Emma
hatte eine Hand
vor den Mund gepresst und zwang sich offensichtlich dazu, ruhig zu atmen.
„Ich
glaube dir kein Wort! Du kannst nicht einfach aufgehört haben, mich zu lieben!“
„Doch,
Emma, genau das habe ich!“
„Ich
glaube dir nicht!“
„Das
solltest du aber!“
„Ich
kann nicht!“ Sie klang verzweifelt und wandte sich ihm wieder zu. „Was willst
du tun in Zukunft, ganz alleine? In deiner Wohnung sitzen und warten, dass die
Zeit vergeht? Dir Mädchen bringen lassen, wozu auch immer?“
„Emma!
Du bist geschmacklos! Was sollte ich wohl mit denen jetzt noch anfangen?“
„Ach!“,
sie schnaubte bitter. „Geschmacklos? Was du mit denen anfangen solltest? Weißt
du, was geschmacklos ist? Diese Frage ist es!“
Emma
wandte sich wieder zum Fenster. Sein Anblick schnürte ihr die Kehle zu, sie
konnte nichts dagegen tun. Sie wusste nur, sie würde nicht einfach so gehen.
Davide
schwieg einen Moment, als wäge er ab, ob er ihr diese Frage überhaupt noch stellen
sollte. Als überlege er, ob ihn die Antwort noch interessierte. Dann gab er
sich einen Ruck.
„Warum
hast du mich eigentlich wirklich verlassen, Emma? Was war der tatsächliche
Grund? Und falls du jetzt antworten solltest, dann sag mir bitte die Wahrheit
und komm mir nicht wieder mit irgendwelchen Phrasen über Freiheit und
Unabhängigkeit!“
„Die
Wahrheit?“, fragte sie den dunklen Nachthimmel draußen vor dem Fenster. „Du
willst die Wahrheit hören?“
Emma
drehte sich um, kehrte mit unsicheren Schritten zu seinem Bett zurück und ließ sich
auf der Kante nieder. Sie sah aus, als wolle sie jeden Moment zum Sprung
ansetzen, dachte er.
„Weißt
du“, sie knetete nervös ihre Hände und sah ihm dann frontal ins Gesicht, „ich
kann mich an diese verfluchte Wahrheit selber schon nicht mehr erinnern. Ich
wusste nur, dass ich es tun musste. Ich habe es nie lange bei einem Mann
ausgehalten und ich dachte mir, wenn ich den Absprung schaffe, bevor ich
dich oder mich verletzen kann, umso besser!“
Nun
sah sie wieder zu Boden und schlang die Arme um ihren Oberkörper, so als friere
sie.
„Ich
hatte gedacht, wir hätten nur eine Affäre miteinander, eine schöne, intensive,
aber immer unverbindliche und oberflächliche Bettgeschichte. Nur Sex, sonst
nichts. Als du mir dann sagtest, dass du mich liebst, habe ich die absolute Panik
bekommen. Ich musste weg, weil ich überzeugt war, dass ich sowieso eines Tages
wieder gehen würde! War es da nicht umso besser, je eher ich ging? Du würdest
schnell über mich hinwegkommen und ich steckte da auch noch nicht so tief drin,
dass es mir viel ausmachen konnte!“ Sie lachte freudlos auf. „Dachte ich
zumindest! Wie du siehst, habe ich mich da ganz schön getäuscht!“
„Du
hast dich nicht getäuscht!“, seine Stimme hatte ihren kalten Klang
wiedergefunden. „Ich bin tatsächlich über dich hinweg!“
Emma
hatte nicht vergessen, dass er noch wenige Augenblicke zuvor das Gegenteil
gesagt hatte, doch sie tat so, als hätte sie es.
„Mag
sein, aber ich nicht über dich! Ich stecke viel tiefer drin, als ich jemals für
möglich gehalten hätte und als du diesen Unfall hattest, da ...“
Emma
hielt inne. Wieder begann dieses Gefühl der Panik in ihr aufzusteigen, das sich
ihrer bemächtigt hatte in der Zeit, als noch nicht sicher war, ob er überleben
würde. Sie holte tief Luft und versuchte dann, ruhig weiterzuatmen.
Das
erwies sich als schwierig, denn die Panik paarte sich mit etwas anderem, das mindestens
genauso wild in ihr rumorte: Lust! Seit sie mit ihm in diesem Zimmer war, seit
sie ihn geküsst und er diesen Kuss erwidert hatte, folterte ihr Körper sie.
Als
er noch im Krankenhaus gelegen hatte, hatte sie nicht den Mut aufgebracht,
einen der Ärzte nach intimen Details zu fragen. Also hatte sie nicht die
geringste Ahnung, wie sie jetzt mit ihm, seinem Körper und der ganzen Situation
umgehen sollte, aber langsam war es ihr auch egal.
Sie
hatte sich auf der Fahrt hierher das Hirn zermartert, wie sie nun weiter vorgehen
sollte. War es richtig, ihn ihre Leidenschaft, ihr Verlangen spüren zu lassen?
Ihn zu ermutigen, egal wie sich sein Zustand entwickelt hatte? Oder würde sie
ihn gerade dadurch wieder verschrecken, ihn zurückweichen lassen? Würde er sich
in sein Schneckenhaus verkriechen, wenn sie ihm offen zeigte, dass er sie sexuell
noch genauso anzog wie früher? Sie war zu keinem Ergebnis gekommen, aber sie
spürte jetzt ihre Geduld in demselben Ausmaß schwinden, in dem
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