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Enders Schatten

Enders Schatten

Titel: Enders Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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die Richtung wechselte. Die Schnur wickelte sich weiter um den Stern und wurde mit jeder Kante kürzer. Am Ende bewegte sich Bean so schnell, dass er für einen Augenblick das Bewusstsein verlor, als er gegen den Stern prallte. Aber die gesamte Drachenarmee war völlig verblüfft über das, was sie gesehen hatte. Die Schnur war vollkommen unsichtbar, also wirkte es, als wäre dieser kleine Junge abgesprungen und hätte dann plötzlich begonnen, die Richtung zu wechseln, wobei er im Flug immer schneller wurde. Es war ein ernstlich verstörender Anblick.
    Â»Machen wir es noch mal und sehen wir, ob ich dabei schießen kann«, sagte Bean.
    Das Abendtraining endete erst um 2140 und ließ ihnen vor dem Schlafengehen wenig Zeit. Aber nachdem sie gesehen hatten, was Beans Einheit vorbereitete, war die Armee ganz aufgekratzt und sprang förmlich durch die Flure. Die meisten verstanden, dass Beans Einfälle nur Showeinlagen waren, nichts, was im Kampf wirklich entscheidend gewesen wäre. Aber es war komisch. Es war etwas Neues. Und es gehörte zur Drachenarmee.
    Bean führte sie auf ihrem Weg durch den Flur an, nachdem Ender ihm diese Ehre überlassen hatte. Es war ein Augenblick des Triumphes, und obwohl er wusste, dass er von dem System manipuliert wurde – Verhaltensmodifikation durch öffentliche Ehrungen – , fühlte es sich immer noch gut an.
    Nicht so gut war allerdings, dass er in seiner Aufmerksamkeit nachließ. Er war noch nicht weit den Flur entlanggekommen, als er erkannte, dass von den anderen Jungen, die in diesem Bereich unterwegs waren, zu viele Salamanderuniformen trugen. Gegen 2140 waren die meisten Armeen schon in ihren Unterkünften, und nur ein paar Nachzügler kamen noch aus der Bibliothek oder dem Spieleraum zurück. Zu viele Salamander, und die anderen Soldaten waren oft große Jungen aus Armeen, deren Kommandanten Ender nicht besonders wohlgesonnen waren. Man brauchte kein Genie zu sein, um eine Falle zu wittern.
    Bean eilte an der Reihe entlang zurück und stieß auf Crazy Tom, Vlad und Hot Soup, die nebeneinander hergingen. »Zu viele Salamander«, sagte Bean. »Bleibt in Enders Nähe.« Sie begriffen sofort – alle wussten, dass Bonzo ständig Drohungen von sich gab, was »jemand« mit Ender Wiggin machen solle, um ihm endlich zu zeigen, wo sein Platz sei. Bean bewegte sich auf eine schlendernde, lässige Art weiter bis zum hinteren Ende der Armee, ignorierte die Kleineren, informierte aber die anderen beiden Zugführer und alle Stellvertreter – die Älteren, die gegen Bonzos Schlägertrupp eine Chance hätten. Keine große Chance, aber sie brauchten Bonzo schließlich nur so lange von Ender fernzuhalten, bis die Lehrer sich einmischten. Die Lehrer konnten ja wohl nicht untätig bleiben, wenn es zu einem Aufstand kam. Oder etwa doch?
    Bean eilte an Ender vorbei und war dann hinter ihm. Er sah, wie Petra Arkanian in ihrer Uniform der Phönixarmee rasch auf ihn zukam. Sie rief: »Ho, Ender!«
    Zu Beans Entsetzen blieb Ender stehen und drehte sich um. Der Junge war zu vertrauensselig.
    Hinter Petra schlossen ein paar Salamander auf. Bean schaute in die Gegenrichtung und sah weitere Salamander und ein paar Jungen aus anderen Armeen mit energischen Mienen, die an den letzten Drachen vorbei durch den Flur kamen. Hot Soup und Crazy Tom waren auf dem Weg, und der Rest der Zugführer und anderen größeren Drachen folgte ihnen dichtauf, aber sie bewegten sich nicht schnell genug. Bean winkte, und er sah, wie Crazy Tom seine Schritte beschleunigte. Die anderen folgten ihm.
    Â»Ender, hast du einen Augenblick Zeit?«, fragte Petra.
    Bean war bitter enttäuscht. Petra war der Judas. Sie lockte Ender für Bonzo in die Falle – wer hätte das gedacht? Sie hatte Bonzo gehasst, als sie in seiner Armee gewesen war.
    Â»Begleite mich doch ein Stück«, sagte Ender.
    Â»Es dauert nur einen Augenblick«, meinte Petra.
    Entweder war sie eine hervorragende Schauspielerin, oder sie hatte keine Ahnung, was sie da tat. Sie schien nur die anderen Drachenuniformen zu sehen und achtete auf niemanden sonst. Am Ende hat sie vielleicht gar nichts damit zu tun, dachte Bean. Sie ist einfach nur dumm.
    Endlich schien Ender zu begreifen, wie verwundbar er hier war. Außer Bean waren alle anderen Drachen jetzt an ihm vorbei, und das genügte offenbar – endlich – , dass er sich

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