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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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explodiert?«
    »Nein, aber ich weiß, was du meinst.«
    »Aber dein Gehirn ist stark, du kannst alles behalten. Mein Gehirn ist nicht so. Was ist, wenn eines Tages etwas geschieht, und ich kann es einfach nicht verhindern?«
    »Stan, dein Kopf explodiert nicht.«
    »Ich wünschte, Bill wäre nicht hergekommen. Warum ist er so wütend?«
    »Es ist ein ziemlicher Schock, wenn man seine Frau verliert. Da flippen die Leute manchmal aus.«
    Stan nahm die Streichholzschachtel aus der Tasche und öffnete sie halb. Die Falter darin bewegten sich träge. Er hauchte warme Atemluft über sie, dann hob er die Schachtel und drückte sich das offene Ende an die Stirn. Er schloss die Augen einen Moment. Als er sie wieder öffnete, sah er nicht viel glücklicher aus.
     
    Wir beendeten unsere Arbeit in der Lagerhalle und fuhren nach Hause. Der Zwischenfall mit Bill hatte Stan erschöpft; gleich nach dem Essen ging er nach oben in sein Zimmer. Ich saß in der Küche und grübelte. Vielleich war es gar nicht die ausbleibende Kundschaft, die Plantasaurus zerstörte, vielleicht war ich es. Wenn Bill nicht tatsächlich geschäftliche Gründe dafür hatte, dass er uns aus der Lagerhalle raushaben wollte, blieb als einzige Erklärung für seinen Besuch heute Nachmittag nur der rätselhafte Hass, den er für mich zu empfinden schien. Und wenn dem so war, durfte ich diesen Zustand nicht andauern lassen. Die Firma war zu wichtig für Stan. Ich durfte sie nicht gefährden.
    Ich dachte über das Problem nach, bis es draußen dunkel wurde. Stan hatte mir gesagt, als Bill nach dem Tod seiner Frau das Gartenzentrum geschlossen hatte, wäre er aus ihrem gemeinsamen Haus ausgezogen. Er wohnte jetzt in einer Blockhütte in den Bergen. Gegen halb neun ging ich hinauf in Stans Zimmer und fragte ihn, ob er wüsste, wo diese Blockhütte lag. Glücklicherweise hatte das Team des Gartenzentrums im Frühsommer einen Betriebsausflug dorthin gemacht, sodass Stan mir den Weg beschreiben konnte. Ich versicherte ihm, dass ich in ein bis zwei Stunden wieder hier wäre, setzte mich in den Pick-up und fuhr los, um herauszufinden, was für ein Problem Bill eigentlich mit mir hatte.
     
    Die Blockhütte lag in den Bergen nördlich von Oakridge. Hier war das Land höher und zerklüfteter als in unmittelbarer Nähe des Beckens von Oakridge; tagsüber bot sich eine spektakuläre Aussicht. Eine schmale Asphaltstraße führte durch das Gebiet. Gelegentlich zweigten Feldwege von ihr ab, die zu kleinen Ferienhäusern führten für all diejenigen, denen die Aussicht näher an der Stadt nicht genügte.
    Jetzt herrschte Dunkelheit, doch der Himmel war klar, und der zu drei Vierteln volle Mond erleichterte die Fahrt. Den Zufahrtsweg zu Bills Blockhütte markierte ein weiß angestrichener Felsen. Von da, hatte Stan gesagt, waren es nur noch wenige Hundert Meter. Bills Hütte lag als einzige an dem Weg.
    Ich wendete, parkte bei dem weißen Felsen und machte den Motor aus. Ich wollte nicht, dass Bill mich kommen hörte und meinen geplanten Besuch irgendwie vereiteln konnte – die Tür abschließen, so tun, als wäre er nicht zu Hause, sich eine Waffe holen …
    Ich ging leise den Pfad entlang und studierte dabei meine Begrüßungsrede ein. Es dürfte schwierig genug sein, einen Fuß in die Tür zu bekommen, daher wollte ich das Bestmögliche aus den ersten Sekunden herausholen:
Hören Sie, Bill, wir sollten uns zusammensetzen und von Mann zu Mann über alles reden …
    Als ich die Blockhütte erreichte, sah ich jedoch auf den ersten Blick, dass ich keine Möglichkeit bekommen würde, mit ihm zu reden, von Mann zu Mann oder sonst wie. An der Seite der Hütte parkte unmittelbar neben Bills SUV Jeremy Tripps Jaguar E-Type, der im Mondschein grau glänzte. Ich hörte das Ächzen des abkühlenden Motors.
    Jeremy Tripp und Bill Prentice.
Klick, klick, klick.
Ein paar Vorkommnisse aus der jüngsten Vergangenheit erschienen jetzt in einem ganz anderen Licht. Kleinigkeiten, die mir damals unbedeutend oder unerklärlich schienen. Wie Jeremy Tripp sich bei seinem ersten Besuch das Gartenzentrum angesehen hatte, als würde er da schon über einen Plan nachdenken. Seine Bemerkung, dass sich das Gelände optimal für ein kleines Hotel eignen würde. Die so öffentlich zur Schau gestellten eingegangenen Pflanzen. Und Bills kläglicher Versuch, uns zu vertreiben.
    Bill Prentice und Jeremy Tripp. Worauf könnte das hinauslaufen, wenn nicht darauf, dass ein Mann verkaufen und der andere kaufen

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