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Emmas Story

Emmas Story

Titel: Emmas Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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ist.«
    »Was haben deine Eltern dazu gesagt?«
    »Ich hab sie nicht danach gefragt«, grinst Lu, aber dann wird sie ernster: »Mama hatte Angst, dass ich dort bleibe. Sie hatte schon immer diesen Knall, dass ich ihnen den Rücken kehren würde, sobald ich an der Coppa Cabana stehe. Erst als ich nach dem ersten Mal wieder zurückkam und einen Dia-Abend für sie und Papa veranstaltet habe, hat sie sich wieder abgeregt. Bis zur nächsten Reise nach Brasil.«
    »Das klingt ja noch genauso wie früher«, schmunzele ich. Unsere gesamte Jugendzeit hindurch war Lus Verhältnis zu ihrer Mutter davon geprägt, dass ihre Mutter extrem klammerte und Lu fortwährend um Autonomie bemüht war. Es war ein ständiges Festhalten und Losstrampeln. Alle zwei Tage gab es einen heftigen Streit und am darauf folgenden eine rührende Versöhnung.
    »Ach nein«, lächelt Lu jetzt. »Wir verstehen uns prima. Weißt du, es ist eben schwer, wenn du dich nicht abnabeln kannst, weil keine Nabelschnur da war. Ich habe oft die Kinder beneidet, die adoptiert werden, wenn sie noch Babys sind und die lange Zeit nicht wissen, dass ihre Eltern nicht ihre Eltern sind.«
    »Und jetzt?«
    »Jetzt bin ich ich. Alles war wie es war. Mama ist Mama. Papa ist Papa. Ich lieb sie wie verrückt und sie mich. Also? Einmal muss du aufhören, dich mit Vergangener zu beschäftigen.«
    So selbstverständlich sagt sie das. Typisch für sie. So war sie früher schon. Wenn sie sich für etwas oder jemanden entschied, wankte sie keinen Millimeter mehr. Wenn sie mir wieder einmal eine meiner Gehässigkeiten verzeihen wollte, hatte sie schon verziehen. Wenn sie beschloss, dass etwas vorbei war, war es vorbei.
    Eigentlich war klar, dass sie das sogar mit dem schwierigsten Thema in ihrem Leben irgendwann hinbekommen würde.
    »Vergangenem«, korrigiere ich.
    »Vergangenem«, wiederholt Lu leise und sieht mich sehr merkwürdig an. Ich kann ihren Blick geradezu körperlich spüren. Und er ist nicht angenehm. Ich fühle mich durchbohrt, ohne genau sagen zu können, wo die Einstichwunde sich befindet.
    »Und was ist mit dir und Frauke?«
    Der Satz hängt zwischen uns in der Luft.
    Wer neugierig ist, muss mit Neugierde rechnen.
    »Nichts«, erwidere ich ruhig.
    »Das sah aber auch anders aus«, bemerkt Lu.
    Ich zucke die Achseln. Über Frauke und meine unerfüllte Liebe will ich nun wirklich nicht sprechen. Mit Lu am allerwenigsten.
    »Ich meine, sie hat zwar ihre süße Antonie, aber trotzdem hat sie immer nach dir geschaut.«
    Jetzt horche ich auf. Ich war davon ausgegangen, dass Lu lediglich mein Interesse an Frauke bemerkt hat. Ihre Worte klingen nun aber so, als hätte sie auch von der anderen Seite durchaus etwas wahrgenommen.
    »Nach mir?«, wiederhole ich lahm.
    Lu wühlt mit einem Finger im Moos herum. »Ja, nach dir. Wo du bist. Was du machst. Mit wem du sprichst. Merkt man schon ganz schön doll, dass da irgendwas ist zwischen euch. Auch wenn du sagst, dass es nichts heißt.« Sie schmunzelt. Das kann ich hören. Obwohl ihr Gesicht sich hinter dem Schwung ihres dunklen Bubikopfes verbirgt, während sie scheinbar angestrengt aufs Moos hinuntersieht.
    »Na ja, es war mal was …«, gebe ich jetzt zu. Frauke guckt, was ich mache? Mit wem ich spreche? Wo ich bin? Mir fällt auf, dass mein Herz sehr kräftig schlägt. »Vor etwa einem halben Jahr, als wir uns beim Chatten kennen gelernt haben. Das war eine ziemlich wirre Zeit. Ich war noch mit Ramona zusammen. Frauke hatte sich gerade von ihrem Freund Lothar getrennt. Und irgendwie wusste ich nicht rechtzeitig, was ich wirklich will. Oder vielleicht wusste ich es schon, habe es ihr aber nicht rechtzeitig gezeigt. Jedenfalls war ich viel zu lahm, und dann ist Antonie mir zuvorgekommen.«
    Lu lacht auf. »Ja, die ist bestimmt ziemlich schnell, wenn sie etwas will.«
    Was es daran zu lachen gibt, kann ich nun wirklich nicht nachvollziehen.
    »Das klingt ja so, als würdest du nach eurer einmaligen Begegnung schon ziemlich viel von ihr halten. Ich wette, Antonie geht es da genauso. Vielleicht möchtest du ihre Telefonnummer?« Ich kann selbst hören, wie spitz meine Worte klingen.
    Lu grinst immer noch. »Hab ich schon.«
    Jetzt muss ich schlucken.
    »Wow. Das entwickelt sich ja schnell mit euch. Soll ich Frauke schon mal vorwarnen?«
    Jetzt verschwindet Lus Lachen schlagartig aus ihrem Gesicht. »Weißt du, Emma, du glaubst doch immer, dass du so sensibel bist und alles erspürst … wie kommst du auf die Idee, dass Antonie

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