Emma
es Davide freuen wird, dich zu sehen, wenn er
endlich aufwacht!“
„Wenn
er aufwacht?“ Sie sah ihn mit großen Augen an. „Gibt es denn Neuigkeiten!“
„Ja.
Sie werden ihn heute langsam aus dem Koma holen. Sie wissen nicht genau, wie
lange es dauern wird, bis er ganz aufwacht, aber vermutlich wird es heute noch
passieren.“
„Das
ist … das ist absolut fantastisch!“ Emmas Augen begannen zu leuchten.
Antonio
nickte zufrieden.
Den
Rest der Strecke schwiegen sie beide und bereits nach wenigen Augenblicken
waren sie auch schon am Ziel. Die Pension lag tatsächlich so nahe am Klinikum,
dass sie sie abends von hier aus leicht zu Fuß erreichen konnten. Paola hatte
eine gute Wahl getroffen.
Die
Abteilung Orthopädie/Traumatologie, in die man Davide am frühen Morgen verlegt
hatte, befand sich am diagonal entgegengesetzten Ende des Geländes, auf der
anderen Straßenseite wie die Notaufnahme. Ettore folgte dem Labyrinth an
Einbahnstraßen, das teilweise so eng war, dass Emma besonders bei der
Unterführung, die sie unter der Via Giustiniani hindurch auf die richtige Seite
brachte, automatisch die Augen schloss und auf das Kratzen von Metall auf Beton
wartete. Doch nichts geschah, Ettore brachte sie sicher bis vor den Eingang des
richtigen Gebäudes.
Dort
angekommen, nahmen sie den Aufzug, der sie in den dritten Stock brachte. Ab
jetzt hieß es wieder warten.
Sie
wechselten sich ab. Gegen Mittag erhielt Antonio schließlich eine Nachricht von
einem der Abteilungsleiter, die er dringend sprechen wollte und entschied, sich
noch am Nachmittag mit ihm zu treffen. Vorher wollte er noch etwas essen, doch
Emma kam nicht mit, sie hatte keinen Hunger. So würde sie ihren BMI
wahrscheinlich nie erreichen, dachte sie mit einem grimmigen Lächeln, doch das
war ihr in diesem Moment herzlich unwichtig.
Davide
regte sich nicht. Das Medikament, das ihn ruhiggestellt hatte, war abgesetzt
worden, man wollte ihm aber nichts verabreichen, das ihn künstlich aufweckte.
Also konnte es dauern, ehe er von selber aufwachte.
So
wappnete sie sich mit Geduld.
Sie
saß einfach nur an seinem Bett und wartete. Betrachtete ihn, sein müdes, leicht
deformiertes Gesicht, seine geschlossenen, aber sichtlich geschwollenen
Augenlider. Seine Haut war bleich und stellenweise noch immer blutunterlaufen,
besonders um das Auge herum, um das sich das Veilchen gebildet hatte.
Sie
wagte nicht, sein Gesicht zu berühren, so gerne sie es auch getan hätte, sie
hatte einfach zuviel Angst, ihm wehzutun. Sie hatte ihm genug Schmerzen
zugefügt, wahrscheinlich genug für zwei Leben!
Ein
Vorwurf begann sich in ihrem Hinterkopf zu formen, leise zuerst,
unaufdringlich, doch dann immer lauter, immer wilder, immer eindringlicher:
„Meine
Schuld, dass er hier liegt, ich hätte ihn fast umgebracht! Es ist alles meine
Schuld...! Er hätte sterben können, durch meine Schuld, ich bin schuld, an
allem, was ihm passiert ist...!“
Schließlich
brach sie in haltloses Schluchzen aus. Es war ihr egal, ob er sie hören konnte
oder nicht, sie konnte ihre heißen Tränen unmöglich noch länger zurückhalten.
Hemmungslos
weinte sie vor sich hin, das Gesicht in seine Laken gepresst, die Schultern auf
seine Matratze gestützt. Dass es sein Bett ebenso heftig schüttelte wie ihren
eigenen Körper, nahm sie nicht mehr wahr.
Schließlich
wurde ihr Schluchzen leiser.
Dann
plötzlich und unerwartet – eine Hand auf ihrem Kopf. Emma erstarrte. War jemand
während ihres Ausbruchs ins Zimmer gekommen?
Wie
peinlich, wenn nun Antonio früher als erwartet zurückgekommen war, und sie so gefunden hatte!
„Musst
- du bei - mir immer weinen - meine Schöne?“
Seine Stimme – schwach, doch unverkennbar!
Er
sprach langsam, leise und sehr mühsam.
Emma
war wie gelähmt.
Davide
war aufgewacht!
Langsam,
ganz langsam hob sie den Blick zu seinem Gesicht.
Er
hatte den Kopf leicht geneigt, um sie besser sehen zu können. Seine Augen waren
noch etwas geschwollen und blutunterlaufen und er sah sie nur aus schmalen
Schlitzen an, aber er sah sie an.
„Oh
mein Gott, du bist wach!“, heulte sie hysterisch auf.
„Na,
na!“ Nun schloss er die Augen wieder und wandte den Kopf ab. „Dieser - Lärm
weckt - ja Tote - auf!“
Emma
kicherte unkontrolliert unter Tränen. „Dann habe ich es ja richtig gemacht!“
Er
tätschelte ihre Wange und versuchte ein missglücktes Grinsen, was ihm nur
beinahe gelang.
„Ich
bin - so müde! - Schlafen!“
Er
zog seine Hand zurück und
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