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Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Titel: Empfindliche Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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den Planern der Operation, die auch in der Lage waren, ihren Ausgang zu beurteilen. Denn das waren Sie ja erwiesenermaßen nicht , richtig? Sie hatten keine Ahnung von dem Ausgang. Sie reden einfach nur nach, was andere Ihnen vorsagen. Erst glauben Sie, was Sie von den Planern hören. Dann glauben Sie, was Jeb Owens Ihnen erzählt. Auf keiner substantielleren Grundlage als Ihren jeweiligen Sympathien. Habe ich nicht recht?«
    Und ohne Kit Zeit zu einer Antwort zu lassen, stellte sie schon die nächste Frage:
    »Können Sie mir bitte sagen, wie viel Alkohol Sie zu sich genommen hatten, bevor Sie an besagtem Abend nach oben gingen?«
    Kit zögerte, blinzelte dann mehrmals, wie jemand, der den Weg verloren hat und ihn wiederzufinden versucht.
    »Nicht viel«, sagte er. »Hat nicht lang angehalten. Ich bin das Trinken gewohnt. Und wenn man so einen Schrecken kriegt, ist man schlagartig stocknüchtern.«
    »Haben Sie irgendwann geschlafen?«
    »Wo geschlafen?«
    »In Ihrem Club. In Ihrem Zimmer im Club. In dieser Nacht beziehungsweise an diesem Morgen. Haben Sie geschlafen oder nicht?«
    »Wann zum Teufel hätte ich denn schlafen sollen? Wir haben doch die ganze Zeit geredet!«
    »Ihrem Schriftstück zufolge hat Jeb sich bei Tagesanbruch von Ihnen verabschiedet und den Club verlassen, auf welchem Weg, wissen wir nicht. Sind Sie wieder eingeschlafen, nachdem Jeb auf so wundersame Weise verschwunden war?«
    »Wie soll ich wieder eingeschlafen sein, wenn ich vorher gar nicht geschlafen hatte? Und es war nichts Wundersames an seinem Verschwinden. Es war professionell. Er ist ein Profi. War ein Profi. Er kannte alle Tricks.«
    »Und als Sie aufwachten – Simsalabim, war er nicht mehr da.«
    »Er war schon gegangen, wie oft denn noch! Nichts Simsalabim, verdammt! Einfach Können. Jeb war ein Könner « – er betonte das Wort, als wäre es der Gipfel der Exotik.
    Lionel schaltete sich ein, der redliche Lionel:
    »Kit – von Mann zu Mann –, sagen Sie uns doch einfach, wie viel Jeb und Sie in der Nacht weggezecht haben. Ganz grob wenigstens. Niemand hängt seinen Alkoholkonsum gern an die große Glocke, aber wenn wir dieser Sache auf den Grund gehen wollen, brauchen wir die ganze Geschichte, mit allen schmutzigen Details.«
    »Wir haben warmes Bier getrunken«, erwiderte Kit verächtlich. »Jeb hat an seinem nur genippt und das meiste davon stehen lassen. Jetzt zufrieden?«
    »Aber letztlich« – Lionel sah jetzt auf seine rötlich behaarten Finger statt auf Kit –, »wenn man es ganz realistisch betrachtet, reden wir trotzdem über zwei Pint Bier, oder? Und Jeb, wie Sie sagen, ist kein großer Trinker – oder war kein großer Trinker, der arme Kerl –, also haben vermutlich Sie den Rest weggesüffelt. Richtig?«
    »Kann schon sein.«
    Frances redete wieder mit ihren Aufzeichnungen:
    »Das heißt, unterm Strich zwei Pint Bier zusätzlich zu dem sehr beträchtlichen Quantum an Alkohol, das Sie während und nach Ihrem Abendessen getrunken hatten, nicht zu vergessen die beiden doppelten achtzehn Jahre alten Macallans mit Crispin im Connaught, bevor Sie überhaupt im Club ankamen. Alles zusammen also zwischen 1 , 8 und 2 Promille. Man könnte auch gewisse Rückschlüsse aus der Tatsache ziehen, dass Sie den Nachtportier nicht um zwei Biergläser angegangen haben, sondern um eins. Im Endeffekt haben Sie also nur für sich bestellt. Allein.«
    »Habt ihr in meinem Club rumgeschnüffelt? Das ist ja wohl das Letzte! Natürlich durfte es nur ein Bierglas sein! Glaubt ihr, ich wollte dem Portier auf die Nase binden, dass ich einen Mann bei mir im Zimmer habe? Mit wem habt ihr denn überhaupt geredet? Dem Sekretär? Ach du grüne Neune!«
    Der Appell galt Lionel, aber Lionel war wieder damit beschäftigt, sein Haar zu tätscheln, und Frances hatte noch mehr zu sagen:
    »Wir wissen außerdem aus verlässlicher Quelle, dass es für niemanden, Könner hin oder her, möglich ist, ungesehen ins Innere Ihres Clubs zu gelangen, weder durch den Lieferanteneingang an der Hinterseite des Hauses noch durch die Eingangstür, die rund um die Uhr überwacht wird, sowohl vom Portier als auch per Videokamera. Einmal davon abgesehen, dass alle Mitarbeiter des Clubs polizeilich überprüft und sicherheitsgeschult sind.«
    Kit rang nach Worten, rang nach Luft, rang um Verständlichkeit, um Mäßigung, um Sinn :
    »Hören Sie, Sie alle beide. Nehmen Sie nicht mich ins Verhör. Verhören Sie Crispin. Verhören Sie Elliot. Halten Sie sich an die

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