Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Emma und der Rebell

Emma und der Rebell

Titel: Emma und der Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
Vom Netzwerk:
hatte seine Mutter nicht > Mom < genannt, sondern
stets das französische > Maman < benutzt. Und obwohl er es nie zugegeben
hätte, war er plötzlich begierig, das nächste Kapitel zu hören.
    »Haben Sie
Schwestern?« fragte Emma leise, und Steven sah, daß ein trauriger Ausdruck in
ihre schönen Augen trat.
    Gern hätte
er sie tröstend an sich gezogen, aber das wagte er noch nicht. »Nein, aber ich
habe einen Bruder«, erwiderte er kurz, weil er nicht über Macon sprechen
wollte. Oder über Nathaniel, einen Cousin, der nach Fairhaven gekommen war,
nachdem er seine Eltern verloren hatte, und der noch so jung war, daß Steven
ihn fast nicht kannte. Nat war erst geboren worden, als Steven schon bei der
Armee war.
    Emma
seufzte wehmütig. Sie wirkte sehr jung und verletzlich in ihrem Morgenmantel
und mit dem dicken rotblonden Zopf, der ihr auf die Schultern fiel. Steven
fragte sich beschämt, wie er sie je für eine Prostituierte hatte halten können.
    Irgendwie
ahnte er, daß sie sehr allein auf dieser Welt war, und das tat ihm weh und
schmerzte fast mehr als seine Verletzungen. »Ich bin froh, daß Sie
zurückgekommen sind, um mich ein bißchen aufzuheitern, Miss Emma«, meinte er
weich.
    Sie
lächelte abwesend und stand auf. »Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, Steven«,
sagte sie. Dann war sie fort, und im Raum war es wieder dunkel.
    Als sie
wieder in ihrem eigenen
Zimmer war, löschte Emma die Lampe, legte das Buch daneben und kroch ins Bett.
Wie immer, wenn sie Little Women gelesen hatte, dachte sie an ihre Schwestern
– an Lily und Caroline. Aber schon nach wenigen Minuten drängte
sich Steven in ihr Bewußtsein, und obwohl ihr klar war, wie unpassend derartige
Gedanken waren, konnte sie nicht umhin, sich voller Bewunderung seine kräftige
Gestalt ins Gedächtnis zu rufen, seine muskulösen, von der Sonne gebräunten
Arme und seine breiten Schultern ...
    Nein! Emma zog die Decke höher und zwang
sich, an Fulton zu denken, der nun schon seit Monaten um sie warb. Es war
verrückt, ihre Zeit mit Gedanken an Steven zu verschwenden, und im übrigen
hatte sie überhaupt kein Recht, einen Mann wie ihn zu waschen und zu verbinden.
    Andererseits
jedoch hatte sie Fultons Arme noch nie entblößt gesehen, und erst recht nicht
seine Brust, so daß sie keine Vergleiche anstellen konnte. Ihre Wangen brannten
vor Verlegenheit, als sie versuchte, sich ihren Verlobten nackt vorzustellen.
    Aber sie
wußte – auch ohne ihre blühende Phantasie zu beanspruchen – daß die Haut ihres
Verlobten ganz weiß sein würde und sein Körper vermutlich so weich, daß er sich
anfühlte wie der einer Frau, wenn man ihn berührte ...
    Mit einem
Stöhnen der Verzweiflung drehte Emma sich auf die Seite und zog die Decke über
ihren Kopf. Steven Fairfax war nichts als ein Vagabund, ein Tramp, nach dem
vielleicht sogar gefahndet wurde, und es war sehr undamenhaft von ihr gewesen,
ihn zu waschen.
    Aber er
wollte ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen. Sie dachte an sein Lächeln,
dem es trotz der Schmerzen, die er auszustehen hatte, nie an Humor fehlte, und
an seinen weichen Südstaatenakzent, der sie an warme Sommernächte denken ließ,
an blühende Magnolien und ...
    Ärgerlich
über sich selbst stand Emma auf und trat ans Fenster, um auf den dunklen See
hinauszuschauen. Seufzend lehnte sie die Stirn an das kühle Glas und fragte
sich, was es sein mochte, was sie an Steven Fairfax so beunruhigte.
    Am nächsten
Morgen ging Emma
noch vor dem Frühstück zu Steven, um zu sehen, wie er sich fühlte.
    Er lächelte
erfreut, und obwohl er dringend eine Rasur benötigt hätte
und sein Haar schmutzig und zerzaust war, machte Emmas Herz bei seinem Anblick
einen kleinen Sprung.
    »Ich könnte
Ihnen etwas zum Frühstück bringen, wenn Sie möchten«, sagte sie, von einer
unerklärlichen Scheu erfaßt.
    Steven
schüttelte den Kopf. Der prüfende Blick, mit dem er sie betrachtete, schien
eine glühende Spur auf ihrem Körper zu hinterlassen. »Danke, aber ich esse nie
vor Mittag.«
    »Dann
wenigstens Kaffee?« schlug Emma vor, weil sie noch nicht gehen wollte, obwohl
ihr klar war, daß sie in seinem Zimmer nichts zu suchen hatte.
    »Vielen
Dank«, erwiderte er, und Emma faßte dies als Zustimmung auf, ging in die Küche
hinunter und schenkte eine Tasse Kaffee für ihn ein.
    Doch als
sie zu Steven zurückkehrte, schlief er wieder. Enttäuscht kehrte Emma in die
Küche zurück, wo Daisy, die Haushälterin, am Herd stand und Pfannkuchen

Weitere Kostenlose Bücher