Emma will’s wissen
was ich sagen sollte. Eine Weile war es still. Dann platzte ich heraus: »Aber warum sollte jemand Kaffee klauen?«
Herr Marten zuckte zusammen. Er sah mich überrascht an. »Warum jemand Kaffee klauen sollte?«
Ich nickte. »Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
Herr Marten seufzte. »Die Zeiten sind schlecht, mein Kind. Manche Leute wissen sich einfach nicht anders zu helfen. Frau Kohlmann von nebenan hat letzte Woche unser Brennholz gestohlen, da bin ich mir sicher.« Er sah mich scharf an. »Du hast doch nicht etwa Kaffee geklaut, oder?«
Ich schüttelte schnell den Kopf. »Natürlich nicht! Ich mag überhaupt keinen Kaffee.«
»Kaffee ist auch nichts für Kinder. Trink lieber deinen Kakao. Wer weiß, wann es wieder welchen gibt.«
Ich sah auf den Tisch. Ich sah zum Herd. Ich sah mich in der ganzen Küche um. Hatte ich vielleicht etwas übersehen? Nein, hatte ich nicht. In dieser Küche gab es keinen Kakao. Ein komisches Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus. Als wäre ich zur falschen Zeit am falschen Ort. Ich wollte nicht hier sein. Ich wollte zu Hause in meiner Hängematte liegen und nichts von Kaffeedieben und gestohlenem Brennholz hören.
Ich stand so schnell auf, dass mein Stuhl beinahe umkippte. »Ich muss jetzt los.«
»Ja, ja, die Zeiten sind schlecht …«, murmelte Herr Marten. Sein Blick ging einfach durch mich hindurch. Er schien mich gar nicht zu sehen.
»Tschüss, Herr Marten«, sagte ich leise.
Er antwortete nicht. Als ich schon auf dem Flur war, hörte ich noch einmal seine Stimme. »Nicht auf den Apfelbaum klettern, Pummelchen! Du hast dein Sonntagskleid an.«
Einen Moment war ich wie erstarrt. Dann rannte ich aus dem Haus. Herr Marten hatte schon wieder vergessen, mir die zwei Euro zu geben, aber das war mir egal.
Draußen sah ich mich um, doch ich konnte weit und breit keinen Apfelbaum entdecken.
Später rief ich Lea an. »Ich glaube, du hattest recht«, sagte ich. »Mit Herrn Marten stimmt was nicht.«
»Sag ich doch!«, rief Lea ins Telefon. »Der spinnt!«
»Nein, er spinnt nicht.« Ich merkte, wie ich ärgerlich wurde. »Er ist nur manchmal etwas verwirrt. Heute hat er erzählt, jemand würde seinen Kaffee klauen.«
»Was? So ein Quatsch! Warum sollte denn jemand Kaffee klauen?«
»Weiß ich doch nicht«, schnauzte ich Lea an. Keine Ahnung, warum ich plötzlich so wütend war. Ich dachte doch genau dasselbe. Oder?!
»Am besten streichen wir ihn von unserer Kundenliste«, sagte Lea. »Soll er sich jemand anders suchen, den er mit seinen komischen Geschichten nerven kann.«
»Und wenn doch was dran ist?«, fragte ich. »Vielleicht wird er ja tatsächlich bestohlen. Kann doch sein.« Irgendwie wollte ich, dass es so war. Aber ich glaubte nicht wirklich daran. Lea auch nicht.
»Pfffff!«, machte sie. »Ich geh da jedenfalls nicht mehr hin.« Damit war die Sache für sie erledigt.
Wir redeten noch eine Weile über meinen Geburtstag und darüber, ob Kostümpartys lustig oder blöd waren. Lea fand sie lustig, ich blöd.
»Na gut, dann eben keine Kostümparty«, sagte Lea schließlich. »Und was soll es zu essen geben?«
»Keine Ahnung.« Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht.
»Ich komm nachher vorbei, dann machen wir einen Plan«, beschloss Lea. »Wir müssen überlegen, wen du noch einladen könntest, was es zu essen und zu trinken geben soll, welche Musik wir brauchen, welche Spiele wir spielen wollen …« Lea redete und redete. Ich hörte nur mit halbem Ohr zu. »In einer Stunde bin ich bei dir, okay?«, sagte sie irgendwann.
»Alles klar.« Ich legte auf. Mir schwirrte der Kopf. Am liebsten hätte ich mich sofort in meine Hängematte gelegt und so lange geschaukelt, bis mein Kopf wieder klar war. Manchmal hilft das. Aber zuerst rief ich Bastian an. Ich wollte seine Stimme hören. Zum Glück ging er gleich ans Telefon.
»Hallo«, sagte ich. »Na, was hast du heute so gemacht?«
»Och … eigentlich nichts«, sagte Bastian.
»Wie – nichts? Du musst doch irgendetwas gemacht haben.« Ich wollte ihn nicht nerven oder so. Ich wollte einfach ein bisschen plaudern und auf andere Gedanken kommen.
»Nein …« Bastian zögerte. »Oder doch. Ich hab lange geschlafen, dann hab ich gefrühstückt und danach war ich auf dem Flohmarkt.«
»Echt? Warum hast du mir nicht Bescheid gesagt? Ich liebe Flohmärkte!«
»Du hättest doch sowieso keine Zeit gehabt.«
Das stimmte allerdings. »Hast du was gekauft?«
»Ja …«
»Was denn?«, fragte ich
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