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Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Titel: Empfindliche Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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sein. Als Privatperson hast du ein Recht auf eine inoffizielle Meinung zu einem privaten Vorschlag.«
    Ella malt mit ihren Wachsmalkreiden einen Dinosaurier. Monika hilft ihr.
    »Wovon redest du da, Horst?«, fragt Toby, auch er jetzt mit gesenkter Stimme. »Was für ein Vorschlag? An wen? In welcher Sache?«
    Horst wirkt unschlüssig, zuckt dann die Achseln.
    »Hmm … Darf ich meinem Chef also sagen, dass Minister Quinns persönlicher Referent von nichts weiß? Du weißt nicht, dass dein Minister und sein extrem wiefer Geschäftspartner meinen Chef drängen, ganz informell in ein Privatunternehmen zu investieren, das auf eine sehr kostbare Art von Ware spezialisiert ist? Die hochwertiger als alles sein soll, was auf dem freien Markt erhältlich ist? Darf ich ihm das offiziell so sagen? Ja?«
    »Sag deinem Chef, was du möchtest. Offiziell oder inoffiziell. Und dann sag mir, was zum Henker das für eine Ware sein soll.«
    Hochrangige Information, antwortet Horst.
    Auch bekannt als Geheimmaterial.
    Zusammengetragen aus strikt privaten Quellen.
    Unverfälscht.
    Durch keinerlei bürokratische Mühlen gegangen.
    Und dieser extrem wiefe Geschäftspartner? Hat er auch einen Namen? – Toby, perplex.
    Crispin.
    Ziemlich eloquenter Bursche, sagt Horst.
    Sehr englisch.
    ***
    »Tobe. Hätten Sie ein Momentchen für mich?«
    Seit ihrer Rückkehr nach London steckt Toby in einer Zwickmühle. Offiziell weiß er nichts über die Angewohnheit seines Ministers, Privatgeschäfte mit seinen amtlichen Pflichten zu vermengen, von dem Skandal im Verteidigungsministerium ganz zu schweigen. Wenn Toby zu seiner Regionaldirektorin geht, die ihm jegliche Nachforschungen in dieser Sache verboten hat, ist das ein Vertrauensbruch gegenüber Matti und Laura.
    Aber auch für sich steht er vor einem Dilemma. Seine Karriere ist ihm wichtig, und nach beinahe drei Monaten als persönlicher Referent des Ministers verspürt er keinerlei Lust, ihr gutes Verhältnis, auf welch tönernen Füßen es auch stehen mag, aufs Spiel zu setzen.
    So schwankt er hin und her, als eines Nachmittags um vier die bekannte Order über das Haustelefon erklingt. Die Mahagonitür ist ausnahmsweise nur angelehnt. Er klopft, drückt sie auf und tritt ein.
    »Machen Sie sie bitte zu. Und drehen Sie den Schlüssel um.«
    Er schließt die Tür, sperrt ab. Der Staatsminister ist ein bisschen zu liebenswürdig für seinen Geschmack, und seine Skepsis wächst noch, als Quinn munter von seinem Schreibtisch aufsteht und ihn mit schulbubenhafter Verschwörermiene zum Erkerfenster führt. Die neu eingebaute Musikanlage, Quinns größtes Glück, spielt Mozart. Er stellt sie leiser, aber mit Bedacht nicht zu leise.
    »Geht’s gut, Tobe?«
    »Bestens, danke.«
    »Tobe, so leid’s mir tut, ich muss Ihnen mal wieder den Abend versauen. Kann ich auf Sie zählen?«
    »Natürlich, Herr Minister. Da ja offenbar etwas Wichtiges ansteht« – o Scheiße, denkt er, Isabel, Theater, schön essen gehen, nicht schon wieder!
    »Ich darf heute Abend zwei Hoheiten bewirten.«
    »Im wörtlichen Sinne?«
    »Im übertragenen. Wobei sie um einiges reicher sein dürften.« Kleines Lachen. »Sie machen mit mir die Honneurs, setzen Ihre Duftmarke, gehen heim. Wie klingt das?«
    »Meine Duftmarke , Herr Minister?«
    »Inner inner circle, Tobe. Könnte sein, dass man Sie an Bord eines gewissen hochgeheimen Schiffes bittet. Mehr sage ich nicht.«
    An Bord? Wer ist »man«? Was für ein Schiff? Und mit wem am Ruder?
    »Sagen Sie mir noch die Namen der Hoheiten, Herr Minister?«
    »Auf gar keinen Fall« – ein komplizenhaftes Lächeln –, »ich habe schon an der Pforte angerufen. Zwei Besucher für den Minister um sieben. Keine Namen, kein Brimborium. Um halb neun sind sie wieder draußen, unregistriert.«
    An der Pforte angerufen? Der Mann hat ein halbes Dutzend Lakaien, die sich alle darum reißen, für ihn an der Pforte anzurufen!
    Er kehrt ins Vorzimmer zurück, trommelt die lustlosen Mitarbeiter zusammen. Judy, die Privatsekretärin, wird mit Wagen und Fahrer ausgestattet und eiligst zu Fortnum’s geschickt, um dort zwei Flaschen Dom Pérignon, Foie gras, Lachspastete, eine Zitrone und eine Auswahl an Knäckebroten zu erstehen. Sie soll ihre eigene Kreditkarte benutzen, und der Minister wird ihr den Betrag erstatten. Olivia, die Protokollsekretärin, lässt sich von der Kantine bestätigen, dass zwei Flaschen und zwei Krüge ungenannten Inhalts bis sieben Uhr im Eis bleiben können, vorausgesetzt, die

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