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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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Zähne, kam zur Spüle und sah mit mir zum Fenster hinaus.
    Sie hatte so etwas schon früher getan. Sie war eine Hure gewesen und hatte Sex mit Männern gehabt, die sie nicht kannte, Gareth hatte sie gezwungen, es Jeremy Tripp zu besorgen, sie und ich hatten es im Wald für Bill Prentice getrieben. Dass sie Jeremy Tripp einen blies, war längst nicht das Schlimmste. Aber es passierte in ihrem Haus, und nicht lange, nachdem Gareth sie zu einer ähnlichen Demütigung gezwungen hatte.
    Ich wusste, sie wollte nicht darüber reden, aber mir schien, als müsste ich etwas sagen.
    »Danke.«
    Das war unangemessen, ich weiß, aber ich dachte, alles andere wäre noch unangemessener gewesen.
    Marla zündete sich eine Zigarette an und drückte die Flamme des Streichholzes zwischen Daumen und Zeigefinger aus. Sie zuckte weder zusammen, noch gab sie einen Laut von sich. Als sie die Zigarette geraucht hatte, drehte sie sich zu mir um. »Gibst du ihm, was er will?«, fragte sie mit übertrieben beherrschter Stimme.
    »Das spielt keine Rolle. Er will uns vernichten. Dass er das Lagerhaus und das Land verlangt, ist nur ein weiterer Schritt auf dem Weg, aber nicht das Ende. Bisher waren seine Angriffe alle persönlich. Er wirft dich aus dem Haus, er fickt dich vor meinen Augen, er vergiftet unsere Pflanzen, er gründet eine Konkurrenzfirma, und Gareth versaut er die Straße zum See. Es geht nicht darum, etwas Materielles zu bekommen, er will nur Rache für Pat. Und er hört nicht damit auf, solange noch einer von uns versucht, sein Leben zu leben. Er wird der Polizei von Stan erzählen, ob ich ihm das Land gebe oder nicht.«
    »Und?«
    »Scheiße, ich weiß nicht …«
    »Klar doch, Johnny. Ich sehe, dass du darüber nachdenkst.«
    »Du meinst, ihn töten? Hältst du mich für so einen Menschen? Glaubst du, ich könnte tatsächlich jemanden töten?«
    »Was soll ich dir sagen? Dass es von meiner Seite aus in Ordnung wäre? Wartest du darauf?«
    »Ich warte auf gar nichts.«
    »Von meiner Seite aus wäre es nämlich in Ordnung, Johnny. Es wäre in Ordnung.«
    »Ich kann das nicht. Ich habe es mit dem Messer versucht und konnte es nicht.«
    »Von meiner Seite aus wäre es in Ordnung, aber dir muss klar sein, dass es dich bis an dein Lebensende verfolgen wird. Du wirst es nie wieder los.«
    »Ich sagte, ich
kann
das nicht!«
    »Aber du hast darüber nachgedacht, nicht?«
    Eine tiefe Traurigkeit klang aus Marlas Stimme. Sie strich mir mit den Fingern über den Nacken, und da knickten meine Knie ein, ohne dass ich es spürte. Ich landete auf dem Boden und blieb da, drückte sie an mich, presste das Gesicht gegen ihren Bauch und weinte in den rauen Baumwollstoff ihres Hemdes.
     
    Später rief ich Gareth an und ging zum Fluss hinunter, um Stan und Rosie zu sagen, dass sie jetzt unbesorgt zurückkommen könnten. In dem Streifen mit den kümmerlicheren Bäumen, bei dem es sich, wie wir jetzt wussten, um das ursprüngliche Flussbett handelte, sah ich, dass eines der Bohrlöcher meines Vaters zu einem kleinen Krater erweitert worden war, etwa anderthalb Meter breit und hüfthoch. Die Wände des Kraters bestanden aus dunkelbrauner Erde, aber die Erde auf dem Grund war anders, heller und körniger, eine Mischung aus Sand und Kies – unzweifelhaft der Stoff, aus dem Flussbetten sind.
    Noch deutete nichts auf Goldvorkommen hin. Doch das alte Flussbett war da, sichtbar, greifbar. Real. Bisher war es nur ein Schatten auf einer Fotografie gewesen, der Traum eines verzweifelten Mannes. Jetzt nicht mehr. Ich spürte, wie etwas in mir nagte, meinen Verstand umging, sich direkt an jenen Teil in mir wandte, der an Wunder glauben wollte.
    Ich ging weiter, zwischen den Bäumen hindurch zum Fluss. Stan und Rosie saßen neben einem Berg ausgehobener Erde am Ufer. Sie hielten sich an den Händen und wandten mir den Rücken zu. Anscheinend sahen sie nur in das funkelnde Wasser vor ihnen. Stans Schaufel lag in der Nähe auf dem Boden, daneben die Goldpfannen.
    Als sie mich kommen hörten, drehten sie sich kurz um, und ich war im ersten Moment nicht sicher, was ich sah. Beide hatten sich etwas in die Gesichter geschmiert. Vor dem funkelnden Wasser sah es nur dunkel aus, und ich dachte zuerst, es wäre Schlamm. Doch als ich näher kam, sah ich, dass es sich um etwas anderes handelte. Stan und Rosie hatten die Gesichter mit einer Pampe aus Wasser, zerquetschten Faltern und Konzentrat eingerieben.
    Die Mischung war fast trocken; wenn sie die Gesichter bewegten,

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