Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen
Innern.
Nichts kann und soll mein Herz beruhigen, bis ich ihm wett geworden Weib um Weib.
Oder, schlägt dies mir fehl, bring’ ich den Mohren in Eifersucht so wilder Art, dass nie Vernunft sie heilen kann.«
Othello wird vielfach zitiert, so auch in der Novelle Erste Liebe von Iwan Turgenjew (1860), die in der Übersetzung von Ena von Baer (2005) vorliegt. Hier identifiziert sich der 16-jährige Volodja in einer Situation mit Othello, in der er sich bei seiner eigenen Eifersucht ertappt. Er hat sich in die 22-jährige Tochter seines Nachbarn verliebt, besucht das Mädchen auch häufiger, das stets von einer ganzen Schar von Verehrern umringt ist. Volodja spürt, dass sich ihr Herz einem anderen zuwendet – aber wem? Seine Eifersucht ist noch sehr kindlich. »… Der eifersüchtige, zu jedem Mord bereite Othello verwandelte sich plötzlich in einen Schuljungen …«. Als er erfährt, dass Sinaida sich in seinen eigenen Vater verliebt hat, muss er dies erst verarbeiten. Aber es gelingt ihm. Weitaus bitterer ist die Eifersucht der Mutter.
»Als ich eines Tages nach einem längeren Spaziergang zum Mittagessen zurückkehrte, erfuhr ich zu meiner Überraschung, dass ich allein essen würde, da mein Vater abgereist sei und Mutter sich schlecht fühle, nicht zu essen wünsche und sich in ihrem Zimmer eingeschlossen habe. Die Gesichter der Diener verrieten mir, dass etwas Außergewöhnliches geschehen war. (…) Von ihm erfuhr ich, dass es zwischen meinem Vater und meiner Mutter eine furchtbare Szene gegeben habe. (…) Meine Mutter hätte dem Vater Untreue und seine Bekanntschaft mit dem Nachbarfräulein vorgeworfen, Vater hätte sich gerechtfertigt, schließlich aber im Zorn ein hartes Wort gesagt, ›anscheinend über ihr Alter‹, worüber die Mutter geweint und ihn an den Wechsel, den sie der alten Fürstin gegeben, erinnert hätte, wobei sie sich sehr schlecht über das junge Fräulein und sie geäußert habe. Da hätte Vater gedroht. Und das ganze Unglück sei durch einen anonymen Brief gekommen, fuhr Philipp fort. Man wisse nicht, wer ihn geschrieben habe, sonst hätte es keinen Anlass gegeben, diese Dinge ans Tageslicht zu bringen.« So knapp wird das Eifersuchtsdrama zwischen den Eltern zusammengefasst.
Klassische Eifersuchtsszenen sind kein neuartiges literarisches Motiv. Wenn Sie über Eifersucht schreiben wollen, sollten Sie etwas anderes suchen als die ewig gleichen Szenen, wie:
•Sie stellt ihm nach und lässt ihn durch einen Privatdetektiv beschatten.
•Er trifft in der Bar auf seinen Nebenbuhler und es kommt zur Auseinandersetzung.
•Die Partnerin wird mit dem Liebhaber in flagranti ertappt. Es gibt eine heftige Auseinandersetzung.
•Die Partnerin findet die Liebesbriefe ihrer Nebenbuhlerin in den Unterlagen ihres Ehemannes – gähn.
Anregung
1.Schreiben Sie eine kleine Geschichte über den Neid . Stellen Sie sich zwei Nachbarn vor: Der eine hat ein Haus mit Garten und ein schickes Auto, ist glücklich verheiratet mit Frau und Kindern und erfolgreich im Beruf. Der andere wollte mit ihm gleichziehen, hat sich aber nun verschuldet und muss sein Haus verkaufen. Die Frau ist ihm weggelaufen und hat die Kinder mitgenommen. Der Nachbar, der alles hat, lädt den anderen gutmeinend zu einer Gartenparty ein. Wird er kommen? Und, wenn ja, mit welchen Gefühlen? Wie wird er reagieren? Mit Resignation oder mit Aggression?
2.Machen Sie es wie Feridun Zaimoglu und kleiden Sie einen älteren Text über die Eifersucht in ein neues sprachliches Gewand, zum Beispiel die Erzählung Der Findling (1811) von Heinrich von Kleist.
Trauer
Trauer wird meist durch eine große seelische Erschütterung ausgelöst, der die Stille des Schmerzes folgt. Trauer ist oft die Reaktion auf den Verlust einer Person oder eines Lebensumstandes. Schon die Dichter der Antike haben über die Trauer geschrieben. Der römische Dichter Catull, der aus Verona stammte und im ersten vorchristlichen Jahrhundert lebte, verfasste ein Gedicht zum Tode seines Bruders mit dem Titel »Am Grabe des Bruders«. Darin heißt es unter anderem:
»Bin durch zahlreiche Völker und zahlreiche Meere gefahren,
Komm nun, Bruder, hierher, traurige Spende zu weih’n, (…)
Jetzt jedoch nimm hier indes, was ich nach der Sitte der Väter –
Ach, ein so traurig Geschenk! – als meine Spende dir geb!
Nimm’s, wie’s noch mit Tränen benetzt, von dem weinenden Bruder!
Und nun auf ewig somit, Bruder, leb wohl und ade!«
Im Mittelalter gab es Rituale,
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