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Ende eines Sommers

Ende eines Sommers

Titel: Ende eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Pilcher
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beugte sich an mir vorbei, öffnete die Tür und sagte: „Hier steigen wir aus.“
    „Bitte?“ Ich sah ihn an und fragte mich, wie ein Mensch, der wie ich nonstop halb um die Welt geflogen war, weiterhin derart sauber, entspannt und Herr der Lage sein konnte. Gehorsam stolperte ich aus dem Taxi, stand blinzelnd wie eine Eule auf dem Bürgersteig und gähnte, während er den Fahrer bezahlte, unsere Koffer einsammelte und auf einer Treppe ins Untergeschoß voranging. Die Geländer, die an der Treppe entlangliefen, waren glänzend schwarz, der kleine gepflasterte Vorplatz war sauber und gefegt, und es stand ein hölzerner Kübel voller Geranien da. David nahm einen Schlüssel aus der Manteltasche, die gelbe Tür schwang nach innen auf, und ich folgte ihm in die Wohnung.
    Sie war weiß gestrichen, roch wie ein Landhaus, auf dem Boden lagen persische Läufer, das Sofa und die Sessel waren mit Chintz bezogen, überall standen antike Möbelstücke, über dem Kamin hing ein venezianischer Spiegel. Ich sah Bücher und einen Stapel Zeitschriften, eine Vitrine voll Meißener Porzellan hinter den Glastüren, kleine Stücke handgearbeiteter Gobelins … und durch das Fenster in der gegenüberliegenden Wand, in einem tiefliegenden Innenhof einen Miniaturgarten mit einer Platane, die von einer hölzernen Bank umrundet wurde, und einer kleinen Statue, die in eine Nische der ausgeblichenen Mauer gestellt war.
    Gähnend blieb ich stehen. Er öffnete ein Fenster, und ich fragte: „Ist das Ihre Wohnung?“
    „Nein, sie gehört meiner Mutter, aber ich benutze sie, wenn ich in London bin.“
    Ich sah mich unsicher um. „Wo ist Ihre Mutter?“ Es klang, als würde ich erwarten, daß sie sich unter dem Sofa versteckte, aber er lächelte nicht.
    „Sie ist in Südfrankreich, in Ferien. Kommen Sie jetzt, ziehen Sie Ihren Mantel aus und machen Sie es sich bequem. Ich mache uns eine Tasse Tee.“
    Er verschwand durch eine Tür. Ich hörte, wie der Wasserhahn aufgedreht, der Kessel gefüllt wurde. Eine Tasse Tee.
    Allein schon die Worte klangen tröstlich und heimatlich. Eine Tasse Tee. Ich dachte an die Unterrichtsstunden in Sprecherziehung. „Ich steh im Schnee und seh zwei Tassen Tee.“ Nervös fummelte ich an den Knöpfen meines Regenmantels, und schließlich gelang es mir, sie zu öffnen. Ich zog den Mantel aus, warf ihn über ein Möbelstück, das wie ein Chippendalesessel aussah, und ließ mich auf dem Sofa nieder. Es war mit resedagrünen Samtkissen bestückt. Ich nahm eins davon, zog es zurecht und legte meinen Kopf darauf. Wahrscheinlich war ich schon eingeschlafen, bevor ich Zeit hatte, meine Füße vom Boden zu heben. Jedenfalls erinnere ich mich nicht daran, das getan zu haben.
    Als ich aufwachte, hatte sich das Licht verändert. Ein langer Sonnenstrahl, der Staubkörner in der Luft tanzen ließ, fiel wie ein Scheinwerfer quer durch mein Gesichtsfeld. Ich bewegte mich und rieb mir den Schlaf aus den Augen, öffnete sie wieder, und da lag eine Decke über mir, warm und leicht.
    Im Kamin flackerte ein Feuer. Ich betrachtete es eine Weile, bevor ich feststellte, daß es ein elektrisches Feuer war mit künstlichen Scheiten, Kohlen und Flammen. Es wirkte unendlich behaglich. Ich wandte den Kopf und sah David, tief versunken in einem Lehnstuhl, übersät von Papieren und Aktenmappen. Er hatte sich umgezogen und trug ein blaues Hemd unter einem cremefarbenen Pullover mit V-Ausschnitt. Ohne große Anteilnahme fragte ich mich, ob er einer jener Menschen war, die nie Schlaf brauchen. Er hatte gehört, daß ich mich bewegt hatte, und betrachtete mich.
    „Welcher Tag ist heute?“ fragte ich.
    Er grinste. „Mittwoch.“
    „Wo sind wir?“
    „London.“
    „Nein, ich meine, in welcher Gegend?“
    „Kensington.“
    „Wir haben früher in der Melbury Road gewohnt“, sagte ich. „Ist das weit?“
    „Nein, das ist ziemlich in der Nähe.“
    Nach einer Weile fragte ich: „Wie spät ist es?“
    „Fast fünf Uhr.“
    „Wann fahren wir nach Schottland?“
    „Heute abend. Im Royal Highlander sind Schlafwagen für uns gebucht.“
    Mit ungeheurer Anstrengung setzte ich mich auf, gähnte und versuchte, den Schlaf aus meinem Körper zu vertreiben und mir das Haar aus dem Gesicht zu streichen. „Ich könnte wohl nicht vielleicht ein Bad nehmen?“
    „Natürlich können Sie das“, sagte er.
    Also nahm ich ein Bad in kochendheißem Wasser, das nicht richtig schäumte, obwohl ich ganze Hände voll von dem Badesalz seiner Mutter

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