Emma - endlich vom Glück umarmt
Fein! Nun, jedenfalls spielte Charles ganz unvernünftig immer und immer wieder. Dem Himmel sei Dank ist die Familie wohlhabend genug, und George half ihm wiederholt aus der Patsche.“
„Zehnmal, genau gesagt“, warf Juliet ein, „und mit jedem Mal ging es um einen höheren Betrag.“
Ratlos schaute Emma zwischen den beiden Frauen hin und her. „Warum erzählen Sie mir das jetzt? Als ich mit Lord Hawthorne verlobt war, fand es niemand der Erwähnung wert.“
Lady Hawthorne betrachtete sie zweifelnd. „Vielleicht sind Sie doch weniger klug, als ich dachte.“
Emma wusste nicht, ob sie beleidigt sein oder die Worte der Laune einer exzentrischen alten Frau zuschreiben sollte. Oder … „Will er etwa um Amy anhalten? Denn ich muss leider sagen, dass sein Antrag unwillkommen wäre.“
Das silberne Haupt schüttelnd, entgegnete die alte Dame: „Es geht nicht um Ihre Schwester. Was ich sagen will, ist, George ließ schließlich zu, dass sein Bruder ins Schuldgefängnis musste.“
Entsetzt keuchte Emma auf. „Seinen eigenen Bruder! Man kann dort zu Tode kommen, hörte ich.“
Juliet nickte. „Der Entschluss fiel George nicht leicht …“
„Aber …“
„Worüber unterhalten sich die Damen?“
Emma wandte sich erschreckt um. Hinter ihnen stand Charles Hawthorne. Sie hatten ihn nicht kommen hören. Auch Juliet schaute irritiert, nur Lady Johnstone blieb ungerührt, sah ihn fest an und sagte: „Über dich.“
„Ah, hoffentlich nur Schmeichelhaftes.“ Ohne um Erlaubnis zu bitten, setzte er sich zu ihnen.
„Nein, die Wahrheit“, entgegnete die alte Dame, während sie ihm Tee einschenkte.
Er sah Emma an, die verlegen die Augen senkte. Immerhin waren sehr persönliche Dinge über ihn zur Sprache gekommen.
„Und was halten Sie davon, Ms. Stockton?“
Sie glaubte trotz seines leichten Tones, eine Spur Ironie darin zu hören.
Bedächtig faltete sie ihre Hände im Schoß. „Es ist sehr lehrreich.“
„Und an der Zeit, dass sie sie erfährt.“
Abermals wunderte Emma sich, weshalb ausgerechnet sie in Charles Hawthornes Privatangelegenheiten eingeweiht werden sollte. Schließlich erklärte sie: „Ich kann dem nicht zustimmen“, und an Charles gewandt: „Was Sie tun werden oder getan haben, ist Ihre Sache.“
„Dummes Zeug!“ Abrupt stand Lady Johnstone auf. „Die Jugend von heute ist verweichlicht! Ich werde ein wenig frische Luft schnappen.“ Sie warf Charles einen harten Blick zu. „Dich hätte ich für ehrlicher gehalten.“ Damit marschierte sie würdevoll und hoch aufgerichtet davon und winkte dem jungen Mann, den sie zuvor als für Amy passend bezeichnet hatte. Erstaunt sah er auf und folgte ihr zögernd.
Emma seufzte erleichtert auf. Zwar rief Charles’ Gegenwart stets äußerst stürmische Empfindungen in ihr hervor, doch hatte sie sich unter Lady Johnstones unverhohlenen Blicken noch viel unbehaglicher gefühlt.
„Sie ist ein Unikum“, murmelte Juliet.
„Ausgesprochen grob“, sekundierte Charles. „Vermutlich sprach sie nicht nur meine bekannten Eskapaden an, was?“
Juliet schüttelte den Kopf. „Leider. Sie war absolut entschlossen, Ms. Stockton voll und ganz einzuweihen.“
Er kniff die Augen zusammen und krampfte die Hand so fest um die zierliche Tasse, dass sie zerbrach und sich eine Scherbe in seinen Finger bohrte, während der Tee am Boden eine Pfütze bildete.
„Ach, du liebe Güte!“, rief Emma, als sie die Verletzung sah, und kramte eifrig in ihrem Retikül nach einem Taschentuch. „Rasch, stillen Sie das Blut!“
Ehe er das blütenweiße Tuch entgegennahm, betrachtete er Emma forschend. „Ich danke Ihnen.“
Sie spürte Juliets forschenden Blick auf sich und fragte sich unwillkürlich, was Lady Johnstone gesehen haben mochte, um sich veranlasst zu fühlen, Charles’ Vergangenheit vor ihr auszubreiten.
Charles mühte sich vergebens damit ab, den Stoff um seine Hand zu verknoten, und Emma wäre ihm zu gern behilflich gewesen, fand allerdings, dass dieser Dienst Juliet als seiner Schwester zustand.
„Kann bitte eine von euch mir helfen? Ihr seht doch, dass es mir nicht gelingt“, sagte er verdrossen.
Juliet schüttelte den Kopf. „Bitte Ms. Stockton darum. Du bist mir in solchen Fällen zu reizbar. Erinnere dich nur, wie du mich letztens anfuhrst, als ich dir den Verband wechseln wollte, nachdem du dir eine Kugel in der Schulter eingehandelt hattest.“ Sprach’s, erhob sich und schlenderte davon.
Von plötzlicher Reue überwältigt, murmelte
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