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Ender 4: Enders Kinder

Ender 4: Enders Kinder

Titel: Ender 4: Enders Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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nicht mehr erinnern konnte, wie man das Gesicht erzeugte, das so viele Jahrhunderte lang ihre Maske gewesen war. »Jetzt habe ich Angst.« Aber nachdem sie es gesagt hatte, konnte sie sich nicht mehr erinnern, ob es die junge Valentine war, zu der sie es sagen sollte. Jener Teil von ihr war ebenfalls verschwunden; noch vor einem Augenblick war er da gewesen, aber jetzt war er außer Reichweite.
    Und warum sprach sie mit diesem Surrogat Enders? Warum wehklagte sie leise in Miros Ohr, in Peters Ohr, und sagte: »Sprecht mit mir sprecht mit mir ich habe Angst«? Nicht diese Menschengestalten waren es, die sie jetzt brauchte. Der eine war es, der sie aus seinem Ohr gerissen hatte. Der eine war es, der sie zurückgestoßen und sich für eine traurige und müde Menschenfrau entschieden hatte, weil – wie er glaubte – Novinhas Not größer war. Aber wie kann sie dich mehr brauchen, als ich es jetzt tue? Wenn du stirbst, wird sie trotzdem noch weiterleben. Ich aber sterbe jetzt, weil du deinen Blick von mir abgewandt hast.
    Wang-mu hörte das Gemurmel seiner Stimme neben sich am Strand. Habe ich geschlafen? fragte sie sich. Sie hob die Wange aus dem Sand, richtete sich auf. Es herrschte jetzt Ebbe, und das Wasser hatte seine größtmögliche Entfernung von der Stelle erreicht, wo sie lag. Neben ihr saß Peter mit untergeschlagenen Beinen im Sand und wiegte sich vor und zurück, wobei er leise sagte: »Jane, ich höre dich. Ich spreche mit dir. Hier bin ich«, während ihm Tränen über die Wangen rannen.
    Und in jenem Augenblick, als sie hörte, wie er diese Worte für Jane psalmodierte, begriff Wang-mu ganz plötzlich zweierlei. Erstens wußte sie, daß Jane im Sterben liegen mußte, denn was konnten Peters Worte anderes sein als Trost, und welchen Trost würde Jane brauchen, es sei denn in ihrer Sterbestunde? Die zweite Erkenntnis aber war für Wang-mu noch viel schrecklicher.
    Denn als sie Peters Tränen zum ersten Mal sah – zum ersten Mal sah, daß er auch nur fähig war zu weinen –, da wußte sie, daß sie imstande sein wollte, sein Herz so zu berühren, wie Jane es berührte; nein, die einzige zu sein, deren Sterben ihn so bekümmern würde.
    Wann ist es passiert? fragte sie sich. Wann habe ich erstmals begonnen zu wünschen, daß er mich liebt? Ist es gerade eben erst passiert, ein kindliches Begehren, bloß deswegen, weil eine andere Frau – ein anderes Geschöpf – Macht über ihn hatte? Oder habe ich, während dieser gemeinsamen Tage, angefangen, seine Liebe um ihrer selbst willen zu begehren? Haben seine spöttischen Bemerkungen mir gegenüber, seine Herablassung, und andererseits seine geheime Qual, seine verborgene Furcht, hat all das ihn irgendwie meine Zuneigung gewinnen lassen? War es gerade sein Hochmut mir gegenüber, der dazu geführt hat, daß ich nicht nur seine Zustimmung, sondern auch seine Zuneigung haben wollte? Oder war es sein Schmerz, der dazu geführt hat, daß ich will, daß er sich mir zuwendet, damit ich ihn tröste?
    Warum sollte es mich so sehr nach seiner Liebe verlangen? Warum bin ich so eifersüchtig auf Jane, diese sterbende Fremde, die ich kaum kenne und von der ich kaum etwas weiß? Könnte es sein, daß ich nach so vielen Jahren, während derer ich stolz auf meine Einsamkeit gewesen bin, nun entdecken muß, daß ich mich die ganze Zeit über nach einer kitschigen Teenager-Romanze gesehnt habe? Und könnte ich mir in diesem Verlangen nach Zuneigung einen ungeeigneteren Bewerber für diese Rolle ausgesucht haben? Er liebt eine andere, mit der ich keinen Vergleich aushalte, vor allem, wenn sie erst einmal tot ist; er weiß, daß ich ungebildet bin und macht sich nicht das geringste aus den guten Eigenschaften, die ich vielleicht besitzen mag; und er selbst ist nur ein Bruchstück eines Menschen und nicht einmal der sympathischste Teil der Person, die so gespalten ist.
    Habe ich den Verstand verloren?
    Oder habe ich, endlich, mein Herz entdeckt?
    Plötzlich war sie von ungewohnten Emotionen erfüllt. Ihr ganzes Leben hatte sie ihre eigenen Gefühle in einer solchen Distanz von sich gehalten, daß sie jetzt kaum wußte, wie sie sie fassen sollte. Ich liebe ihn, dachte Wang-mu, und ihr Herz sprang angesichts der Heftigkeit ihrer Leidenschaft fast entzwei. Er wird mich niemals lieben, dachte Wang-mu, und ihr Herz brach, wie es bei all den tausend Enttäuschungen ihres Lebens niemals gebrochen war.
    Meine Liebe zu ihm ist nichts im Vergleich zu seinem Verlangen nach ihr, seinem

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