Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen

Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen

Titel: Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Konrad
Vom Netzwerk:
und lesen Sie sie anschließend. Prüfen Sie, ob Ihr Text das Gefühl der Sehnsucht authentisch vermittelt.

Eifersucht und Neid
    Eifersucht und Neid sind nagende Gefühle, denen etwas Negatives innewohnt. Neidisch sind wir, wenn wir einem anderen nicht gönnen, dass er es (vermeintlich) besser hat als wir.
    Eifersucht dagegen empfinden wir, wenn ein anderer uns vorgezogen wird. Beiden Gefühlen ist gemeinsam, dass sie etwas Zehrendes an sich haben. Sie streben nach Befriedigung. Die Erfüllung kann darin liegen, das Defizit auszugleichen, den Mangel zu beheben, oder aber darin, den Widersacher zu schädigen und dadurch Genugtuung zu finden. François Lelord und Christophe André beschreiben in ihrem Buch Die Macht der Emotionen (2005) als typisch für einen eifersüchtigen Menschen:
    •Er überwacht den Partner ständig und übt Kontrolle aus.
    •Er schränkt den Partner ständig ein und verhindert dessen Kontakte.
    •Er versucht den Partner abzuwerten, wertet sich aber im Grunde genommen selbst ab.
    Die eifersüchtige Gefühle können sehr verschieden sein. Zorn und Furcht herrschen meistens vor, es kann aber auch zu Traurigkeit oder Schamgefühlen kommen. Beim Neid unterscheiden die beiden Autoren zwischen depressivem Neid, feindseligem Neid und bewunderndem/nacheiferndem Neid. Für den neidischen Menschen ist typisch:
    •Er vergleicht seine Lage mit der des anderen.
    •Er empfindet eine Atmosphäre der Vergiftung, der Neid ist »wie ein Stachel«.
    •Er strebt danach, den anderen abzuwerten, um sich selbst zu erhöhen.
    Eifersucht und Neid sind klassische Themen der Literatur. Ein Prototyp ist Othello von William Shakespeare. Der dunkelhäutige Othello ist ein erfolgreicher Feldherr. Darum wird er von dem venezianischen Edelmann Jago beneidet. Als Othello dann auch noch den jungen Adligen Cassio zum Leutnant macht – was Jago eigentlich für sich reklamiert hätte – intrigiert er gegen ihn. Er bringt Othello auf den Gedanken, seine Frau Desdemona betrüge ihn mit Cassio – und Othello wird rasend vor Eifersucht. Am Ende ersticht er seine Frau, die er doch so sehr liebt. Feridun Zaimoglu, der zusammen mit Günter Senkel das Stück 2004 neu übersetzt hat, erkennt in dem Drama rassistische Züge, denn der schwarzhäutige Othello bleibt ein Negativheld, dem es nicht gelingt, die Situation zu durchschauen und seiner Gefühle Herr zu werden.
    In der modernen Übersetzung klingt Othellos Ausbruch, als ob Eifersucht heute nur so ausgedrückt verstanden würde: »Othello: …Solch eine Hurensau wie du ist mir aber noch nicht untergekommen.
    Desdemona: Ich bin keine Nutte! Du bist die Nutte! Ich hasse dich!
    Othello: Schrei, so viel du willst. Vielleicht tue ich dir Unrecht. Vielleicht verwechsle ich dich mit der venezianischen Soldatendirne, die mit dem Negergeneral Schoko verheiratet ist.«
    Deutlich hört man die Gefühlswallungen, die heftigen Vorwürfe und die Unterstellungen heraus, die für Eifersucht typisch sind.
    Und so lautet es in einer älteren Übersetzung von Wolf Heinrich Graf Baudissin (1950), die stärker an das Original angelehnt ist:
    »Desdemona: Grausamer Tod, der nur um Liebe tötet! – Ach, warum nagst du so die Unterlippe? Dein ganzer Bau erbebt in blut’ger Wut. Das sind Vorzeichen, doch ich hoff’, ich hoffe, sie deuten nicht auf mich!
    Othello: Schweig und sei still!
    Desdemona: Ich schweige, was begehrst du?
    Othello: Das Tuch, das ich so wert hielt und dir schenkte, du gabst es Cassio.«
    Während die Eifersucht stark vom Vorwurf geprägt ist, geht der Neid oft mit Verschlagenheit einher. Jago äußert sich bösartig über Othello, aber nicht in nackter Wut, sondern er verschleiert seine Gefühle. So klingt der Neid in der Übersetzung von Feridun Zaimoglu:
    »Jago: … Unser General hat es eilig, sich mit seiner schönen Braut vertraut zu machen. Deshalb hat er uns so früh eingeteilt, ich will ihm nicht böse sein. Stellen Sie sich vor, was muss Schoko an Körperbeherrschung aufbringen, dass ihm auch keiner die animalische Lust anmerke. Mit Verlaub – unser einer würd den Kopf unter Wasser halten immer wieder.«
    Und so hört es sich in der älteren Übersetzung an:
    :»Jago: Dass Cassio sie liebt, das glaub ich wohl;
    dass sie ihn liebt, ist denkbar und natürlich.
    Der Mohr (obschon ich ihm von Herzen gram)
    Ist liebevoller, treuer, edler Art (…)
    Weil ich vermute, dass der üpp’ge Mohr
    Mir ins Gehege kam und der Gedanke
    Nagt wie ein fressend Gift in meinem

Weitere Kostenlose Bücher