Ender 4: Enders Kinder
auf ironische Weise subtil war. »Jetzt verstehst du vielleicht, warum ich Probleme haben könnte, mich an die Benutzung irgend eines Teiles ihres Körpers zu gewöhnen.«
»Tja, das gleiche Problem habe ich wohl auch«, sagte Miro lautlos, aber er lachte laut, ein kleines Glucksen, von dem er wußte, daß es Val wahnsinnig machen würde. Und an der Art, wie sie sich versteifte, aber überhaupt nicht antwortete, wußte er, daß es funktionierte.
»Ich will nicht, daß ihr zwei euch streitet«, sagte Jane freundlich. »Ich will, daß ihr zusammenarbeitet. Weil ihr diese Sache vielleicht ohne mich erledigen müßt.«
»So weit ich das zu erkennen vermag«, sagte Miro, »habt du und Val bisher das meiste ohne mich erledigt.«
»Val hat alles erledigt, weil sie so voller … na ja, wovon sie im Augenblick halt so erfüllt ist.«
»Von Ender«, sagte Miro.
Val drehte sich in ihrem Sessel herum und sah ihn an. »Zweifelst du nicht manchmal an deiner eigenen sexuellen Identität, von deiner geistigen Gesundheit ganz zu schweigen, wo es sich bei den beiden Frauen, die du liebst, doch zum einen um eine virtuelle Frau, die nur in den unbeständigen Verkürzerverbindungen zwischen Computern existiert, und zum anderen um eine Frau, deren Seele in Wirklichkeit die eines Mannes ist, der der Ehemann deiner Mutter ist, handelt?«
»Ender stirbt«, sagte Miro. »Oder wußtest du das schon?«
»Jane erwähnte, daß er geistesabwesend zu sein schien.«
»Er stirbt«, sagte Miro noch einmal.
»Ich denke, es sagt sehr viel über das Wesen der Männer aus«, sagte Val, »daß du und Ender beide vorgebt, eine Frau aus Fleisch und Blut zu lieben, ihr aber in Wirklichkeit dieser Frau nicht einmal einen wesentlichen Teil eurer Aufmerksamkeit widmen könnt.«
»Nun ja, du hast meine volle Aufmerksamkeit, Val«, sagte Miro. »Und was Ender betrifft, so schenkt er Mutter keine Beachtung mehr, weil er seine Aufmerksamkeit auf dich gerichtet hat.«
»Auf meine Arbeit, meinst du. Auf die anstehende Aufgabe. Nicht auf mich.«
»Tja, das ist alles, worauf du in letzter Zeit deine Aufmerksamkeit gerichtet hast, außer, als du eine Pause eingelegt hast, um auf mich loszugehen, weil ich mich mit Jane unterhalte und dir nicht zuhöre.«
»Das ist richtig«, sagte Val. »Du glaubst, ich sähe nicht, was heute den ganzen Tag über mit mir vorgegangen ist? Wie ich ganz plötzlich den Mund wegen bestimmter Dinge einfach nicht halten kann, wie ich so angespannt bin, daß ich nicht schlafen kann, wie ich – Ender ist vermutlich die ganze Zeit mein wirkliches Selbst gewesen, nur hat er mich bisher in Ruhe gelassen, und das war auch okay so, denn das, was er jetzt macht, ist beängstigend. Siehst du nicht, daß ich Angst habe? Es ist zu viel. Es ist mehr, als ich ertragen kann. Ich kann nicht so viel Energie in mich aufnehmen .«
»Dann sprich darüber, anstatt mich anzuschreien«, sagte Miro.
»Aber du hast ja nicht zugehört. Ich habe es versucht, und du hast einfach für Jane subvokalisiert und mich ausgeschlossen.«
»Weil ich es leid war, endlose Ströme von Daten und Analysen zu hören, die ich genauso leicht als Zusammenfassung am Computer mitkriegen könnte. Woher sollte ich denn wissen, daß du eine Pause in deinem Monolog einlegen und über etwas Menschliches reden würdest?«
»Im Augenblick ist alles überlebensgroß, und ich habe keinerlei Erfahrung damit. Falls du es vergessen haben solltest, ich bin noch nicht sehr lange auf der Welt. Ich kenne mich mit diesen Dingen nicht aus. Es gibt eine Menge Sachen, die ich nicht weiß. Zum Beispiel weiß ich nicht, warum ich mir so viel aus dir mache. Du bist derjenige, der andauernd versucht, mich als Besitzerin dieses Körpers durch jemand anders zu ersetzen. Du bist derjenige, der mich abschaltet oder mich übernimmt, aber das will ich nicht, Miro. Ich brauche jetzt wirklich einen Freund.«
»Ich auch«, sagte Miro.
»Aber ich weiß nicht, wie man das macht«, sagte Val.
»Ich andererseits weiß ganz genau, wie man es macht«, sagte Miro. »Aber beim einzigen anderen Mal, als es passierte, habe ich mich in sie verliebt, und dann erwies sie sich als meine Halbschwester, weil ihr Vater der heimliche Liebhaber meiner Mutter war, und der Mann, den ich für meinen Vater gehalten hatte, erwies sich als steril, weil er an einer Krankheit starb, die ihn innerlich verrotten ließ. Also verstehst du vielleicht, warum ich zögern könnte.«
»Valentine war dein Freund. Sie ist es immer
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