Emma im Glück
stopfte das Kleidchen in den Kinderwagen. »Wenn wir für euch genauso schnell etwas finden, sind wir hier in null Komma nichts wieder draußen.«
Nach den Babysachen kam die Kinderabteilung. Mama ging zu einem Ständer mit Sommerkleidern. »Was haltet ihr davon?« Sie hielt ein geblümtes Kleid mit Puffärmeln in die Luft.
Ich schüttelte den Kopf. »Wir sind doch keine zehn mehr, Mama.«
Mama hängte das Kleid seufzend wieder weg und murmelte etwas, das wie »Leider …« klang.
Ich marschierte auf direktem Weg in die Jugendabteilung. Hier gab es bauchfreie Tops in knalligen Farben, T-Shirts mit mehr oder weniger witzigen Sprüchen drauf und Blusen im Glitzerlook. Ich betrachtete mit gerunzelter Stirn eine knallenge Röhrenjeans. Wer zog denn freiwillig solche Hosen an? Da zwickte es einen ja schon allein vom Hingucken am Bauch.
»Seht mal, hier!«, rief Mona. Sie hatte einen Ständer mit etwas festlicheren Kleidern entdeckt. »Das ist doch hübsch.« Sie hielt ein bodenlanges Kleid in Bonbonrosa hoch. Es hatte kurze Ärmel, ein enges, paillettenbesetztes Oberteil und einen weiten Rock mit Rüschen. »Ob ich das mal anprobiere?«
»Tu das.« Mama war hinter uns aufgetaucht. Sie stellte den Kinderwagen neben den Umkleidekabinen ab. »Das Kleid sieht wirklich toll aus. Hast du auch schon was gefunden, Emma?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich will nichts in Rosa. Und auf keinen Fall etwas mit Rüschen oder Pailletten.«
Mama ging die restlichen Kleider durch. »Wie wär’s hiermit? Das ist etwas schlichter.« Sie nahm ein cremefarbenes Kleid vom Ständer. Es war ziemlich kurz und hatte Spaghettiträger. »Probier’s doch mal an.«
Seufzend nahm ich das Kleid und ging zu den Umkleidekabinen. Mona war bereits in einer freien Kabine verschwunden.
Vier Gründe, warum ich es hasse, in Kaufhäusern Klamotten anzuprobieren:
Die Kabinen sind immer viel zu eng, sodass man sich beim An- und Ausziehen ständig stößt.
Meistens sind die Vorhänge so klein, dass jeder, der zufällig vorbeikommt, in die Kabine glotzen kann.
In dem grellen Neonlicht sieht man aus wie eine Wasserleiche mit Orangenhaut.
Es sind nie genug Haken an der Wand und irgendwann liegen alle
Klamotten in einem großen Knäuel auf dem Boden herum.
Ich quetschte mich in eine freie Kabine und zog den Vorhang zu. Dann zog ich mich schnell aus und schlüpfte in das Kleid. Leider war es ein bisschen eng und ich bekam den Reißverschluss am Rücken nicht zu. Einen Spiegel gab es auch nicht. Vorsichtig lugte ich durch den Spalt im Vorhang. Die Luft war rein. Ich verließ die Kabine und sah mich nach einem Spiegel um. In diesem Moment kamen zwei Mädchen um die Ecke. Sie waren mit so vielen Klamotten beladen, dass ich sie erst auf den zweiten Blick erkannte. Lea und Simone! Ich hätte mich am liebsten in Luft aufgelöst. Blieb mir denn heute nichts erspart?
Lea musterte mich von Kopf bis Fuß und prustete los. Auch Simone musste grinsen.
»Wie siehst du denn aus?«, japste Lea.
»Wieso?« Ich tat so, als wäre es völlig normal, in einem zu kleinen Abendkleid mit offenem Reißverschluss herumzulaufen.
»Ach, nur so.« Lea kriegte sich vor Lachen gar nicht mehr ein. Blöde Kuh!
»Gehst du zu einem Fest?«, fragte Simone neugierig.
Ich nickte. »Meine Oma heiratet an Pfingsten. Darum brauche ich ein neues Kleid.«
»Cool!« Simone machte ein sehnsüchtiges Gesicht. »Ich würde auch gerne mal auf eine Hochzeit gehen.«
Lea warf ihr einen giftigen Blick zu. Sie hatte aufgehört zu lachen. »Komm jetzt, wir haben schließlich noch eine Menge vor.«
Sie griff nach Simones Arm und zog sie weiter. Zu zweit verschwanden sie in einer Umkleidekabine. Lea zog energisch den Vorhang zu. Ich hörte die beiden tuscheln und kichern. Was für alberne Gänse!
Mona tauchte neben mir auf. Sie trug das rosafarbene Kleid und zupfte an den kurzen Ärmeln herum. »Was meinst du, Emma?«, fragte sie unsicher.
Ich musterte Mona mit fachmännischem Blick. »Ich finde das Kleid potthässlich. Aber es passt irgendwie zu dir.«
Wir stellten uns vor den großen Spiegel. Mona drehte sich hin und her wie ein Mannequin. Der rosafarbene Rock schwang glockenförmig um ihre Beine. Das Kleid stand ihr wirklich nicht schlecht. Auf jeden Fall sah sie darin tausendmal besser aus als in den hässlichen Kartoffelsackkleidern, die sie sonst immer trägt.
Als ich mein Spiegelbild erblickte, bekam ich erst mal einen Mordsschreck. Kein Wunder, dass Lea sich halb totgelacht hatte! Ich
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