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Ender 4: Enders Kinder

Ender 4: Enders Kinder

Titel: Ender 4: Enders Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Leute gafften. Er war ein Mann von zu großer Würde und Kraft, um sich so geckenhaft zu kleiden. Wang-mu sah sofort, daß es ihm Schande brachte. Sie wußte auch, daß er es wußte, daß er sich rasch bewegte, weil er wußte, daß diese Kleidung falsch für ihn war. Zweifellos würde er Jane bitten, etwas für ihn zu ordern, das älter, reifer, mehr in Einklang mit seinem Bedürfnis nach Ehre wirkte.
    Wohingegen ich etwas brauche, das mich verschwinden läßt. Oder noch besser, Kleidung, die mich von hier wegfliegen läßt, in einer einzigen Nacht, in den Außen- und zurück in den Innen-Raum zum Haus Han Fei-tzus, wo ich in Augen blicken kann, die weder Mitleid noch Verachtung zeigen.
    Und auch keinen Schmerz. Denn in Peters Augen ist Schmerz, und es war unrecht von mir zu sagen, er spüre keinen. Es war unrecht von mir, meinen eigenen Schmerz so hoch zu bewerten, daß ich dachte, er gäbe mir das Recht, ihm noch mehr zuzufügen.
    Wenn ich mich bei ihm entschuldige, wird er mich deswegen verspotten.
    Aber andererseits würde ich mich lieber verspotten lassen, weil ich etwas Gutes tue, als geachtet zu werden, obwohl ich weiß, daß ich unrecht gehandelt habe. Ist das ein Prinzip, das Han Fei-tzu mir beigebracht hat? Nein. Damit wurde ich geboren. Wie meine Mutter sagte: Zu viel Stolz, zu viel Stolz.
    Aber als sie in die Wohnung zurückkehrte, schlief Peter schon; erschöpft vertagte sie ihre Entschuldigung und legte sich ebenfalls schlafen. Während der Nacht wachten sie beide auf, aber nie zur selben Zeit; und am Morgen war die Spitze des Streits von gestern abend abgestumpft. Es gab einige Dinge zu erledigen, und es war wichtiger für sie, sich darüber klarzuwerden, was sie heute zu tun gedachten, als einen Riß zwischen ihnen zu kitten, der im Licht des Morgens kaum mehr als eine bedeutungslose Plänkelei unter Freunden zu sein schien.
     
    »Der Mann, den Jane als Ziel unseres Besuchs ausgewählt hat, ist ein Philosoph.«
    »So wie ich?« fragte Wang-mu, sich ihrer falschen neuen Rolle überdeutlich bewußt.
    »Eben darüber wollte ich mit dir sprechen. Hier auf Götterwind gibt es zwei Arten von Philosophen. Aimaina Hikari, der Mann, den wir treffen werden, ist ein analytischer Philosoph. Du besitzt nicht die Bildung, um es mit ihm aufzunehmen. Darum gehörst du zur anderen Art. Gnomisch und mantisch. Zu markigen Sprüchen neigend, die andere durch ihre scheinbare Irrelevanz verblüffen.«
    »Ist es nötig, daß meine vermeintlich weisen Sprüche nur irrelevant scheinen?«
    »Nicht einmal darüber mußt du dir Sorgen machen. Die gnomischen Philosophen verlassen sich darauf, daß andere ihre irrelevanten Bemerkungen mit der realen Welt verknüpfen. Deswegen kann ja auch jeder Narr damit durchkommen.«
    Wang-mu spürte Zorn wie Quecksilber in einem Thermometer in sich aufsteigen. »Wie nett von Ihnen, daß Sie diesen Beruf für mich ausgesucht haben.«
    »Sei nicht eingeschnappt«, sagte Peter. »Jane und ich mußten uns irgendeine Rolle für dich ausdenken, die du auf diesem besonderen Planeten spielen konntest, ohne daß man dich als ungebildete Eingeborene von Weg erkennt. Du mußt begreifen, daß kein Kind auf Götterwind so hoffnungslos unwissend aufwachsen darf wie die Dienerkaste auf Weg.«
    Wang-mu argumentierte nicht weiter. Was für einen Sinn hätte es auch gehabt? Wenn jemand bei einer Diskussion sagen muß: »Ich bin intelligent! Ich weiß über Dinge Bescheid!«, dann kann man genausogut gleich aufhören zu argumentieren. Tatsächlich erschien ihr diese Idee als genau einer jener gnomischen Sätze, von denen Peter sprach. Sie sagte das.
    »Nein, nein, ich meine keine Epigramme«, sagte Peter. »Die sind zu analytisch. Ich meine richtig merkwürdige Sachen. Zum Beispiel könntest du gesagt haben: ›Der Specht greift den Baum an, um an den Käfer zu kommen‹, und dann hätte ich herausfinden müssen, wie das auf unsere Situation hier passen könnte. Bin ich der Specht? Der Baum? Der Käfer? Das ist das Schöne daran.«
    »Mir scheint, daß Sie sich gerade als der gnomischere von uns beiden erwiesen haben.«
    Peter verdrehte die Augen und steuerte in Richtung Tür.
    »Peter«, sagte sie, ohne sich von ihrem Platz zu rühren.
    Er drehte sich um und schaute sie an.
    »Wäre ich nicht hilfreicher für Sie, wenn ich wenigstens irgendeine Vorstellung davon hätte, warum wir diesen Mann treffen und wer er ist?«
    Peter zuckte die Achseln. »Anzunehmen. Obwohl wir wissen, daß Aimaina Hikari nicht die

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