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Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Titel: Empfindliche Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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lassen.
    »Und er hat dich noch nicht für eine seiner hochprofitablen Geschäftsideen zu gewinnen versucht?«
    »Hat er das bei dir gemacht?«
    »Ganz bestimmt nicht, altes Haus« – mit unechter Leutseligkeit –, »nicht mit mir. Ich bin sauber geblieben. Gute Männer muss man mit der Lupe suchen, sage ich immer. Andere waren nicht so schlau.«
    Woraufhin Toby doch der Geduldsfaden reißt, was ihm bei Gregory häufiger mal passiert.
    »Was soll dieses Affentheater, Gregory?«, fährt er ihn an. Und als von Gregory wieder als Einziges dieses überlegene Grinsen kommt: »Wenn du mich warnen willst – wenn da etwas ist, das ich wissen sollte –, spuck’s aus oder lauf damit zur Personalchefin.«
    Gregory tut so, als zöge er den Vorschlag in Erwägung.
    »Tja, wenn es für dich etwas zu wissen gäbe, altes Haus, könntest du ja jederzeit einen kleinen Plausch mit deinem Busenfreund Giles abhalten, oder?«
    ***
    Eine selbstgerechte Entschlossenheit ergreift von diesem Moment an Besitz von Toby, die er sich auch im Rückblick, an seinem wackeligen Tischchen auf dem sonnigen Gehsteig in Soho, nicht vollends erklären kann. Vielleicht ist es schlicht Ärger darüber, dass man ihm eine Wahrheit vorenthält, die jeder kennt, nur er als Hauptbetroffener nicht. Und wenn Diana ihn anweist, sich wie eine Klette an seinen neuen Chef zu hängen und ihn nicht noch mehr Porzellan zerschlagen zu lassen, ist er es sich dann nicht geradezu schuldig, herauszufinden, was für Porzellan der Mann in der Vergangenheit zerschlagen hat? Politiker, so viel hat seine zugegebenermaßen begrenzte Erfahrung mit dieser Spezies ihn gelehrt, sind Wiederholungstäter. Wenn Fergus Quinn ab jetzt vom Wege abkommt, dann ist es Toby, der begründen muss, warum er ihn von der Leine gelassen hat.
    Aber bei seinem Busenfreund Giles Oakley Rat suchen, wie Gregory es so spöttisch empfohlen hat? Geschenkt. Wenn Giles will, dass Toby etwas erfährt, dann sagt er es ihm. Und wenn er es nicht will, dann wird keine Macht der Welt ihm etwas darüber entlocken.
    Ihn treibt allerdings auch noch etwas anderes, etwas Konkreteres, Ominöseres: das fast schon pathologische Einsiedlertum seines Chefs.
    Was um Himmels willen macht ein ansonsten so extrovertierter Mensch den ganzen Tag in seinem Privatbüro, bei dröhnend lauter klassischer Musik, hinter einer Tür, die nicht nur vor der Außenwelt verschlossen bleibt, sondern auch vor seinen eigenen Mitarbeitern? Was ist in diesen dicken, von Hand gelieferten, doppelt versiegelten Umschlägen mit dem Vermerk PERSÖNLICH & STRENG VERTRAULICH , die aus den Hinterzimmern der Downing Street eintrudeln und die Quinn entgegennimmt, ihren Empfang bescheinigt und sie nach der Lektüre denselben verstockten Kurieren mitgibt, die sie hergebracht haben?
    Es ist nicht nur Quinns Vergangenheit, aus der man Toby ausschließt. Es ist seine Gegenwart.
    ***
    Seine erste Anlaufstelle ist Matti, Karriereagent, Saufkumpan und ehemaliger Botschaftskollege in Madrid. Matti, dessen neuer Einsatz noch nicht angefangen hat, dreht gerade in seinem Hauptquartier drüben in Vauxhall Däumchen. Vielleicht macht die erzwungene Untätigkeit ihn ja mitteilsamer als sonst. Aus undurchschaubaren Gründen – operativer Natur, vermutet Toby – ist Matti unter anderem Mitglied des Lansdowne Clubs Nähe Berkeley Square. Sie treffen sich zum Squash. Matti ist ein langer Lulatsch mit Glatze, Brille und Handgelenken aus Stahl. Toby verliert vier zu eins. Sie duschen, setzen sich an die Bar mit Blick auf den Swimmingpool und beobachten die hübschen Mädchen. Nach ein paar planlosen Bemerkungen kommt Toby zur Sache:
    »Sag du’s mir, Matti, weil sonst alle mauern. Was ist im Verteidigungsministerium schiefgelaufen, als mein Minister im Sattel saß?«
    Mattis langer Ziegenschädel nickt in Zeitlupe.
    »Tja. Viel kann ich dir da nicht sagen«, erklärt er verdrossen. »Dein Chef hat sich zu weit aus dem Fenster gehängt, wir mussten ihm den Arsch retten, und das hat er uns nicht verziehen. Ein Depp eben.«
    »Ihm den Arsch retten? Inwiefern das denn?«
    »Dachte, er kann es im Alleingang machen«, sagt Matti verächtlich.
    » Was im Alleingang machen?«
    Matti kratzt sich die Glatze, sagt wieder: »Tja. Nicht mein Bier. Nicht meine Zuständigkeit.«
    »Das weiß ich, Matti. Das akzeptiere ich. Meine Zuständigkeit ist es ja auch nicht. Aber ich bin nun mal für den Kerl verantwortlich.«
    »Die Nahtstellen zwischen Verteidigungsindustrie und Beschaffung,

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