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Enders Schatten

Enders Schatten

Titel: Enders Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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ergriff seine Hand. Für Bean war es, als hätte der Finger Gottes ihn berührt. Es war, als würde er überall von Licht durchströmt. Vielleicht bin ich tatsächlich sein Freund. Vielleicht empfindet er einen kleinen Teil des … Gefühls, das ich für ihn empfinde.
    Und dann war es vorüber. Ender ließ seine Hand los. Er wandte sich der Tür zu.
    Â»Warte!«, sagte Bean. »Wohin gehst du? Taktik? Navigation? Verstärkung?«
    Â»Kommandoschule«, sagte Ender.
    Â»Kommando- Vorbereitung? «
    Â»Kommando.« Dann war Ender zur Tür hinaus.
    Geradewegs zur Kommandoschule. Zur Eliteschule, deren Standort geheim gehalten wurde. Erwachsene gingen zur Kommandoschule. Der Kampf musste kurz bevorstehen, wenn alles übergangen werden konnte, was man angeblich in der Taktik- und Kommando-Vorbereitungsschule lernte.
    Bean packte Graff am Ärmel. »Keiner geht zur Kommandoschule, bevor er sechzehn ist!«
    Graff schüttelte Beans Hand ab und ging ebenfalls. Er ließ sich nicht anmerken, ob ihm Beans Sarkasmus aufgefallen war.
    Die Tür schloss sich. Bean war allein in Enders Quartier.
    Er schaute sich um. Ohne Ender war der Raum belanglos. Hier zu sein bedeutete nichts. Aber es war erst ein paar Tagen her gewesen, nicht einmal eine Woche, dass Bean hier gestanden und Ender ihm gesagt hatte, er werde ihm doch einen Zug geben.
    Aus irgendeinem Grund fiel Bean der Augenblick ein, als Poke ihm sechs Erdnüsse geschenkt hatte. Sie hatte ihm damit das Leben gerettet.
    Hatte auch Ender Bean das Leben gerettet? War es das Gleiche gewesen?
    Nein. Poke hatte ihm Leben gegeben. Ender hatte ihm einen Sinn verliehen.
    Als Enders Zimmer war dieser Raum der wichtigste in der ganzen Kampfschule gewesen. Jetzt war er nicht mehr als eine Besenkammer.
    Bean ging wieder den Flur entlang zu dem Raum, der bis heute Carn Carbys Zimmer gewesen war. Bis vor einer Stunde. Er berührte den Scanner – die Tür ging auf. Es war bereits alles programmiert.
    Der Raum war leer. Nichts war darin.
    Dieses Zimmer gehört jetzt mir, dachte Bean. Mir, und dennoch ist es leer.
    Er spürte mächtige Gefühle, die in ihm aufwallten. Er hätte eigentlich aufgeregt sein sollen, stolz auf sein Kommando. Aber es interessierte ihn nicht so recht. Wie Ender gesagt hatte, das Spiel zählte nicht. Bean würde anständige Arbeit leisten, aber er würde nur deshalb den Respekt seiner Soldaten genießen, weil ein Hauch von Enders Ruhm an ihm haftete, diesem kleinen Napoleon-Knirps, der in Männerstiefeln einherstapfte, während er mit Kinderstimme Befehle brüllte. Niedlicher, kleiner Caligula, Stiefelchen, der Stolz der Armee des Germanicus. Aber als er die Stiefel seines Vaters trug, waren diese Stiefel leer, und Caligula wusste das, und nichts, was er je tat, konnte daran etwas ändern. War das der Grund für seinen Wahnsinn gewesen?
    Es wird mich nicht in den Wahnsinn treiben. Ich möchte nicht haben, was Ender hat oder was er ist. Es genügt, dass er Ender Wiggin ist, ich muss es nicht auch noch sein.
    Er verstand, was dieses Gefühl bedeutete, das in ihm aufstieg, ihm die Kehle zuschnürte, ihm Tränen in die Augen trieb, sein Gesicht brennen ließ, und ein Keuchen, ein leises Schluchzen hervorzwang. Er biss sich auf die Lippen, versuchte, das Gefühl mit Schmerz wegzuzwingen. Es funktionierte nicht. Ender war gegangen.
    Nun, da er wusste, was für ein Gefühl es war, konnte er es beherrschen. Er legte sich aufs Bett und machte Entspannungsübungen, bis das Bedürfnis zu weinen vorüber war. Ender hatte seine Hand ergriffen, um sich zu verabschieden. Er hatte gesagt: »Ich hoffe, er erkennt deinen Wert.« Bean brauchte nichts mehr zu beweisen. Er würde mit der Kaninchenarmee sein Bestes geben, weil Ender vielleicht irgendwann einmal auf der Brücke des Flaggschiffs der Menschenflotte stand, und dann würde Bean seinen Teil beitragen und ihm helfen können. Durch irgendeine Showeinlage, die Ender brauchte, um die Schaben zu verwirren. Also würde er tun, was die Lehrer sagten, und sie möglichst beeindrucken, damit sie ihm weiter die Türen öffneten, bis eines Tages eine Tür aufging und sein Freund Ender auf der anderen Seite stand und er endlich wieder in Enders Armee sein durfte.

19
    Rebell
    Â»Achilles herzuholen war Graffs letzte Tat, und wir wissen, dass es dagegen ernste Bedenken gab. Warum sichern wir uns nicht

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