicht damit umgehen, sparen Sie sich das für eine reifere Dame. Es ist schlimm genug, dass Amy Ihnen gestattet, ihr so ungehörig nachzustellen, obwohl Sie nicht daran denken, um sie anzuhalten!“
Seine blauen Augen wurden ganz dunkel, sodass man unmöglich darin lesen konnte. „Wäre es denn zulässig, dass ich ihr nachstelle, wenn ich um sie anzuhalten gedächte?“
Mit dieser Antwort hatte sie nicht gerechnet. Verblüfft riss sie die Augen auf. „Haben Sie das vor?“
Grinsend antwortete er: „Nein, aber Sie legen so viel Nachdruck darauf, dass mein Interesse aus diesem Grunde nicht statthaft ist.“
„Sie verdrehen meine Worte absichtlich!“ Durch einen tiefen Atemzug versuchte sie, ihr pochendes Herz zu beruhigen. „Sie sind ein grässlicher Mensch!“
„Ich gebe mir Mühe.“
Natürlich brachte die sardonische Bemerkung sie abermals in Rage. „Und immer mit Erfolg! Wie konnten Sie wagen, uns mit Harriette Wilson bekannt zu machen!“
„Sie sagen nicht, mit dieser Frau? Sie überraschen mich.“
Beschämt errötete sie. „Auch wenn Männer hinter vorgehaltener Hand über sie tuscheln, ist sie doch ein Mensch, und wenn sie auf diese Art ihren Lebensunterhalt bestreiten muss, werfe ich ihr das nicht vor.“
„Sehen Sie, ich auch nicht.“ Er begegnete ihrem Blick sehr ernsthaft. „Ich respektiere Ms. Wilson, weil sie sich als Frau in einer Männerwelt erfolgreich zu bewegen weiß. Ich werde mich nicht den Heuchlern hinzugesellen und sie schneiden, wenn sie mir begegnet – gleich, in wessen Begleitung ich gerade bin.“
Ungewollt keimte in Emma Respekt auf. Kein anderer Mann ihrer Bekanntschaft wäre so kühn gewesen, den Konventionen zu trotzen.
„Also ging es Ihnen nicht darum, mich zu reizen oder Amys Ansehen zu schädigen?“
„Nein, ich hielt einzig aus den zuvor genannten Gründen an.“
Emma betrachtete ihn forschend. Seine Gedanken waren ihr verschlossen, doch das spöttische Lächeln, das er so perfekt beherrschte, war aus seiner Miene gewichen. Ihr Ärger kühlte ein wenig ab, gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass sie zu dicht bei ihm stand. Der Tag schien Emma plötzlich unerklärlich heiß zu sein. Sie trat einen Schritt zurück, verfehlte die Stufe und strauchelte. Blitzschnell griff Hawthorne nach ihrem Arm, damit sie nicht stürzte. Durch den Stoff ihrer Kleidung schienen seine Finger sie zu verbrennen. Ihr rann ein Schauer über den Rücken, erst eiskalt, dann glühend heiß.
Unwillig ob ihrer Schwäche sagte sie barsch: „Sie können mich jetzt loslassen.“
„Soll ich Sie die Treppe hinunterfallen lassen?“
Rasch setzte sie einen Fuß auf die untere Stufe und sagte hochmütig: „Dank Ihrer Hilfe stehe ich wieder sicher.“
„Gern geschehen.“ Er ließ ihren Arm los.
Emma spürte, wie ihre Wangen vor Verlegenheit glühten. Es hatte keinen Grund gegeben, ihn so unhöflich anzufahren, auch wenn seine Berührung irritierende Empfindungen in ihr auslöste. Ihre Mutter wäre über diesen Ton entsetzt gewesen. „Ich danke Ihnen“, murmelte sie.
Er schaute ihr in die Augen, dann ließ er seinen Blick über ihre erhitzten Wangen zu ihren Lippen wandern. Unwillig bemerkte sie, dass ihr noch wärmer wurde. Der Himmel helfe ihr, wenn er noch weiter ging. Was war sie doch für ein dummes Ding!
„Einen guten Tag, Ms. Stockton.“ Er machte auf dem Absatz seiner spiegelblanken Hessenstiefel kehrt und schritt zu seiner Kutsche, deren Tür er eigenhändig öffnete. Dann sprang er mit lässiger Eleganz hinein und sah sich nicht mehr nach Emma um, als das Gespann anzog.
Emma ihrerseits schaute ihm hinterher. Der Mann war unerträglich. Ja, unerträglich! Eine andere Einstellung zu ihm durfte sie sich gar nicht erlauben. Sich in ihn zu verlieben würde ihr genauso schlecht bekommen wie Amy. Sogar noch schlechter.
Während der Fahrt zum Stadtpalais seines Bruders, wo die Barouche wieder abgestellt werden sollte, starrte Charles nachdenklich vor sich hin. Seine Finger, die auf Emmas Arm gelegen hatten, fühlten sich an wie von feurigen Funken getroffen, und in
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