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Ender 4: Enders Kinder

Ender 4: Enders Kinder

Titel: Ender 4: Enders Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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aus.«
    »Es ist komplizierter, als ich dachte«, sagte Jane. »Ich weiß nicht, ob ich es fertigbringe.«
    »Na ja, im Augenblick hast du keine große Wahl, nicht wahr?« sagte er.
    »Miro, es tut mir so leid. Ich habe stets ein solches Mitleid mit euch Menschen verspürt, weil ihr immer nur an eine Sache zugleich denken konntet und eure Erinnerungen so unvollständig waren und … jetzt begreife ich, daß es schon eine Leistung sein kann, wenn man nur durch den Tag kommt, ohne jemanden umzubringen.«
    »Man gewöhnt sich daran. Die meisten von uns schaffen es, die Zahl ihrer Opfer einigermaßen niedrig zu halten. Das ist die gutnachbarschaftliche Art zu leben.«
    Es dauerte einen Augenblick – ein Schluchzen und dann einen Schluckauf –, aber dann lachte sie tatsächlich. Ein angenehmes, leises Glucksen, das für Miro ein so willkommenes Geräusch war. Willkommen, weil es eine Stimme war, die er kannte und liebte, ein Lachen, das er gerne hörte. Und es war seine liebe Freundin, die da lachte. Seine liebe Freundin Jane. Das Lachen, die Stimme seiner geliebten Val. Nun in einer Person vereint. Nach all dieser Zeit konnte er die Hand ausstrecken und Jane, die immer unmöglich fern gewesen war, berühren. Wie eine Freundschaft übers Telefon, bei der man sich endlich auch persönlich kennenlernte.
    Wieder berührte er sie, und sie nahm seine Hand und hielt sie fest.
    »Es tut mir leid, daß ich zulasse, daß meine eigene Schwäche dem in die Quere kommt, was wir gerade tun«, sagte Jane.
    »Du bist auch nur ein Mensch«, sagte Miro.
    Sie sah ihn an, forschte in seinem Gesicht nach Ironie, nach Bitterkeit.
    »Ich meine es so, wie ich es sage«, erklärte Miro. »Der Preis dafür, diese Gefühle zu haben, diese Leidenschaften, besteht darin, daß du sie beherrschen mußt, sie ertragen mußt, selbst wenn sie zu stark sind, um sich ertragen zu lassen. Von jetzt an bist du auch nur ein Mensch. Du wirst diese Gefühle niemals loswerden. Du mußt einfach lernen, dein Handeln nicht von ihnen leiten zu lassen.«
    »Quara hat das nie gelernt.«
    »O doch, Quara hat es gelernt«, sagte Miro. »Es ist nur meine persönliche Meinung, aber Quara hat Marcão geliebt, hat ihn vergöttert, und als er starb und wir übrigen uns endlich befreit fühlten, war sie verloren. Was sie jetzt macht, diese andauernde Provokation – sie fleht irgend jemanden an, sie zu mißhandeln. Sie zu schlagen. So, wie Marcão immer Mutter geschlagen hat, wenn er sich provoziert fühlte. Ich denke, auf irgendeine perverse Art war Quara immer eifersüchtig auf Mutter, wenn sie allein mit Papa hinausgehen mußte, und auch als sie schließlich herausfand, daß er sie prügelte, da war für Quara, als sie ihren Papa zurückhaben wollte, die einzige Möglichkeit, die sie kannte, um seine Aufmerksamkeit zu erregen – ihr Mundwerk.« Miro lachte bitter. »Um die Wahrheit zu sagen, erinnert es mich an Mutter. Du hast sie niemals gehört, aber in den alten Tagen, als sie in der Ehe mit Marcão gefangen war und Libos Kinder bekam – oh, sie hatte ein schlimmes Mundwerk! Oft saß ich da und hörte zu, wie sie Marcão provozierte, ihn aufstachelte, ihn verletzte, bis er sie schlug – und ich dachte: Wage es nicht, Hand an Mutter zu legen, und gleichzeitig verstand ich vollkommen seine hilflose Wut, weil er nie, nie, nie irgend etwas sagen konnte, das sie dazu brachte, den Mund zu halten. Nur seine Faust vermochte das. Und Quara hat genau dieses Mundwerk und braucht genau diese Wut.«
    »Tja, wie erfreulich für uns alle, daß ich ihr genau das gegeben habe, was sie brauchte.«
    Miro lachte. »Aber sie brauchte es nicht von dir. Sie brauchte es von Marcão, und der ist tot.«
    Und dann brach Jane plötzlich in wirkliche Tränen aus. Tränen des Kummers, und sie wandte sich Miro zu und klammerte sich an ihn.
    »Was ist denn?« sagte er. »Was ist los?«
    »Ach, Miro«, sagte sie. »Ender ist tot. Ich werde ihn niemals wiedersehen. Ich habe endlich einen Körper, ich habe Augen, um ihn zu sehen, und er ist nicht da.«
    Miro war wie vor den Kopf geschlagen. Natürlich vermißte sie Ender! Sie hat Tausende von Jahren mit ihm zugebracht und eigentlich nur ein paar Jahre mit mir. Wie habe ich glauben können, sie könne mich lieben? Wie kann ich jemals hoffen, mich mit Ender Wiggin zu vergleichen? Was bin ich, verglichen mit dem Mann, der Rotten kommandiert, der mit seinen Büchern, seinen Reden, seiner Einsicht, seiner Fähigkeit, in die Herzen anderer Menschen zu

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