Empfindliche Wahrheit (German Edition)
Amerikaner. Machen Sie diese angebliche Ärztin ausfindig, die behauptet hat, Jeb wäre verrückt geworden, als er in Wahrheit schon tot war.« Stocken. Durchatmen. Schlucken. »Und machen Sie Quinn ausfindig, wo immer er steckt, und lassen sich von ihm erzählen, was da unten auf den Felsen wirklich passiert ist.«
Er hatte geglaubt, am Ende angekommen zu sein, doch dem war nicht so:
»Und halten Sie gefälligst eine öffentliche Untersuchung ab. Identifizieren Sie diese arme Frau und ihr Kind und zahlen Sie der Familie eine Entschädigung! Und wenn das erledigt ist, finden Sie heraus, wer Jeb umgebracht hat, einen Tag bevor er meinen Bericht mit unterschreiben und seinen eigenen dranhängen konnte.« Kleiner Gedankensprung: »Und glauben Sie bloß nichts, was dieser Lackaffe Crispin Ihnen auftischt. Der Kerl lügt, wenn er nur den Mund aufmacht.«
Lionel hatte seinem Haar genügend Trost gespendet:
»Tja, Kit, ich will das hier nicht unnötig aufbauschen, aber wenn es jemals hart auf hart ginge, wären Sie offen gestanden in einer ziemlich ungemütlichen Lage. Eine öffentliche Untersuchung, wie Sie sie fordern – aufgrund Ihres, ja, sagen wir, Ihres Dokuments –, ist Welten entfernt von der Art Anhörung, die Frances und ich anvisieren. Alles, was auch nur ansatzweise das Thema nationale Sicherheit berührt – Geheimoperationen, ob erfolgreich oder nicht, außerordentliche Auslieferungen, ob realisiert oder nur geplant, robuste Verhörmethoden, ob nun unsere oder, wahrscheinlicher, die der Amerikaner –, all das fällt ausnahmslos unter Staatsgeheimnisse, Zeugenaussagen inbegriffen« – respektvoller Blick zu Frances hinüber, die die Schultern straffte und beide Hände flach auf den aufgeklappten Ordner vor ihr legte, als stünde sie im Begriff zu levitieren.
»Es ist meine Pflicht, Sie darauf hinzuweisen, Sir Christopher«, verkündete sie, »dass Sie sich in einer höchst heiklen Position befinden. Sie waren erklärtermaßen an einer gewissen hochgeheimen Operation beteiligt. Die Initiatoren dieser Operation sind in alle Winde zerstreut. Die Dokumentation darüber, mit Ausnahme der Ihrigen, ist lückenhaft. In den wenigen Akten, die dem Ministerium vorliegen, ist nur ein einziger Beteiligter namentlich aufgeführt – Sie. Was im Klartext bedeutet: Sollte Ihr Dokument zu strafrechtlichen Ermittlungen führen, stünden im Mittelpunkt dieser Ermittlungen Sie als verantwortlicher Vertreter der britischen Krone vor Ort, und Sie würden entsprechend zur Rechenschaft gezogen. Lionel?« – mit einer einladenden Wendung zu ihm hin.
»Tja, Kit, das ist die schlechte Nachricht, leider Gottes. Und die gute – hm, da fällt mir im Moment gar nichts ein, fürchte ich. Es ist ein ganzes Paket von neuen Vorschriften eingeführt worden seit Ihrer Zeit, was diese hochsensiblen Themen angeht. Manche sind schon in Kraft, andere werden es in Kürze sein. Und unglücklicherweise fällt Wildlife in etliche dieser Kategorien. Was leider bedeutet, dass jegliche Untersuchung hinter verschlossenen Türen stattfinden müsste. Sollte sie nicht in Ihrem Sinne ausfallen – und sollten Sie dagegen vorgehen wollen, was natürlich Ihr gutes Recht wäre –, würde die daraus resultierende Anhörung durch eine handverlesene Gruppe sorgfältigst instruierter Anwälte vorgenommen werden, von denen sich manche logischerweise nach besten Kräften für Sie einsetzen würden und andere … nicht so sehr. Und Sie – der Anspruchsteller, wie das kurioserweise heißt – wären aus dem Gerichtssaal verbannt, fürchte ich, während die Regierung dem Gericht ihre Sicht der Dinge vorträgt, ohne direkte Konfrontation mit Ihnen oder Ihren Vertretern. Und gemäß den Vorschriften, die derzeit ausgearbeitet werden, könnte die Tatsache, dass überhaupt eine Anhörung stattfindet, ebenfalls der Geheimhaltungspflicht unterliegen. Wie selbstverständlich auch das Urteil als solches.«
Und nachdem er der nächsten Hiobsbotschaft ein betrübtes Lächeln und ein neuerliches Haartätscheln vorausgeschickt hatte:
»Und wie Frances so richtig sagt, sollte es zu einem strafrechtlichen Verfahren gegen Sie kommen, würde von der Anklage nichts nach außen dringen, bis ein Urteil feststeht. Mit anderen Worten, Kit, so drakonisch das klingen mag« – wieder ein teilnahmsvolles Lächeln, wobei unklar blieb, wem genau es galt: »Suzanna würde gar nicht unbedingt wissen , dass Sie angeklagt sind – rein hypothetisch gesprochen natürlich. Oder
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