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Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Titel: Empfindliche Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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Uhr.« Und zu Toby, nach rascher Musterung (Krawatte, Jackett, dazu passende Hose): »Sie können rein, vorausgesetzt, Sie sind sein Gast. Wird er für Sie als Gast bürgen?«
    Toby ignorierte die Frage und wandte sich an Emily:
    »Bevor du hier drin rumstehst, ruf lieber schon mal ein Taxi und setz dich rein, bis wir kommen.«
    An schwach beleuchteten Tischen, umstanden von Mauern aus alten Büchern, steckten ergrauende Männer über ihren Drinks die Köpfe zusammen. Ein Stück weiter hinten, in einer von Marmorbüsten bewachten Nische, saß Kit über einen Whisky gebeugt. Seine Schultern zuckten zu dem unruhigen Rhythmus seines Atems.
    »Ich bin’s, Bell«, sagte Toby dicht an seinem Ohr.
    »Wusste gar nicht, dass Sie Mitglied sind«, erwiderte Kit, ohne den Kopf zu heben.
    »Bin ich auch nicht. Ich bin Ihr Gast. Und ich würde von Ihnen gern ein Glas spendiert bekommen. Wodka, wenn’s geht. Einen großen«, sagte er zu einem Kellner. »Auf Sir Christophers Rechnung bitte. Tonic, Eis, Zitrone.« Er setzte sich. »Mit wem haben Sie im Ministerium gesprochen?«
    »Geht Sie nichts an.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher. Sie haben Ihre Demarche gemacht. Sehe ich das richtig?«
    Kit ließ den Kopf unten. Ausgiebiger Schluck Whisky.
    »Tolle Demarche«, murmelte er.
    »Sie haben Ihr Dokument vorgelegt. Das Sie aufgesetzt haben, während Sie auf Jeb gewartet haben.«
    Mit übergroßer Beflissenheit stellte der Kellner Tobys Wodka auf den Tisch, zusammen mit Kits Rechnung und einem Kugelschreiber.
    »Gleich«, sagte Toby scharf zu ihm und wartete, bis er weg war. »Sagen Sie mir nur eins, bitte. Kam in Ihrem Dokument – komme in Ihrem Dokument – auch ich vor? Haben Sie es beispielsweise für nötig erachtet, eine gewisse unerlaubte Tonbandaufnahme zu erwähnen? Oder Quinns ehemaligen persönlichen Referenten? Ja, Kit? Oder nein?«
    Kits Kopf blieb gesenkt, bewegte sich aber von einer Seite auf die andere.
    »Dann werde ich also in keiner Weise genannt? Stimmt das? Oder verweigern Sie einfach nur die Antwort? Kein Toby Bell? Nirgends? Weder schriftlich noch in Ihrer Unterhaltung mit ihnen?«
    »Unterhaltung!«, sagte Kit mit rauem Auflachen.
    »Haben Sie etwas von mir gesagt, oder haben Sie nichts gesagt? Ja oder nein?«
    »Nein! Natürlich nicht! Wofür halten Sie mich? Für einen Vollidioten und Denunzianten?«
    »Ich war gestern bei Jebs Witwe. In Wales. Wir haben lange geredet. Sie hat mir ein paar vielversprechende Hinweise gegeben.«
    Endlich hob sich Kits Kopf, und an den Rändern seiner geröteten Augen sah der verlegene Toby Tränen.
    »Sie waren bei Brigid?«
    »Ganz genau. Bei Brigid.«
    »Wie ist sie, das arme Mädchen? Heiliges Kanonenrohr …«
    »So tapfer wie ihr Mann. Und der Junge ist auch große Klasse. Sie hat mir Shortys Nummer gegeben. Ich bin mit ihm verabredet. Sagen Sie’s mir noch einmal. Haben Sie mich wirklich nicht erwähnt? Wenn doch, kann ich das verstehen. Ich muss es nur ganz sicher wissen.«
    »Nein und noch mal nein. Sind Sie taub, oder was?«
    Kit unterschrieb die Rechnung, schlug Tobys hilfsbereiten Arm aus und kam schwankend auf die Füße.
    »Und was soll das mit meiner Tochter werden, hmm?«, raunzte er, als sie unerwartet von Angesicht zu Angesicht standen.
    »Wir kommen gut miteinander aus.«
    »Wehe, Sie machen’s wie dieser Saukerl Bernard!«
    »Sie wartet auf uns.«
    »Wo?«
    Eine Hand in Bereitschaft, eskortierte Toby Kit durch die Long Library ins Vestibül, vorbei an dem Sekretär und die Stufen hinunter, an deren Fuß Emily mit dem Taxi wartete; allerdings saß sie nicht, wie angewiesen, darinnen, sondern stand stoisch im Regen und hielt ihrem Vater die Tür auf.
    »Wir fahren direkt nach Paddington«, sagte sie, nachdem sie Kit ins Auto gepackt hatte. »Kit muss was in den Magen kriegen, bevor der Nachtzug geht. Wie steht’s mit dir?«
    »Im Chatham House findet ein Vortrag statt«, sagte er, »bei dem ich mich blicken lassen sollte.«
    »Dann reden wir später?«
    »Ja. Je nach Lage. Gute Idee«, stimmte er zu, während Kit drohend durch die Scheibe zu ihnen herausstierte.
    Hatte er sie belogen? Nicht direkt. Im Chatham House fand in der Tat ein Vortrag statt, bei dem er sich in der Tat blicken lassen sollte, aber er hatte nicht vor, hinzugehen. In seiner Brusttasche, hinter dem silbernen Burner – er spürte die Ränder des Büttenpapiers leicht und scharf an seinem Schlüsselbein –, steckte ein Schreiben von einem nobel klingenden Bankhaus, per Boten am

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