Emma - endlich vom Glück umarmt
Verhalten. Was Frauen angeht, ist er einfach ein Bruder Leichtfuß. Dass er Amy ermutigte, mit ihm zu flirten, war wirklich schändlich, weil sie sich derart auf ihn versteift hat, dass sie keinen anderen beachtet. Nun sorge ich mich, dass sich wegen der Spielschulden deines Bruders selbst interessierte Herren zurückziehen werden.“
„Du bist sehr ehrlich, Juliet. Jedoch ist Mr. Hawthorne der Ansicht – und Amy ebenfalls –, dass seine Aufmerksamkeiten Amy für andere Herren interessanter machen.“
Juliet schnaubte abfällig. „Schön und gut, nur nützt das alles nichts, wenn sie diese Herren dann aus dem oben genannten Grund abweist.“
„Wie recht du hast!“
„Nicht wahr?“, rief Juliet triumphierend. „Aber wie ich auch rede, er hört nicht auf mich. Es tut mir so leid, dass er es dir so schwer macht.“
„Also hast du diesen Aufenthalt bei Lady Johnstone arrangiert, um Abhilfe für die Lage zu schaffen, in der wir uns wegen deiner Brüder befinden.“
Zwar färbten sich Juliets Wangen, doch sie hob energisch das Kinn. „Ja. Willst du mich dabei unterstützen?“
Emma zupfte unschlüssig an ihrem Ärmel. Endlich teilte jemand ihre Besorgnis. Wenn das nur schon eher eingetreten wäre! Nur – und bei diesem Gedanken verspürte sie ein verräterisches Verlangen – wäre sie dann Charles Hawthorne nicht so nahegekommen, wie es jetzt der Fall war.
Natürlich hatte sie ihn früher hier und da getroffen, doch stets hatte jeder seiner missbilligenden Blicke kundgetan, was er von ihrer Verbindung mit seinem Bruder hielt, und sie war ihm äußerst hochmütig begegnet.
Entschlossen sagte sie: „Ja, danke, Juliet, wir werden mit dir fahren. Uns bleibt kaum eine andere Möglichkeit, Amy einen passenden Gatten zu verschaffen.“
„Es wird uns gelingen!“, rief Juliet befriedigt. „Lady Johnstone hat ein paar sehr annehmbare junge Herren eingeladen.“
Emma lachte schwach. Zwar hatte ihr Stolz unter diesem Gespräch gelitten, doch immer noch besser, als wenn Amys Zukunft dahin wäre. In diesem Moment war es ihr gleich, ob Amys zukünftiger Gemahl Vermögen haben würde oder nicht. Sie wünschte ihr einfach, glücklich zu werden.
„Noch einmal danke, Juliet“, sagte sie lächelnd.
14. KAPITEL
Emma betrachtete erfreut das geräumige, elegant eingerichtete Zimmer, das Lady Johnstone ihr zur Verfügung gestellt hatte. Von dem breiten Fenster aus überblickte man einen Rosengarten, der in voller Blüte stand, und in der Ferne prangte am Ufer eines kleinen Sees eine Pagode.
Die Anspannung, die ihr schon zur zweiten Natur geworden war, fiel von Emma ab. Wie dankbar sie war, dass Juliet Glenfinning ihr diesen Aufenthalt ermöglicht hatte!
Sie setzte sich an den kleinen Sekretär, auf dem verschiedene Schreibutensilien bereitlagen, und begann auf Lady Johnstones edlem geprägtem Papier einen Brief zu schreiben. Als sie eben die Feder niederlegte, flog die Tür auf, und Amy platzte ins Zimmer. „Emma, du errätst nie, wer gerade angekommen ist!“
Während Emma den Bogen sorgfältig faltete und siegelte, wandte sie sich ihrer Schwester zu, deren saphirblaue Augen erregt blitzten. Zu erregt.
Das bedeutete nichts Gutes. Ahnungsvoll sagte sie: „Dann sag es mir.“
Amy drehte eine Pirouette, dass ihre Röcke flogen. „Charles Hawthorne!“
„Mr. Hawthorne“, korrigierte Emma mechanisch. Sie ignorierte den Sprung, den ihr Herz bei dem Namen gemacht hatte. Resigniert dachte sie, dass Amy nun keine Zeit mehr für welchen passenden jungen Mann auch immer haben würde, da sie zu sehr damit beschäftigt wäre, auf den Spuren des sehr unpassenden Mr. Hawthorne zu wandeln. Und anstatt sich ein wenig zu erholen, würde sie, Emma, in der gleichen Lage wie in London sein, nämlich als gesetzte ältere Schwester das unverantwortliche Küken zu dämpfen. Das würde kein Spaß sein.
Seufzend rieb sie sich die Schläfen.
„Was ist, Emma?“ Rasch kniete Amy vor ihrer Schwester nieder und nahm ihre Hände. „Fühlst du dich nicht wohl? Du magst doch das Landleben so sehr!“
„Es ist nichts. Ich bin nur müde von der Reise.“
„Dann ist es ja gut.“ Beruhigt stand Amy auf. „Gleich wird der Tee serviert. Gehen wir hinunter, die anderen Gäste kennenlernen?“ Ihre ganze zierliche Gestalt schien vor Erwartung zu vibrieren.
Emma zwang sich, daran zu denken, dass Amy erst in diesem Jahr debütiert hatte und dies ihre erste Einladung zu einer Hausparty war. Für sie war alles noch neu und aufregend,
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