Ender 4: Enders Kinder
Person oder auch nur einer von den Leuten ist, nach denen wir suchen.«
»Dann sagen Sie mir, nach wem wir eigentlich suchen.«
»Wir suchen nach dem Machtzentrum der Hundert Welten«, sagte er.
»Warum sind wir dann hier und nicht auf dem Sternenwege-Kongreß?«
»Der Sternenwege-Kongreß ist ein Schauspiel. Die Delegierten sind Schauspieler. Die Rollenbücher werden woanders geschrieben.«
»Hier.«
»Die Fraktion des Kongresses, die ihren Willen bezüglich der Lusitania-Flotte bekommt, ist nicht diejenige, die den Krieg liebt. Jene Gruppe freut sich natürlich über die ganze Sache, weil sie stets darauf vertraut, Rebellionen brutal zu unterdrücken und so weiter. Aber sie wären niemals imstande gewesen, die Stimmen zusammenzubekommen, um die Flotte auszusenden, ohne eine kleine Gruppe von Meinungsführern, die sehr stark von der Philosophenschule von Götterwind beeinflußt ist.«
»Deren Führer Aimaina Hikari ist?«
»Etwas komplizierter ist es schon noch. Eigentlich ist er ein eigenständiger Philosoph, der keiner speziellen Schule angehört. Aber er repräsentiert eine Art der Reinheit des japanischen Denkens, die ihn zu so etwas wie einem Gewissen jener Philosophen macht, die die Meinungsführer im Kongreß beeinflussen.«
»Wie viele Dominosteine, glauben Sie, können Sie hintereinander aufstellen, so daß trotzdem noch einer nach dem anderen umfällt?«
»Nein, das war nicht gnomisch genug. Immer noch zu analytisch.«
»Noch spiele ich meine Rolle nicht, Peter. Welches sind die Ideen, die diese Meinungsführer von dieser philosophischen Schule übernehmen?«
Peter seufzte und setzte sich hin – wobei er sich natürlich in einen Stuhl faltete. Wang-mu saß auf dem Boden und dachte: Das ist es, wie ein Mann aus Europa sich gerne selber sieht: den Kopf höher als alle anderen, die Frau aus Asien belehrend. Aber aus meinem Blickwinkel hat er sich von der Erde losgelöst. Ich werde seine Worte hören, aber ich werde wissen, daß es an mir ist, sie an einen lebendigen Ort zu bringen.
»Die besagte Gruppe hätte niemals derart massive Gewalt im Falle einer nebensächlichen Kontroverse mit einer winzigen Kolonie eingesetzt. Der ursprüngliche Streitpunkt war, wie du weißt, daß zwei Xenologen, Miro Ribeira und Ouanda Mucumbi, dabei ertappt wurden, wie sie die Landwirtschaft bei den Pequeninos auf Lusitania einführten. Das stellte eine kulturelle Einmischung dar, und man befahl ihnen, den Planeten zu verlassen und sich einer Gerichtsverhandlung zu stellen. Angesichts der alten relativistischen Unterlichtschiffe bedeutete das natürlich gleichzeitig, daß alle, die sie kannten, alt oder tot sein würden, wenn und falls sie jemals zurückkehrten. Deshalb war es eine unmenschlich harte Behandlung und lief auf eine Vorverurteilung hinaus. Der Kongreß mag durchaus mit Protesten seitens der lusitanischen Regierung gerechnet haben, aber statt dessen erreichte er eine Totalverweigerung und die Abschaltung der Verkürzer-Kommunikation. Die Hardliner im Kongreß fingen sofort an, mit Hilfe ihrer Lobby auf die Entsendung eines einzelnen Truppentransporters hinzuarbeiten, um die Herrschaft auf Lusitania zu übernehmen. Aber sie verfügten nicht über die dazu notwendigen Stimmen, bis –«
»Bis sie das Gespenst des Descolada-Virus an die Wand malten.«
»Genau. Die Gruppe, die den Einsatz von Gewalt eisern ablehnte, brachte die Descolada als Grund dafür ins Gespräch, warum keine Soldaten entsandt werden sollten – weil zu jenem Zeitpunkt jeder, der mit dem Virus infiziert war, auf Lusitania bleiben und einen Hemmstoff nehmen mußte, der die Descolada davon abhielt, seinen Körper von innen heraus zu zerstören. Das war das erste Mal, daß die Bedrohung durch die Descolada allgemein bekannt wurde, und nun trat die Gruppe von Meinungsführern in Erscheinung. Sie bestand aus jenen, die entsetzt darüber waren, daß Lusitania nicht schon lange unter Quarantäne gestellt worden war. Was konnte gefährlicher sein als ein sich rasch ausbreitender, halbintelligenter Virus in den Händen von Rebellen? Diese Gruppe bestand fast vollständig aus Delegierten, die stark von der Nezessistischen Schule Götterwinds beeinflußt waren.«
Wang-mu nickte.
»Und was lehren die Nezessisten?«
»Daß man in Frieden und Harmonie mit seiner Umgebung leben, nichts in Unordnung bringen und geduldig leichte oder sogar schwere Heimsuchungen ertragen solle. Wenn allerdings eine wirkliche Bedrohung für das eigene Überleben
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