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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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dass wir es mit einem Eindringling zu tun hatten. Ein Blick ins Innere bestätigte dies.
    Unser Bestand an großen Pflanzen – Birkenfeigen, Drachenbäume, Yuccapalmen und so weiter – war tags zuvor noch vollkommen gesund gewesen. Jetzt waren sie alle entweder abgestorben oder verrottet, und die Luft in der Halle roch stark nach Bleichmittel.
    Als Stan die traurigen Pflanzen sah, hüpfte er auf der Stelle, ruderte mit den Armen und gab ein schrilles Wimmern durch die Nase von sich. Ich verspürte eine unendliche Müdigkeit. Und Wut. Doch am meisten wünschte ich mir, ich könnte mich einfach hinsetzen, das Gesicht auf die Arme legen und Plantasaurus ein für alle Mal vergessen. Aber ich wusste, das war dank Stans starker emotionaler Verbundenheit mit der Firma unmöglich, und so nahm ich ihn stattdessen in die Arme und beruhigte ihn, dann versuchten wir herauszufinden, was geschehen sein mochte. Was sich als nicht besonders schwierig erwies.
    Wir verfolgten den Bleichegeruch zu den mit Plastik umwickelten Töpfen zurück, in denen die betroffenen Pflanzen standen. Natürlich hatten wir so etwas schon einmal gesehen, an dem Tag, als Jeremy Tripp so wütend die Pflanzen zurückgebracht hatte, die wir in seinem Haus aufgestellt hatten, und man brauchte kein Genie zu sein, um zu wissen, dass er auch hierfür verantwortlich sein musste.
    Es war ein schwerer Schlag. Plantagion machte uns Konkurrenz, und jetzt hatten wir auch noch die Pflanzen verloren, die bis ans Monatsende hatten reichen sollen. Ich überlegte mir, ob ich mich mit Stan zusammensetzen und ihm erklären wollte, wie schlecht die Chancen für Plantasaurus standen. Doch bevor ich den Mut dazu aufbrachte, sah er mich über eine abgestorbene Kentia-Palme hinweg an und sagte, wir müssten augenblicklich eine neue Lieferung Pflanzen bestellen. Da wusste ich, er würde sich jedem erdenklichen meiner Argumente verschließen, die Firma dichtzumachen.
    Die nächsten zwei Stunden räumten wir die abgestorbenen Pflanzen aus der Lagerhalle hinaus. Einmal fiel mir auf, dass Stan verschwunden war. Ich fand ihn draußen, auf der Rückseite des Gebäudes, wo er flach auf dem Boden lag. Er hatte sich die Falter aus seiner Streichholzschachtel auf das Gesicht gekippt, wo die Insekten nach der langen Gefangenschaft in der Schachtel träge in den Vertiefungen um seine Nase und auf den geschlossenen Lidern krabbelten.
    »Was machst du da?«
    »Neu aufladen.«
    Ich blieb einen Moment stehen, doch er schlug die Augen nicht auf, und so machte ich mich an die Arbeit. Ein paar Minuten später kam er wieder herein, und wir verloren kein weiteres Wort mehr über die Falter.
    Als wir aufgeräumt hatten, begannen wir unsere Kundenbesuche, um die Pflanzen zu versorgen. Wenn wir die Arrangements gegossen, beschnitten und geputzt hatten, fragten wir in jedem Geschäft nach, ob die Kunden mit unseren Diensten zufrieden wären. Niemand beklagte sich, die meisten bejahten die Frage unumwunden, doch in drei Geschäften sagte man uns, man sei vom Vertreter eines Konkurrenzunternehmens angesprochen worden, der dieselbe Dienstleistung zu einem deutlich günstigeren Preis anbot. Einer hatte noch die Visitenkarte, die der Vertreter dagelassen hatte – tropische Palme vor untergehender Sonne, der Name
Plantagion
in orangefarbenen Buchstaben. Ein anderer Kunde wusste den Namen aus dem Gedächtnis und sagte, er erinnere sich deshalb so deutlich daran, weil er sich wie eine Krankheit angehört hätte.
    Wir hatten mit unseren Kunden Serviceverträge über sechs oder zwölf Monate abgeschlossen. Keiner der drei, mit denen wir an dem Tag sprachen, wollte die Gebühr bezahlen, die bei einer vorzeitigen Vertragskündigung fällig würde. Doch ich fühlte mich gezwungen zu versprechen, dass wir im Falle einer Verlängerung dieselben Konditionen anbieten würden. Stan nickte ernst, als ich dieses Angebot unterbreitete, trat vor und schüttelte allen die Hände.
    Als wir am Abend wieder in Empty Mile waren, ging Stan Rosie besuchen, und ich saß lange Zeit auf der Veranda und fragte mich, was ich getan hatte, dass Jeremy Tripp so wütend auf mich war.

[zurück]
    Kapitel Vierundzwanzig
    Ich sah Gareth wieder an dem Tag, bevor Marla in Empty Mile einzog. Stan und ich hatten nur einen halben Tag Arbeit; als wir fertig waren, setzte ich ihn in Empty Mile ab und fuhr allein in die Stadt zurück. Seit meiner Rückkehr nach Oakridge gab es kaum eine Zeit, da ich mir nicht den Kopf zerbrechen musste, was es mit

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