Ende eines Sommers
Sommersprossen hätte als je zuvor und sie ein richtig großes Frühstück machen würde.
Hinter mir lud David ruhig meinen Koffer aus. Schließlich ging meine Großmutter zu ihm hin, um ihn zu begrüßen.
„David, Sie müssen erschöpft sein.“ Zu meiner Überraschung gab sie ihm einen Kuß. „Vielen Dank, daß Sie sie heil zurückgebracht haben.“
„Sie haben mein Telegramm erhalten?“
„Natürlich. Ich bin schon seit sieben Uhr auf. Sie kommen mit herein und frühstücken mit uns, ja? Wir rechnen mit Ihnen.“
Aber er entschuldigte sich und sagte, seine Haushälterin erwarte ihn, er müsse nach Hause fahren, sich umziehen und dann ins Büro gehen.
„Nun, dann kommen Sie heute abend zum Abendessen wieder. Ich bestehe darauf. Gegen halb acht. Wir wollen alles ganz genau erzählt bekommen.“
Er ließ sich überreden, und wir sahen einander lächelnd an. Mir kam in den Sinn, daß ich ihn erst vor vier Tagen kennengelernt hatte. Jetzt, als es Zeit war, sich zu verabschieden, hatte ich das Gefühl, einen alten Freund zu verlassen, jemanden, den ich mein Leben lang kannte. Ihm war eine schwierige Mission anvertraut worden, er hatte sie taktvoll und mit Humor ausgeführt und war, soweit ich es beurteilen konnte, dabei niemandem zu nahe getreten.
„Äh, David …“
Er kam hastig meinem gestotterten Dank zuvor.
„Wir sehen uns heute abend, Jane.“ Dann stieg er in sein Auto, schlug die Tür zu, und wir sahen zu, wie er wendete und davonfuhr, unter den Buchen entlang, die Straße hinunter.
„So ein netter Mann“, sagte meine Großmutter. „Findest du nicht?“
„Ja“, sagte ich. „Nett.“ Ich bückte mich, um zu verhindern, daß Mrs. Lumley meinen Koffer nahm, und trug ihn selbst ins Haus. Großmutter und die Hunde kamen hinter mir her, die Tür wurde geschlossen, und David Stewart war – für den Augenblick – vergessen.
Der Geruch von Torffeuer drang aus dem Kamin in der Diele und vermischte sich mit dem Duft der Rosen aus einer großen Schale auf der Truhe. Einer der Hunde wedelte aufgeregt mit dem Schwanz, und ich blieb stehen, um ihn hinter den Ohren zu kraulen, als meine Großmutter sagte: „Ich habe eine Überraschung für dich, Jane.“ Ich richtete mich auf und sah einen Mann die Treppe herunter auf mich zukommen, wie ein Schattenriß im Gegenlicht vor dem Treppenfenster. Für einen Augenblick wurde ich geblendet. „Hallo, Jane“, sagte er. Es war mein Cousin Sinclair.
Mir blieb der Mund offenstehen, und Großmutter und Mrs. Lumley standen entzückt von dem Erfolg ihrer Überraschung um mich herum. Er trat auf mich zu, nahm meine Schultern zwischen seine Hände und küßte mich. „Aber ich dachte du wärst in London“, murmelte ich schwach.
„Nein, bin ich nicht. Ich bin hier.“
„Aber wie …? Warum …?“
„Ich habe ein paar Tage frei.“
Für mich? Hatte er sich freigenommen, damit er bei meiner Wiederkehr in Elvie sein konnte? Die Möglichkeit war ebenso schmeichelhaft wie aufregend. Bevor ich noch irgend etwas sagen konnte, nahm meine Großmutter die Dinge in die Hand.
„Es gibt keinen Grund, hier herumzustehen. Sinclair, vielleicht trägst du Janes Koffer in ihr Zimmer hoch. Jane, wenn du dich ein wenig frisch gemacht hast, kommst du zum Essen herunter und frühstückst erst mal ordentlich. Du wirst todmüde sein nach der Reise.“
„Ich bin nicht müde.“ Ich war es wirklich nicht. Ich fühlte mich voller Kraft, hellwach und zu allem bereit. Sinclair nahm meinen Koffer und ging hoch, zwei Stufen auf einmal, und ich folgte seinen langen Beinen, als hätte ich Flügel an den Fersen.
Mein Schlafzimmer, das auf den Garten und das Loch hinausging, war unfaßbar ordentlich und sauber, ansonsten aber unverändert. Immer noch stand das weißgestrichene Bett in dem Fenstererker, wo ich am liebsten schlief. Ein Nadelkissen lag auf der Frisierkommode, Lavendelsäckchen verströmten im Schrank ihren Duft, und nach wie vor verdeckte der blaue Läufer eine verschlissene Stelle im Teppich.
Ich zog den Mantel aus und wusch mir die Hände. Sinclair ließ sich auf mein Bett fallen, wobei er leider die gestärkte weiße Überdecke verknitterte, und sah mir zu. In den sieben Jahren, die vergangen waren, hatte er sich natürlich verändert, aber die Unterschiede, die ich an ihm wahrnahm, waren fast zu subtil, um sich genauer bestimmen zu lassen. Sicher, er war dünner, um den Mund und in den Augenwinkeln hatte er feine Linien, aber das war auch schon alles. Er sah sehr gut
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