Empty Mile
meinem Vater oder Gareth oder Marla oder dem Land in Empty Mile auf sich haben mochte. An diesem letzten Tag vor meinem gemeinsamen Zusammenleben mit Marla wollte ich einfach noch ein, zwei Stunden für mich haben, einen Kaffee trinken und aus dem Fenster eines Cafés schauen.
Ich ging ins Mother Lode in der Altstadt, wo es mir sogar recht gut gelang, an nichts zu denken – als Gareth hereingeschneit kam. Er sah mich gleich und machte sich gar nicht erst die Mühe, etwas zu bestellen, sondern kam ohne Umschweife zu mir an den Tisch und setzte sich.
»Alter, du wirst es nicht glauben, aber heute waren tatsächlich ein paar Säcke vom Stadtrat oben am See und haben sich umgesehen. Die wollten wissen, ob wir das verkraften würden, wenn der Waldweg zum See gesperrt wird, während sie die Straße bauen! Sie haben gesagt, sie müssen immer noch ›die Gemeinde auf ihre Seite ziehen‹, oder so ähnlich. Irgendein Blödsinn, auf den irgendwelche Ökos bestehen, damit alle Naturweicheier glücklich sind. Aber es kommt Bewegung in die Sache, Mann!«
Er klatschte in die Hände und lehnte sich grinsend zurück. Erst da bemerkte er meine steinerne Miene.
»Was ist los, Mann?«
»Warte hier. Ich muss was holen.«
Ich ging hinaus zum Pick-up und nahm die beiden L-förmigen Metallschienen aus dem Handschuhfach. Im Café ließ ich sie vor Gareth auf den Tisch fallen.
»Eine ist von einem Baum im Wald am See, die andere hat dein Vater Stan gegeben, als wir bei euch gewesen sind. Sie stammen eindeutig aus derselben Werkstatt. An der auf dem Baum hattest du die Kamera befestigt, damit du Marla und mich filmen konntest, als wir für Bill Prentice gefickt haben. Ich habe das Video gesehen.«
Gareth verschränkte die Arme. »Ach ja? Und wo bist du über diese cineastische Kostbarkeit gestolpert?«
»In Bills Blockhaus.«
»Ich hätte nicht gedacht, dass Bill es dir vorführen würde.«
»Er war nicht zu Hause.«
»Ach, so einer bist du.«
»Ich weiß, dass du das alles eingefädelt hast.«
»Dank Marla, nehme ich an.«
»Ich bin allein dahintergekommen.«
»Blödsinn.«
»Sie sagte mir, dass du sie dazu gezwungen hast, du Drecksack.«
»Ach, jetzt komm schon, Johnny, das haben wir alles hinter uns. Nenn mich nicht Drecksack. Du hast sie sitzen lassen, sonst wäre sie gar nicht erst anschaffen gegangen. So, wie du deinen Vater im Stich gelassen hast, und deinen Bruder. Du nennst mich einen Drecksack? Scheiße, Mann, im Vergleich mit dir bin ich ein Amateur. Ich habe meinen Vater nie hängen lassen.«
»Aber du hast ein Leben zerstört. Warum? Wegen deiner verdammten Straße?«
Gareth versuchte, ein verschlagenes Lächeln zu unterdrücken. »Du weißt, wie wichtig die Straße für uns ist. Und du weißt, wie es meinen Dad mitgenommen hat, dass sie nicht gebaut wurde.«
»Bills Frau hat sich umgebracht, als sie dieses Video gesehen hat.«
»Das ist wohl etwas weit hergeholt.«
»Ich habe die DVD in ihrem Schlafzimmer gesehen, als wir sie gefunden haben. Sie war im Player.«
»Wie unvorsichtig von Bill.«
»Du bist echt ein verdammter Psychopath.«
»Hör zu, ich habe das Video gemacht, damit ich ein Druckmittel für die Straße in der Hand hatte. Ich habe Bill eine Kopie geschickt, um ihm zu zeigen, dass ich ihn in die Pfanne hauen kann, wenn er nicht mitspielt. Und da die Typen vom Stadtrat heute hier waren, hat er den Wink mit dem Zaunpfahl offenbar verstanden. Es ist nicht meine Schuld, dass seine Frau sie gefunden hat. Die hätte sich eines Tages sowieso umgebracht.«
»Aber du warst der Auslöser.«
»Du wolltest Marla ficken, Bill wollte zusehen. Marla ist dumm genug, dass sie sich ausbeuten lässt. Bill denkt mit seinem Schwanz. Alle haben dazu beigetragen. Ich habe es nur gefilmt.«
Gareth stand auf.
»Ich verstehe nicht, warum du nicht mein Freund sein willst, Johnny. Ich gebe mir wirklich alle Mühe.«
Als er gegangen war, bestellte ich noch einen Kaffee und überlegte mir, weshalb ich das Gefühl hatte, dass irgendetwas nicht recht zusammenpasste. Am Ende kam ich lediglich zu dem Ergebnis, wie unwahrscheinlich es war, dass Bill eine solche DVD irgendwo achtlos herumliegen lassen würde.
So viel dazu, mal zwei Stunden abzuschalten.
Am Freitag zog Marla in Empty Mile ein. Sie machte einen Tag Urlaub, und wir fuhren ab dem frühen Vormittag ihre Sachen mit dem Pick-up hinaus. Am Nachmittag waren wir fertig. Weitere zwei Stunden verwendeten wir darauf, ihre Sachen in der Blockhütte zu verteilen.
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