Emma
Minuten, um wenigstens ihr Gesicht nicht ganz
zu verlieren, und verschwand ziemlich bald wieder.
Als
Sergio sie wieder einmal bis zum Aufzug begleitete, schenkte er ihr einen
aufrichtig bedauernden Blick.
„Tut
mir echt leid, dass er dich so behandelt, glaub mir!“
„Das
macht nichts“, wehrte sie mit Tränen in den Augen ab. Sein Mitgefühl ließ ihre
Schutzmauern wanken. „Ich habe genau das verdient, was ich jetzt bekomme!“ Sie
seufzte tief auf. „Du ahnst ja nicht, wie sehr ich ihn verletzt habe!“
„Trotzdem
ist es nicht richtig, was er da mit dir anstellt!“, widersprach er störrisch.
„Ich hab ihn gestern ganz frech gefragt, warum er dich nicht wenigstens hier
übernachten lässt, damit du nicht immer hin und her fahren musst!“
„Das
hättest du nicht tun sollen!“, ihre Stimme klang mit einem Mal müde und
resigniert. „Ich will nicht, dass du deswegen auch noch in Schwierigkeiten
gerätst!“
„Ach
was! Er kann schimpfen soviel er will, ihm ist trotzdem klar, dass er mich
braucht! - Aber weißt du, was er mir darauf geantwortet hat?“
„Nein,
was denn?“
„Er
sagte wörtlich: Ich kann es nicht ertragen, sie in der Nähe zu haben, Sergio!
Dann hab ich ihn gefragt, warum nicht. Und er hat gesagt, das geht mich nichts
an. Wenn du mich fragst, Prinzessin, dann liebt er dich immer noch, aber er hat
Angst. Für einen Mann wie ihn ist das peinlich, verstehst du? Nicht können und
so. Du weißt schon, was ich meine!“
„Ja,
ich weiß!“, ihre Stimme klang dünn. „Aber er will ja nicht darüber reden! Nicht
einmal mit mir!!“
„Mit
dir am allerwenigsten!“, berichtigte Sergio sie. „Da würde er sich eher noch bei
mir darüber auslassen, denke ich. Aber so gut kennen wir uns noch nicht, das
ist noch zu früh!“
Emma
seufzte. „Es ist schwerer, als ich dachte!“
„Du
schaffst das schon, hab Geduld. Seit er hier ist, kommt jeden Tag der
Physiotherapeut, der arbeitet mit ihm und nimmt ihn hart ran und der hat mir
gesagt, dass er bestimmt schon bald große Fortschritte machen wird. Er ist sehr
ehrgeizig! Dann wird alles besser, halt durch!“
„Ach
Sergio!“, nun unterdrückte sie mühsam ein Schluchzen. „Hör jetzt auf damit, ja?
Wenn du noch ein einziges nettes Wort zu mir sagst, dann fange ich wirklich
noch an zu heulen! Ich bin das nicht mehr gewöhnt!“
„Dann
geh mal lieber, ich kann mit weinenden Frauen nicht viel anfangen!“, empfahl er
ihr skeptisch. „Aber Kopf hoch, es wird mit jedem Tag besser, glaub mir!“
Diese
Hoffnung erlaubte Emma sich tatsächlich.
Und
sie bekam durch eine SMS von Davide zusätzliche Nahrung, denn er schrieb ihr am
Donnerstagmorgen, er wolle sie sprechen, sobald sie es einrichten könne. Es
klang weder beruhigend noch beängstigend, sondern völlig neutral. An diesem Tag
machte der Fotograf zu ihrer großen Freude außerdem schon am späten Nachmittag
Schluss mit den Aufnahmen und so schaffte sie es tatsächlich zum ersten Mal
seit Tagen, einigermaßen frühzeitig in Davides Wohnung zu erscheinen.
Er
saß auf seiner Terrasse und starrte blicklos in die Ferne. Wenn man ihn so sah,
dachte Emma bei sich, als sie durch die große Glastüre zu ihm nach draußen
trat, deutete nichts darauf hin, wie knapp er mit dem Leben davongekommen war.
Sie
schauderte. Es war Zeit, Sergio zu rufen, damit er Davide hineinbrachte, die
Sonne war bereits am Untergehen und es wurde merklich kühler hier oben.
Sie
trat leise neben ihn. Er sah auf.
„Da
bist du ja!“
Seine
Stimme klang noch immer sehr müde, ein Umstand, der Emma Sorgen bereitete. Noch
immer schien er nicht zu seiner früheren Lebensfreude zurückfinden zu können.
Oder zu wollen.
„Du
wolltest mich sprechen? Kann ich irgendetwas für dich tun? Brauchst du etwas?
Soll ich uns was zu Essen machen? Oder eine Pizza holen?“
„Nein,
nichts, Emma, danke! Alles was ich jetzt noch brauche, kann Sergio für mich
erledigen.“
„Ich
werde ihm sagen, dass er dich hineinbringen soll, einverstanden? Es fängt an
kühl zu werden, finde ich! Du sollst dich nach Möglichkeit nicht auch noch
erkälten!“
„Ja,
tu das!“
Er
schwieg wieder und Emma überlegte, ob sie ihn noch einmal darauf ansprechen
sollte, weswegen er sie denn hatte sprechen wollen, entschied aber dann, es
nicht zu tun.
„Wenn
du mich nicht brauchst, dann gehe ich uns jetzt was kochen“, meinte sie
schließlich zögernd. Er erschien ihr heute bedrückter als sonst. Noch ferner, noch
fremder.
„Ich
möchte nicht,
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