Ende eines Sommers
um in meinem Zimmer auszupacken.
Als ich durch die Tür trat, schlug mir eiskalte Luft entgegen, ich schauderte und stellte fest, daß ich den Sonnenschein Kaliforniens und die amerikanische Zentralheizung bereits vermißte. Überall im Haus brannten offene Feuer, und es gab immer Gallonen heißen Wassers, aber in den Schlafzimmern war es entschieden kühl. Ich legte meine Kleider in die leeren Schubladen und kam zu dem Schluß, daß sie zwar pflegeleicht, knitterfrei und formstabil, nicht aber warm waren. Für Schottland würde ich ein paar neue kaufen müssen. Vielleicht – eine erfreuliche Vorstellung – würde meine Großmutter das für mich tun.
Mit diesem Gedanken. ging ich nach unten, um sie zu suchen. Ich traf sie, als sie in Gummistiefeln und einem uralten Regenmantel mit einem Korb in der Hand aus der Küche kam.
„Ich wollte gerade nach dir sehen“, sagte sie. „Wo ist Sinclair?“
„Tauben schießen gegangen.“
„Stimmt, er sagte, er wäre zum Mittagessen nicht da. Komm mit und hilf mir, Rosenkohl zu pflücken.“
Wir wurden einen Augenblick aufgehalten, weil ich nach Gummistiefeln und einem alten Mantel suchen mußte, dann gingen wir wieder in den friedlichen Vormittag hinaus, nur lenkten wir diesmal unsere Schritte zu dem ummauerten Garten. Will, der Gärtner, war bereits dort. Er sah auf, als wir kamen, hörte auf zu graben und trottete freundlich über die frisch umgegrabene Erde, um mir eine sandige Hand zu reichen.
„Ah, ja“, sagte er, „esch isch schon lange her, scheit Schie tschuletscht in Elvie waren.“ Er sprach nicht immer sehr deutlich, denn er trug seine Zähne nur an Sonntagen. „Und wie isch dasch Leben in Amerika?“
Ich erzählte ihm ein bißchen von dem Leben in Amerika, er fragte nach meinem Vater, ich fragte nach Mrs. Will, die offenbar leidend war, wie immer. Schließlich wandte er sich wieder seiner Arbeit zu und grub weiter um, und meine Großmutter und ich gingen Rosenkohl pflücken.
Als wir den Korb gefüllt hatten, kehrten wir zum Haus zurück, aber der Vormittag war so frisch und ruhig, daß Großmutter sagte, sie wolle noch nicht hineingehen. Wir setzten uns auf eine weißgestrichene Eisenbank, blickten über den Garten und das Wasser bis zu den Bergen dahinter. Die Rabatten waren dicht bewachsen mit Dahlien, Zinnien und violetten Herbstastern, und das perlnasse Gras war übersät mit den dunkelroten Blättern kanadischer Ahornbäume.
„Ich finde immer, der Herbst ist eine vollkommene Jahreszeit“, sagte sie. „Manche Leute finden ihn traurig, aber er ist wirklich viel zu schön, um traurig zu sein.“
Ich zitierte:
„Der September ist da, er gehört ihr,
Deren Leben stark wird im Herbst …“
„Wer hat das geschrieben?“
„Louis MacNeice. Wird dein Leben stark im Herbst?“
„Nun, vielleicht vor zwanzig Jahren.“ Wir lachten, und sie drückte meine Hand. „Ach, Jane, was für eine Freude, dich wieder hier zu haben.“
„Du hast so oft geschrieben, und ich wäre schon früher gekommen … aber es war wirklich nicht möglich.“
„Nein, natürlich nicht. Ich kann das schon verstehen. Und es war selbstsüchtig von mir, immer wieder darauf zu bestehen.“
„Und … diese Briefe, die du an meinen Vater geschrieben hast. Ich wußte nichts davon, sonst hätte ich ihn dazu gebracht, sie zu beantworten.“
„Er war immer ein sehr eigensinniger Mann.“ Sie warf mir einen Blick zu, scharf und blau. „Wollte er nicht, daß du kommst?“
„Ich hatte mich entschlossen. Er gab nach. Außerdem, David Stewart war gekommen und wollte mich mitnehmen, deshalb konnte er kaum zu viele Einwände erheben.“
„Ich hatte Angst, du würdest es nicht über dich bringen, ihn allein zu lassen.“
„Nein.“ Ich beugte mich hinab, hob ein Ahornblatt auf und begann, es zwischen den Händen zu zerpflücken. „Nein. Eine Freundin ist bei ihm.“
Wieder dieser Seitenblick. „Eine Freundin?“
Ich sah reumütig auf. Sie hatte immer strenge Prinzipien gehabt, war aber nie prüde gewesen. „Linda Lansing“, sagte ich. „Sie ist Schauspielerin. Und seine derzeitige Freundin.“
„Ich verstehe“, sagte meine Großmutter nach einer Weile.
„Nein, vielleicht verstehst du es nicht. Ich glaube, das kannst du nicht verstehen. Aber ich mag sie, und sie kümmert sich um ihn … Jedenfalls bis ich wieder nach Hause komme.“
„Ich kann mir nicht vorstellen“, sagte meine Großmutter, „warum er nicht wieder geheiratet hat.“
„Vielleicht
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